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 Der Schatten


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Brutalität
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Norah möchte einen Neuanfang in Wien wagen. Was zunächst nach einer ganz normalen Phase im Leben einer noch jungen Frau - Norah ist eine Mittdreißigerin - aussieht, gerät rasch völlig aus den Fugen. Denn Norah wird verfolgt. Gleich zu Beginn ihres Lebens in Wien orakelt eine Obdachlose, dass sie zu einem bestimmten Datum einen Mann, dessen Name ihr nichts sagt, freiwillig und aus gutem Grund umbringen würde. Dieser Mann scheint ihr plötzlich ständig zu begegnen. Und sie wird verfolgt: Anhand von anonymen SMS und allem Anschein nach auch physisch, denn in entscheidenden Momenten taucht um sie ein Geruch auf, den sie nicht recht einordnen kann, der sie aber an etwas erinnert.

Als das Datum, zu dem sie den ihr völlig fremden Arthur Grimm töten soll, näher rückt, wird Norah zunehmend nervös. Denn ja, allem Anschein nach hat sie einen Grund, sich an ihm zu rächen, einen verdammt guten Grund. Und sie möchte es tun. Das ist das Verstörende.

Als Journalistin interessiert sich Norah für alles Ungewöhnliche, doch dann häuft sich Selbiges in ihrem Privatleben. Gerade von Berlin nach Wien umgezogen, versucht sie, ihr Leben mit dem neuen Job bei einer renommierten Zeitschrift und in der noch sehr leeren Wohnung zu organisieren. Doch sie wird von sonderbaren Prophezeiungen verfolgt, Gegenstände gelangen in ihre Wohnung oder verschwinden von dort, und alles läuft auf die düstere Botschaft hinaus, die eine psychotische Obdachlose ihr gab: Sie wird am 11. Februar – es ist nicht mehr lange hin zu diesem Datum – einen gewissen Arthur Grimm töten, den sie bislang gar nicht kennt, freiwillig und aus gutem Grund.

Je mehr der Thriller voranschreitet, desto mehr Details aus Norahs nur scheinbar unscheinbarer Vergangenheit tauchen auf, desto konkreter wird ein Verdacht, desto deutlicher materialisiert sich auch Arthur Grimm, dessen Bekanntschaft sie aus nachvollziehbaren Gründen sucht, und der sie mindestens ebenso hasst wie sie ihn.
Wer aber steckt hinter den SMS, die Norah anheizen und immer intensiver zum Mord an Arthur Grimm nötigen?

Melanie Raabe versteht es, ihre Charaktere plastisch und nachvollziehbar zu zeichnen, sodass der Leser sich gut in sie einfinden kann. Norah schießt über das Ziel hinaus. Einerseits ist sie ungesellig bis hin zum Verletzen der Gefühle ihrer Kollegen, die sie gern integrieren würden. Andererseits hat sie eine anarchische und atavistische Art, Angehörige von Randgruppen zu "rächen", die vom "Mainstream" der Gesellschaft schlecht behandelt werden. Diese plakative und ausgewalzte Political Correctness im Thriller fängt irgendwann an zu nerven, jedenfalls Leser/-*****Innen (wurde jemand vergessen?, Verzeihung, keine böse Absicht, wir möchten hier NIEMANDEN diskriminieren, es passiert NIE wieder!), die vor allem packende Unterhaltung wünschen und nicht eine Art grünstichige Sonntagspredigt.

Trotzdem hat der Plot etwas, die Spannung hält durch, die Charaktere überzeugen. Und dennoch kommt die Auflösung überraschend. Und trotzdem macht es nichts, dass sie irgendwie ein #Me-too-Trittbrett ist. Melanie Raabe wartet schlicht mit einer packenden Geschichte auf, gut konstruiert, durchgehend fesselnd. So soll es sein. Und selbst wenn Norah in der nächsten Auflage noch Veganer*****in ist und Fahrrad statt Taxi fährt, werden wir es auch überleben.

Ein virtueller Blick ins Buch Buch ist auf der Verlagsseite möglich.

Regina Károlyi



Taschenbuch | Erschienen: 23. Juli 2018 | ISBN: 9783442757527 | Preis: 16,00 Euro | 416 Seiten | Sprache: Deutsch

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