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 Der Kartograf von Palma

Autoren: Pascale Rey
Übersetzer: Alexandra Baisch
Verlag: Knaur

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Auf Mallorca des 14. Jahrhunderts sind die Juden nicht wohlgelitten. Die Stimmung ist zwar nicht gewalttätig, doch kann man den Abscheu der dort ansässigen Christen fühlen und es kommt immer wieder zu kleineren Auseinandersetzungen, zu Spott und Erniedrigung. Aber ansonsten geht es den Juden in ihrem Viertel recht gut. Die Gemeinde wächst und gedeiht und der Handel blüht durch den nahe gelegenen Hafen und die vielen Schiffe, die hier anlegen, um später wieder in das von Piraten verseuchte Meer aufzubrechen. Durch die gefährlichen Passagen erhalten die Kartografen der Insel immer genug zu tun, denn es müssen Karten angefertigt werden, auf denen gefährliche Strömungen, Sandbänke und Riffe abgebildet sind.

Einer dieser Kartografen ist der Jude Abraham Cresques, von dem man nachsagt, dass er der beste der Insel sei. Er selbst war noch nie auf einem Schiff, da es heißt, dass ein Jude an Bord Unglück bringt. Deshalb bezahlt er den Matrosen viel Geld, um von ihnen neue Informationen über entfernte Küsten zu bekommen. Seine Familie muss nicht darben, denn die Geschäfte laufen gut. Dennoch ist Abraham sehr erstaunt, als der König von Aragon ihm den Auftrag zu einer Karte gibt. Es soll eine Weltkarte werden, auf der alle bekannten Länder abgebildet sind. Mit Feuereifer stürzen sich Abraham und seine Söhne in diese Arbeit. Doch der daraus resultierende Ruhm, der neue Reichtum und der besondere Status, den er fortan innehat, erzeugen Neid und Missgunst. Ohne es beeinflussen zu können, sondert sich Abraham immer mehr von der Gemeinde ab. Und davon abgesehen gibt es da noch diese Liebe, die in ihm aufgeflammt ist und die er trotz aller Vernunft nicht vermindern kann.

In einer Welt, in der die Wissenschaft von der Kirche bestimmt wird, müssen die Kartografen, die sich insbesondere mit der Erde befassen, auf einem schmalen Grat wandeln. Auch wenn längst bekannt ist, dass die Erde sich wölbt, stellen alle Karten die Erde als flache Scheibe dar. Durch ihre besonderen Sprachkenntnisse wissen gerade die jüdischen Kartografen von Mallorca über die alten Schriften Bescheid, aus denen sie wichtige Informationen sammeln. Doch ihre kleine Gemeinde und ihr mühevoll errungener Wohlstand sind bedroht. Denn die Christen, in deren Mitte sie wohnen, nähren einen stillen Hass, der irgendwann zum Ausbruch kommen muss. Dieser Roman führt uns in eine Zeit, in der die Welt zerrüttet war. Die Königreiche kämpften um die Vorherrschaft im Meer, die Wissenschaft stand im Schatten des Glaubens und die Juden erlitten schreckliche Grausamkeiten, sofern sie nicht zwangsweise konvertierten.

Anhand des Lebens des historisch belegbaren Abraham Cresques taucht der Leser in eine faszinierende Vergangenheit ein. Durch die dicht geschriebene Erzählung wird die Geschichte lebendig und anschaulich. Abgesehen von einigen schriftstellerischen Freiheiten hält sich dieser Roman an bekannte historische Fakten. Hierbei leidet aber die Erzählung selbst keineswegs unter der historischen Korrektheit. Mit flüssiger Feder werden die Insel Mallorca und ihre Bewohner lebendig. Die Charaktere wirken lebensnah und die Geschichte hält den Leser bis zur letzten Seite gefangen. Hier bekommt man einen sehr schönen Einblick in das Alltagsleben eines jüdischen Viertels und in die Arbeitsweise früherer Kartografen. Die verwendeten Fachbegriffe werden am Schluss des Buches ausführlich erklärt, so dass die Geschichte verständlich bleibt.

Ein sehr schöner historischer Roman, der einen detaillierten Einblick in frühere Zeiten gewährt. Die Geschichte selbst ist wohl durchdacht und fasziniert den Leser bis zur letzten Seite. Der einzige Makel dieses Buches ist, dass einige der Fußnoten etwas durcheinander geraten sind, weswegen man ein wenig suchen muss, ehe man den Zusammenhang wieder findet. Doch davon abgesehen eine Geschichte, die den Leser wirklich in eine lebendige Vergangenheit abtauchen lässt.

Daniela Hanisch



Taschenbuch | Erschienen: 1. Januar 2006 | ISBN: 3426629151 | Originaltitel: Le Mâtre des Boussoles | Preis: 8,95 Euro | 446 Seiten | Sprache: deutsch

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