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 Carrie

Autoren: Stephen King
Übersetzer: Wolfgang Neuhaus
Verlag: Bastei Lübbe

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


"Carrie" stellt Stephen Kings ersten veröffentlichten Roman aus dem Jahr 1974 dar. Mit allein in den USA mehr als 1,3 Millionen verkauften Exemplaren und über dreißig deutschen Auflagen erreichte "Carrie" bald einen festen Platz im Horrorgenre und wurde 1976 von Brian de Palma verfilmt.

Das Titel gebende Mädchen Carrie White ist tagtäglich Zielscheibe des Spotts ihrer Klassenkameradinnen, weil sie nicht ist wie die anderen; sie ist pummelig, tollpatschig und mit einer streng gläubigen, bis zum Wahnsinn fanatischen Mutter verflucht, die sie vom Leben fernzuhalten versucht, wo sie nur kann.
Doch dass sich Carrie von ihren Mitmenschen unterscheidet, liegt nicht allein in der Erziehung ihrer Mutter begründet. Seit ihrer Kindheit schlummert in Carrie eine mysteriöse Kraft, eine dunkle Macht, die zum Ausbruch kommt, wenn sich das Teenagermädchen bedroht fühlt und emotional überreagiert. Als sie drei Jahre alt war, sorgte sie dafür, dass Eisbrocken auf ihr Elternhaus stürzten - mitten im Sommer -, gefolgt von einem Steinhagel. Als sie nach dem Sportunterricht in der Dusche ihre erste Periode bekommt und in Panik verfällt, foltern die übrigen Mädchen ihre verletzte Seele aufs Neue, allen voran die beliebte und verwöhnte Chris.
Sue ist ebenso eins dieser Mädchen; doch schließlich erwachen Schuldgefühle in der jungen Frau, und sie sucht ihr Verhalten wieder gut zu machen, indem sie ihren Freund Tommy, den beliebtesten Jungen der Schule, bittet, mit Carrie zum Abschlussball der Highschool in Chamberlain zu gehen. Tatsächlich stimmt dieser aus Liebe zu Sue dem Plan zu und geht wirklich mit Carrie dorthin. Doch weder diese noch ihre Mutter glauben an ein Gelingen des Abends; während Carrie fürchtet, einmal mehr verspottet und gedemütigt zu werden, sieht Margaret White in dem Treiben der Jugendlichen eine Todsünde und glaubt, ihre Tochter davon reinwaschen zu müssen - notfalls mit deren Blut.
Der Abschlussball beginnt, und zu Carries Erstaunen - eigentlich zum Erstaunen aller - werden sie und Tommy zum Ballpaar gewählt. Die letzte große Demütigung in Carries Leben steht ihr aber erst noch bevor …

Man merkt dem Werk an, dass Kings Schaffen bei der Entstehung noch in den Kinderschuhen steckte. Die typischen Stilmittel und Elemente, die Kings Handschrift vorweisen, sind bereits vorhanden, wenn auch nicht so ausgefeilt und sicher platziert wie in späteren Werken des Autors.
Dass King 1974 noch am Anfang seiner Karriere stand, sieht man deutlich an den Charakteren in dem 317 Seiten umfassenden - und für einen durchschnittlichen King nur mäßig langen - Roman. Die psychologischen Ansätze sind definitiv vorhanden, nur fehlt ihnen der Tiefgang und die Ausgefeiltheit, wie sie viele spätere Charaktere erfahren haben. Carrie, Sue und Tommy, sie alle sind in ihrem Wesen bereits komplexe Gebilde, und dennoch wirken sie unfertig, als stehe der letzte Schliff noch nicht in Kings Macht. Vor allem bei Carries wahnsinniger Mutter Margaret bleiben manche Dinge ungesagt, die mehr Licht auf die Vergangenheit und Carries daraus resultierender Art geworfen hätten.
Der Aufbau des Romans hingegen ist - trotz eines Debüts - gelungen und packend. Zwischen den Szenen aus Carries Leben, die nicht nur die gegenwärtigen Ereignisse schildern, sondern auch in die Vergangenheit zurückschauen und so manches klarer erscheinen lassen, finden sich Ausschnitte aus Sachbüchern über Carrie Whites Leben neben Interviews mit Zeugen über die Dinge, die sich in der Ballnacht in Chamberlain ereignet haben, und Pressemeldungen. Diese Vermengung wirkt umso realistischer und schockierender, als dass sie dem Geschehen Leben einhaucht, es wahr erscheinen lässt. Ebenso sorgt dieser abwechslungsreiche Aufbau des Romans für ständig greifbare Spannung; die nüchternen Zwischentexte lassen den Zuschauer ungeduldig weiter lesen, wie es denn nun mit Carries Geschichte, erzählt aus verschiedenen Perspektiven, weitergehen möge.

King selbst sieht viele Fehler in seinem Erstlingswerk, und vermutlich wäre daraus ein noch fulminanteres Werk mit noch beeindruckenderen Verkaufsergebnissen geworden, hätte er es zu einer späteren Schaffensphase geschrieben. Dennoch darf nicht unerwähnt bleiben, dass es ein starkes Debüt eines erfolgreichen Schriftstellers darstellt und im Horrorgenre ein nicht wegzudenkendes Werk verbleibt, das man als Fan des Gruseligen gelesen haben sollte - und als King-Fan zur Pflichtlektüre gehört.

Tina Klinkner



Taschenbuch | Erschienen: 01. August 2003 | ISBN: 9783404131211 | Originaltitel: Carrie | Preis: 7,95 Euro | 317 Seiten | Sprache: Deutsch

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