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 Geschichte der baltischen Länder


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Der Baltikum ist für die meisten Menschen ein feststehender Begriff, der die drei nordosteuropäischen Staaten Lettland, Estland und Litauen bezeichnet. Doch die Einheit dieser drei Staaten, die der Begriff suggeriert, existiert gar nicht und hat nie existiert. Vielmehr ist diese Vorstellung eine Erfindung des 20. Jahrhunderts, die sich durch die jüngere Geschichte der Region im Zuge des Zusammenbruchs der Sowjetunion noch verstärkt hat.

In ihrem neuen Buch "Geschichte der baltischen Länder" wollen Norbert Angermann und Karsten Brüggemann unter anderem diesem Irrtum gerecht werden und die Historie Estlands, Lettlands und Litauens in ihren Unterschieden stärker betonen. Auf gut 360 Seiten erzählen sie die Entwicklung der baltischen Region vom Hochmittelalter bis zur Gegenwart, wobei in den Unterkapiteln immer wieder zwischen den drei Ländern unterschieden wird. Ergänzt wird der Text durch ein Register und einem Anmerkungsapparat.

Norbert Angermanns und Karsten Brüggemanns "Geschichte der baltischen Länder" ist eine fundierte Einführung in die Historie der drei baltischen Länder, die allerdings an einem kleinen Selbstwiderspruch leidet. Die Autoren wollen zurecht auf die Einzelgeschichten der drei baltischen Länder eingehen und so die Annahme vom "Baltikum" als kulturelle Einheit korrigieren. Doch mit dem Buch, so sehr es sich auch stets bemüht, die drei Länder zu unterscheiden, wird am Ende eben doch die Geschichte des baltischen Raums erzählt, was ja selbst schon der Titel suggeriert. Der Leser fragt sich von der Einleitung an, warum nicht drei Bücher geschrieben wurden, wenn die drei Länder eben keinen kulturell homogenen Raum bilden?

Auch bedingt dieses Konzept eine Gliederung der einzelnen Kapitel, die etwas ermüdend ist. Denn für jedes Kapitel und Unterkapitel muss jeder Zeitraum zwei oder drei Mal behandelt werden, da ja stets zwischen der litauischen, estländischen und lettischen Perspektive unterschieden werden muss. Insbesondere Litauen auf der einen und Estland und Lettland auf der anderen Seite haben nur wenig gemeinsame Geschichte. So ist Litauen schon früh im Mittelalter ein größeres Reich, das später durch die Union mit Polen früh westeuropäisch geprägt wird und bis heute mehrheitlich katholisch ist. Anders Lettland und Estland, die erstmals in der neuesten Zeit unabhängige Staaten bilden und durch den deutschen Einfluss protestantisch geprägt sind. Die beiden Länder unterscheiden sich dann aber auch noch einmal durch Kultur und Sprache voneinander, weshalb auch sie nicht als historische Einheit betrachtet werden können.

Die einzelnen Abschnitte und Unterabschnitte lesen sich zwar gut, der Leser lernt viel, insbesondere wenn er noch kein Vorwissen hat. Auch liest sich der Text schnell und ist sehr gut geeignet für eine erste Einführung oder als Vorbereitung einer Reise. Aber durch die ständigen Perspektivsprünge ist es eben so, als würde der Leser drei kleine Einführungen parallel lesen. Das kann schon mal verwirren. Hinzu kommt noch, dass ausreichend Kartenmaterial fehlt, sodass der Leser sich ihm unbekannte Orte und Grenzverläufe durch andere Quellen visualisieren muss.

Insgesamt lohnt sich die Lektüre trotzdem als Einstieg, nicht zuletzt weil die Autoren gerade die Individualität der drei baltischen Länder betonen und diese Erkenntnis für die breite Bevölkerung eine neue sein wird. Also wer beispielsweise die drei Länder bereisen möchte und vorher etwas zu ihrer Geschichte lesen will, ist trotzdem gut bedient, wenn er nicht drei Bücher anschaffen möchte.

Eine Leseprobe gibt es auf der Verlagswebsite.

Andreas Schmidt



Hardcover | Erschienen: 25. Mai 2018 | ISBN: 978-3150111673 | Preis: 29,00 Euro | 360 Seiten | Sprache: Deutsch

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