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 Die Ratten


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Humor
Das Stück "Die Ratten" beginnt auf dem Speicher einer Mietskaserne in Berlin zu Beginn des 20. Jahrhunderts, auf welchem sich das Dienstmädchen Piperkarcka und die Reinigungsfrau John unterhalten. Die Kulisse bildet das Lager eines ehemaligen Theaterregisseurs, welcher dort seinen Fundus aufbewahrt. Die beiden Frauen unterhalten sich über die Schwangerschaft des Dienstmädchens, welche sich das Leben nehmen will, da es keinen Ausweg aus seiner hoffnungslosen Situation sieht. Frau John dagegen hat ihr Kind an einer Krankheit verloren und hat ihrem Mann, welcher als Maurerpolierer in Altona arbeitet, dies noch nicht gesagt. Sie schlägt Piperkarcka vor, deren Kind an sich zu nehmen - nicht zuletzt aus Eigennutz, da sie das Kind als Ersatz für das ihrige haben möchte.

Nach und nach lernt man die unterschiedlichen Charaktere des Stückes kennen. Es gibt den Bruder von Frau John, welcher auf illegalen Wegen unterwegs ist und den ehemaligen Theaterdirektor Hassenreuter mit seiner Frau und Tochter Walburga. Zusätzlich lernt man noch die Schauspielschüler des Direktors kennen, dessen Geliebte, welche ebenfalls Schauspielerin ist, und den Hauslehrer und Anwärter der Theologie Erich Spitta, welcher das Studium aufgeben möchte, um Schauspieler zu werden und mit seiner Geliebten Walburga, der Tochter des Theaterdirektors, zusammen leben zu können.

Im zweiten Akt des Stückes ist einige Zeit vergangen und Frau John befindet sich mit ihrem Mann und "ihrem" Kind - welches eigentlich von Piperkarcka ist - in der Wohnung der Johns. Die Familie Hassenreuter besucht die Johns und bringt Geschenke für das Kind mit. Frau John gibt das Kind als ihr eigenes aus und da ihre Schwangerschaft nicht lange zurückliegt, ist dies auch für alle glaubhaft. Nachdem alle gegangen sind, kommt Piperkarcka und möchte ihr Kind sehen, doch Frau John verwehrt ihr dies und macht ihr deutlich, dass es nun das ihre Kind sei. Als Piperkarcka ihr sagt, dass sie das Kind auf dem Amt gemeldet habe, rastet Frau John aus und droht ihr. Frau John steckt in einer Zwickmühle: Ihr Mann und alle anderen Bekannten glauben, es handele sich um ihr Kind, doch Piperkarcka möchte ihr Kind zurück - was soll sie nur tun?

Das Theaterstück von Gerhart Hauptmann zeigt die Verhältnisse der mittleren und unteren Schichten zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf. Dabei verwendet er verschiedene Methoden, die verschiedenen Klassen darzustellen. Das Auffälligste, was einem direkt ins Auge springt, sind die verschiedenen Sprachen. Bruno, welcher auf der Straße unter zwielichtigen Gestalten lebt, spricht eine Gaunersprache, welche nur schwer zu verstehen ist, während Frau John und die Schicht, in welcher sie sich bewegt, mit Berlinerisch versehen sind. Die gehobene Schicht mit den Schauspielschülern und den Hassenreuters spricht Hochdeutsch, während sich Herr Hassenreuter mit lateinischen und französischen Einwürfen als besonders klug darzustellen versucht.

Zu Beginn ist das Einlesen in den Dialekt nicht gerade einfach, doch wenn man einmal drin ist, so ist das weitere Lesen kein Problem und die Lektüre entwickelt sich zu einem spannenden Zeitvertreib. Das Theaterstück ist voller Intrigen und Probleme, welche sich in vier Akten zuspitzen. Dabei hebt der Autor die Problematik der Zeit vor dem ersten Weltkrieg deutlich hervor und scheut auch nicht davor zurück, das Theater dieser Zeit zu kritisieren, indem er es als "Schillerisch-Goethisch-Weimarischen Schule der Unnatur" bezeichnet.

Fazit: Zu Beginn ist es erstmal beschwerlich, wenn man mit dem berliner Dialekt nicht vertraut ist und hier und da wären einige Worterklärungen sicherlich nützlich, doch insgesamt hat Gerhart Hauptmann mit diesem Werk ein Kunstwerk geschaffen, welches den Nerv der damaligen Zeit bestens widerspiegelt und trifft.

Vera Schott



Taschenbuch | Erschienen: 1. Januar 1998 | ISBN: 9783123513701 | Preis: 4,80 Euro | 148 Seiten | Sprache: Deutsch

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