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 Die Türme des Februar


Cover
Gesamt ++---
Aufmachung
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton


Tonke Dragt ist wohl vor allem wegen ihrer Geschichte "Das Geheimnis des siebten Weges" von 1966, die auch als TV-Serie in den Achtziger Jahren zu begeistern wusste, bekannt. Eine fantastische Geschichte - wenn auch mit völlig anderem Fokus - erzählte sie sieben Jahre später auch in "Die Türme des Februar". Diese Geschichte ist seit 2005 auch als Hörbuch mit einem Umfang von fünf CDs erhältlich.

Ohne Gedächtnis findet sich ein Junge am Strand wieder. Er wird von einem Mann namens Tom aufgenommen, der zwei in der Umgebung völlig unpassend wirkende Türme bewacht. Dieser animiert den Jungen dazu, Tagebuch zu schreiben, um seine Erinnerung wiederzufinden und nennt ihn Tim, doch obwohl Tim diesem Wunsch nachkommt, ist er misstrauisch und läuft schließlich weg.
Tim lernt Thea kennen und verliebt sich in sie, doch die zarte Liebe wird stets von Tims fehlender Erinnerung überschattet. Er fühlt sich unvollständig und will unbedingt herausfinden, wer er wirklich ist und woher er kommt. Thea ist von dieser Idee keineswegs begeistert, doch Tim verfolgt seinen Weg stur weiter - und erfährt schließlich, dass er nicht Tim heißt und nicht einmal von dieser Welt, in der er sich befindet, stammt.

Grundsätzlich beinhaltet "Die Türme des Februar" interessante Themen: der Umgang mit dem Verlust aller Erinnerungen und die Möglichkeit, in andere Welten reisen zu können, wenn auch nur an bestimmten Tagen, zu bestimmten Zeitpunkten mit dem Ausspruch eines bestimmten Wortes.
Die Autorin war bei der Darstellung vor allem des Gedächtnisverlustes sehr gründlich. Einige Male ertappt sich der Hörer sicherlich dabei, eine bestimmte Handlung gar nicht in Frage zu stellen, weil sie so selbstverständlich ist, nur um wenige Momente später vom Erzähler darauf hingewiesen zu werden, dass diese Handlung nicht konform mit einem kompletten Erinnerungsverlust ist.

Die gesamte Geschichte wird aus Sicht des Jungen geschildert, und zwar in Form von Tagebuchaufzeichnungen, in denen der Junge alles, auch Dialoge, festhält. Erst zum Ende hin und auch dann nur vereinzelt kommen auch der Turmwächter und Thea zu Wort, doch auch sie äußern sich lediglich darüber, dass sie Passagen in "Tims" Tagebuch hinterlassen - eine interessante Form der Erzählung.

Trotz dieser sehr herausragenden Merkmale zieht sich die Geschichte allerdings wie Kaugummi. Nach einer Weile machen sich Unmut und Langeweile breit, weil man überhaupt keine Vorstellung davon hat, wofür die Tagebuchaufzeichnungen gut sein sollen, wer welche Rolle spielt von den auftretenden Figuren und vor allem, was überhaupt das zentrale Thema des Ganzen sein soll. "Tims" Suche nach seinen Erinnerungen schreitet die meiste Zeit überhaupt nicht voran und eingeschobene Elemente wie die aufkeimende Liebe zwischen dem Jungen und Thea ziehen das alles nur noch mehr in die Länge.
So ist der Zuhörer dankbar, als die näheren Umstände des Gedächtnisverlustes nach über der Hälfte der CDs endlich aufgeklärt werden und einige Spannungsmomente zu finden sind. Diese verlieren sich dann aber rasch wieder in erneuter Langwierigkeit, wenn das Kind sich nicht entscheiden kann, ob es in seine Ursprungswelt zurückkehren will oder nicht und sich zu dieser Frage weitschweifig auslässt. Am Ende der Geschichte schließlich bleibt ein schales Gefühl. Zwar hat die Autorin sich bemüht, mit einem besonderen Clou zu schließen, doch dieser ist zumindest für ältere Zuhörer sehr absehbar und hat ohnehin nicht die Zeit, wirklich auf den Zuhörer zu wirken. Durch mehrere plötzliche Perspektivenwechsel zum Ende hin - Tagebuchaufzeichnungen wechseln sich mit Nachrichtenmeldungen ab - und das vorherige Hin und Her, ob der Protagonist nun in die Ursprungswelt zurückkehrt oder nicht, ist der Hörer nämlich noch völlig verwirrt.

Sprecher Konstantin Graudus erbringt als Erzähler dieses Hörbuches eine bemerkenswerte Leistung. Ihm gelingt es, die Tagebuchaufzeichnungen so lebendig wie nur möglich zu transportieren und verleiht auch anderen auftretenden Figuren eine stimmliche Färbung. Die langwierigen Stellen überbrückt Graudus durch ein Sprechtempo, das gut verständlich ist, aber dem Ganzen trotzdem möglichst viel Pfiff verleiht, so dass die Sprecherleistung der wohlgemerkt bereits gekürzten Hörbuchfassung wirklich das Beachtlichste an "Die Türme des Februar" ist.

Man muss schon einen Faible für die Autorin haben oder eine sehr ausgeprägte Neigung zu sehr plätschernden Erzählungen, um "Die Türme des Februar" lieb zu gewinnen. Eine beachtliche Sprecherleistung und ein recht gutes Preis-Leistungs-Verhältnis im Hinblick auf fünf CDs Umfang und der Auslieferung in stabiler Plastikbox fangen den schalen Gesamteindruck der Geschichte allerdings weitmöglich auf.

Tanja Elskamp



CD | CD-Anzahl: 5 | Erschienen: 01. September 2005 | ISBN: 3407809611 | Laufzeit: 358 Minuten | Originaltitel: De torens van februari | Preis: 22,90 Euro

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