Ein neuer, spannender Fall wartet auf Paul Temple und seine bezaubernde Frau Steve: In dem kleinen Fischerdorf Dulworth Bay sind zwei Internatsschüler spurlos verschwunden. Auf einem Kricketschläger im Zimmer der Brüder Philip und Michael Baxter findet die Polizei die rätselhafte Aufschrift "Curzon", es kann sich aber niemand einen Reim darauf machen. Kriminalinspektor Sir Graham Forbes bittet Schriftsteller und Hobbydetektiv Paul Temple, gemeinsam mit seiner Frau ein paar Tage in Dulworth Bay zu verbringen, um die Einwohner ein wenig unter die Lupe zu nehmen.

Wenig später erhält Paul Temple einen Anruf von einer aufgeregten jungen Frau namens Diana Maxwell, die behauptet, etwas über "Curzon" und die beiden Jungen zu wissen. Da sie am Telefon nichts Näheres sagen will, trifft das Ehepaar Temple die junge Frau in einem Café. Diana Maxwell fürchtet offensichtlich um ihr Leben und ist völlig aufgelöst. Bevor sie jedoch etwas über den Namen Curzon oder die verschwundenen Baxter-Brüder erzählen kann, rast ein Auto heran und feuert durch die Fensterscheibe des Cafés. Diana Maxwell wird tödlich getroffen. Noch rätselhafter wird der Fall, als sich herausstellt, dass die Tote gar nicht Diana Maxwell war. Als das Ehepaar Temple die Ermittlungen aufnimmt, wird schnell klar, dass es sich damit keine Freunde macht …

"Paul Temple und der Fall Curzon" ist der zweite Fall der bekannten Paul-Temple-Kriminalhörspiele; genau genommen handelt es sich heute um Fall Nummer Eins, denn die erste deutsche Adaption der Reihe ("Paul Temple und der Fall Gegrory") ist in den Radioarchiven verschollen und leider bis heute nicht mehr auffindbar.

Die WDR-Produktion aus dem Jahr 1951 ist herrlich altmodisch, äußerst spannend und von britischen Humor und ebensolcher Upperclass-Lässigkeit geprägt. Im Vergleich zu anderen Temple-Fällen gibt es ein paar geringe Schwächen - zum Beispiel wird Pauls charmante Frau Steve von Elisabeth Scherer gesprochen, und nicht, wie etwa bei "Der Fall Madison" oder "Der Fall Lawrence" von Ursula Langrock, die eine noch bessere Version von Steve abgibt. Ein schöner Running Gag, der sich durch die gesamte Paul-Temple-Reihe zieht, zündet leider in "Der Fall Curzon" noch nicht: Charlie, der Butler der Temples, benutzt gerne den lässigen Ausdruck "Okay", was Paul Temple mehr als einmal zur Verzweiflung treibt. In "Der Fall Curzon" wird dieser charmante Witz überreizt, weil Charlie praktisch nach jedem einzelnen Satz ein "Okay" in den Raum wirft, ohne dass dies einen Sinn ergibt.

Ansonsten macht sich beim Hörer aber ein wohliges Gefühl von Nostalgie und "Scotland-Yard-Flair" breit, das von hochspannenden Momenten durchzogen ist, welche durch dramatische, laute Musikeinspielungen unterstrichen werden. Paul Temple, ganz britischer Gentlemen, und seine Frau Steve, deren weibliche Intuition mehr als einmal Entscheidendes zum Fall beiträgt, sind einfach ein Traumpaar der Kriminalliteratur. Herauszuheben sind die Sprecher dieser Hörproduktion, allen voran René Deltgen als Paul Temple. Auch ansonsten ist das Hörspiel, erschienen bei Der Hörverlag, stimmig. Die Geräuschkulisse und besagte Musikeinspielungen sorgen für Atmosphäre, die Sprecher sind allesamt Profis und sprechen ähnlich ausdrucksvoll, als würden sie gerade auf einer Theaterbühne stehen. Das Hörspiel umfasst vier CDs mit einer Gesamtspiellänge von 294 Minuten. Typischerweise endet jede CD mit einem spannenden Cliffhanger. Die nächste CD greift diesen dann wieder auf und wiederholt die letzten dreißig Sekunden der vorangegangenen, so dass man sich als Hörer schneller zurechtfindet.

Fazit: Paul Temple jagt einen Entführer und Mörder - eine temporeiche Geschichte voller Wendungen und eine liebevolle Produktion, die auch nach mehr als fünfzig Jahren nichts von ihrem Charme und ihrer Hochspannung eingebüßt hat. Die Paul-Temple-Hörspiele waren in den fünfziger Jahren in Deutschland wahre Straßenfeger, und auch heute noch kann der Gentlemen-Ermittler mit dem Faible für Drinks und den Ausspruch "Bei Morpheus!" die Herzen seiner Fans mühelos erobern. Wer gepflegte Krimiatmosphäre mit augenzwinkerndem Humor und sehr hohem Kultfaktor mag, kann beim Fall Curzon bedenkenlos zugreifen.