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 Merlin im Elfenwald


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Dieses Buch ist die Fortsetzung zu "Der Weg des Magiers".
Der junge Merlin und Bruder Blaise haben, wie viele andere britannische Kriegsflüchtlinge auch, einen Platz auf einem Schiff ergattert, das sie über den Ärmelkanal bringen soll. Als die hinterhältige Besatzung die Passagiere nachts massakrieren will, verhindert Merlin das durch Zauberkraft. Das spricht sich auf der Insel Battha, an deren Ufer sie landen, herum, der "Hexer" Merlin und Blaise werden festgenommen und, da man mit ihnen nichts anzufangen weiß, nach Carohaise geschickt, wo Bischöfe über die beiden richten sollen. Während Merlin unterwegs im Sumpf zur Flucht verholfen wird und er sich auf die Suche nach den Elfen macht, denen sein Vater angehörte, wird Blaise von den spitzfindigen Bischöfen exkommuniziert, weil er den zauberfähigen und nicht getauften Jungen für von Gottes Hand geleitet und gar für den neuen Messias hält - für die hohen Geistlichen pure Ketzerei.
Merlin wird derweil von den Elfen gefunden und mit in den Wald von Brocéliande genommen. Dort lernt er seinen Großvater Gwydion und seine Schwester Gwendydd kennen und wird schließlich in die Geheimnisse der Natur und der Welt eingeweiht.
Derweil auf der Insel Britannien: Großkönig Riderch zieht mit der Unterstützung einiger anderer britannischer Heerführer gegen die Sachsen, versagt aber auf ganzer Linie. Seine Schwester Guendoloena, Königin der Skoten und Gemahlin des Königs Aedan, die inzwischen Merlins Sohn zur Welt gebracht - Merlin konnte das spüren - und ihn Artus genannt hat, fühlt sich von Aedans ältestem Sohn Gartnait bedroht und schickt ihren Diener los, um Merlin zu finden. Als dieser nach über zehn Jahren endlich sein Ziel erreicht und Merlin erfährt, dass seine einstige Geliebte sich in Gefahr wähnt, bricht er mit Blaise wieder in Richtung Britannien auf ...

Auch diesmal wird der Erzählung eine Personalliste voran gestellt und wieder ist sie nicht immer einleuchtend - warum werden zum Beispiel König Brude und Königin Languoreth, die beide nicht aktiv in Erscheinung treten, sowie Königin Aldan, die im letzten Band verstarb, aufgeführt, aber nicht Prinz Gartnait, dessen Verhalten Guendoloena zu ihrem wichtigen Schritt verleitet? Die Karte zeigt uns in diesem Buch neben Großbritannien auch die Bretagne des sechsten Jahrhunderts, Merlins Reiseroute wurde diesmal ausgespart. Am Ende des Buches ist die gleiche Zeittafel abgedruckt wie schon in "Der Weg des Magiers". Weitere Ausführungen zu Merlin, Artussage und Historizität fehlen diesmal - hierzu war ja auch im ersten Band alles gesagt worden.
Die Geschichte vom Barden Merlin findet hier ihren Abschluss. Wieder beglückt uns Fetjaine mit wunderbaren Landschaftsbeschreibungen, dichter, elegant aufgebauter Atmosphäre, Spannung und viel historischem Wissen um die Zustände in Britannien und der Bretagne im sechsten Jahrhundert. Er lässt sich viel Zeit auf der Insel Battha und auf dem Weg nach Carohaise und führt Merlin und den Leser mit schönen Bildern und Beschreibungen immer tiefer in den Elfenwald hinein bis ins Herz des Waldes, dessen Beschreibung auf dem Coverbild von F.B. Regös wunderschön und stimmig eingefangen wurde. Seine Hauptfigur Merlin bekommt noch mehr Tiefe als schon im ersten Band und das Schwanken zwischen dem geistig überlegen Magier mit dem Wissen der Seelen so vieler Verstorbener einerseits und dem emotional höchst verwirrten Jungen andererseits wirkt äußerst nachvollziehbar. Vielmehr als mit Merlin leidet man aber diesmal mit Blaise, der für den Jungen alles opfert. Guendoloena entpuppt sich als starke Königin, und ich bedauere ein wenig, das ihr nur sehr wenig Platz in dieser Fortsetzung eingeräumt wurde.
Ein wenig lästig fand ich den Handlungsstrang um Riderch und seinen Feldzug. Kurzzeitig wird dieser aus der Sicht der Heerführer Owen und Dafydd erzählt, man fragt sich die ganze Zeit, warum Fetjaine ihren Missionen soviel Aufmerksamkeit zollt. Die Kampfdarstellungen sind weder kreativ noch wirklich spannend und die ganze Handlung hat mit Merlin nichts mehr zu tun. Dieser Handlungsstrang darf nicht völlig ausgespart bleiben, ist er doch die Folge aus dem Kampf um den Torques, den Halsreif, der Riderch letztlich zum Großkönig macht. Aber ich habe mich durch diese Passagen eher gequält, weil ich wissen wollte, wie es mit Merlin weitergeht.
Ähnlich ermüdend sind bisweilen auch die vielen historischen Hintergründe, die der Autor immer wieder zur Sprache bringt. Sie machen zwar diese frühmittelalterliche Welt sehr lebendig, stören aber auch den Erzählfluss und hätten nicht immer so ausführlich sein müssen.
Dafür kommt das Buch allzu schnell und ungewohnt gerafft zum Ende - nur knapp vierzig Seiten werden darauf verwendet -, und es ist leider alles andere als spannend. Es scheint, dass Fetjaine entweder keine Zeit, keinen Platz oder keine Lust mehr hatte, denn plötzlich erzählt er wie aus der Vogelperspektive, gewährt im entscheidenden Augenblick nicht einmal mehr Einblick in Merlins Innerstes, wie man es bislang gewohnt war, spult in einem Nachwort noch schnell und vergleichsweise lieblos die nachfolgenden politischen und militärischen Ereignisse herunter und das war es.
Und wieder muss man deutlich sagen, dass das Buch bisweilen ganz schön brutal ist, wenn auch längst nicht so enorm viel Blut fließt wie im Vorgänger.

So bleibt man mit der etwas enttäuschenden Erkenntnis zurück, dass Jean-Louis Fetjaine es sehr gut versteht, eine spannende und vielschichtige Geschichte geschickt aufzubauen - daraus bestand ja der erste Teil - und fortzuführen, aber nicht, sie zu einem entsprechenden würdigen Ende zu bringen. Dem Zuviel an Aufmerksamkeit für Riderchs Feldzug steht ein Zuwenig beim Finale, aber schlimmer noch, beim Elfenwaldabschnitt gegenüber - was der Titel des Buches verspricht, kommt in meinen Augen viel zu kurz, vielleicht hätte man den Originaltitel "Brocéliande" beibehalten sollen.
Fetjaine hat auch diesmal einen guten Roman geschrieben, das muss bei aller Kritik auch einmal gesagt werden, allerdings vermochte er nicht die Qualität des ersten Teils vollständig in den zweiten zu retten.

Stefan Knopp



Taschenbuch | Erschienen: 1. Dezember 2005 | ISBN: 3423245034 | Originaltitel: Brocéliande | Preis: 14,50 Euro | 336 Seiten | Sprache: Deutsch

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