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 White Noise - Schreie aus dem Jenseits


Cover
Gesamt ++---
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Für den Architekten Jonathan Rivers (Michael Keaton) bricht eine Welt zusammen, als seine schwangere Frau Anne spurlos verschwindet. Als der Sonderling Price (Ian McNeice), ein Tonbandstimmenforscher, ihn mit Aufzeichnungen konfrontiert, die darauf schließen lassen, dass seine Frau versucht, ihn aus dem Jenseits zu kontaktieren, beginnt er selbst Experimente anzustellen, um Klarheit zu gewinnen. Doch nicht alle Stimmen, die sich via EVP (Electronic Voice Phenomenon) aufzeichnen lassen, scheinen den Lebenden wohlgesonnen zu sein.
Annes Leiche wird schließlich gefunden. Price stirbt im Verlauf der Experimente, worauf Rivers im Alleingang versucht, Kontakt zu seiner toten Ehefrau zu bekommen. Die Warnungen einer Hellseherin, die er aufsucht, um sich über den Ursprung der Stimmenaufzeichnungen zu vergewissern, schlägt er in den Wind.
Bald sieht es so aus, als versuche Anne, ihn vor zukünftigen Ereignissen zu warnen. Rivers entdeckt, dass einige der Personen, deren Stimmen er aufzeichnet, erst nach dem Zeitpunkt der Aufzeichnung zu Tode kommen. Als er seiner Entdeckung nachgeht, stößt er auf feindselige, bösartige Geistwesen, die scheinbar auch den Tonbandstimmenforscher Price auf dem Gewissen haben. Offensichtlich stehen weitere Todesfälle kurz bevor. Kann Rivers sie abwenden?

Das Tonbandstimmenphänomen, erstmals 1959 von dem schwedischen Filmproduzenten Friedrich Jürgenson und später dem Letten Konstantin Raudive beschrieben, dient als Vorlage zu der merkwürdig inkonsequent inszenierten Filmhandlung. Die Frage, inwieweit das menschliche Bewusstsein nach dem physischen Tod fortexistiert und welche physikalischen Möglichkeiten es für die Verstorbenen gibt, den Lebenden ihre Fortexistenz mitzuteilen, scheint wie geschaffen für eine spannende Filmhandlung. Angefangen von den "Raps" amerikanischer Klopfgeister 1848 über Ouija-Bretter bis zu modernster Elektronik haben Experimentatoren jeglicher Couleur reichlich Methoden entwickelt, um dieser Frage nachzuspüren, und die Filmindustrie hat wohl keine einzige davon ausgelassen. Allerdings gibt es eine Reihe von Filmen, die dieses Thema spannender und glaubwürdiger inszeniert haben als "White Noise" - als Beispiele mögen "Echoes" mit Kevin Bacon oder die erste, im Vergleich zum effekthascherischen Remake mit Liam Neeson und Lily Taylor sehr gelungene, psychologisch dichte "Hill House"-Verfilmung mit dem deutschen Titel "Bis das Blut gefriert" (1963) dienen.

"White Noise" hinterlässt zu viele offene Enden, führt zu viele Nebenerzählungen in den Haupterzählstrang ein, ohne sie sinnvoll mit der Haupthandlung zu verknüpfen oder sie zu einer kohärenten Erzählung zu verbinden. Wozu die geschiedene Ehefrau und der kleine Sohn notwendig sind, bleibt ein Rätsel, da sie zu keinem Zeitpunkt in der Filmhandlung irgendwie plotwichtig werden. Auch der Umstand, dass Rivers seine gesamte Architektentätigkeit aufgibt, um sich voll und ganz seiner neuen Besessenheit zu widmen, steht seltsam folgenlos da. Es ist eben so, weil der Film es so behauptet, und es macht auch weiter nichts. Dass der Vater eines Babys, das Rivers aufgrund seiner EVP-Eingebungen vor dem Tod retten konnte, ihn für einen Sonderling hält, bleibt der einzige augenfällige Anhaltspunkt dafür, dass Rivers sich zunehmend vom Realitätskonzept der Allgemeinheit entfernt.
So merkt man wohl, wohin der Film gehen möchte, aber irgendwie versäumt er es, das tatsächlich zu tun. Und als am Ende all der pseudo-spiritistische Techno-Quark zu einer Serienmörderstory verkocht werden soll, vermischt mit einer kruden Schutzengel-Episode, geht der Film vollends daran zugrunde, dass er seine eigenen Prämissen nicht ernst nimmt.

Die Extras versuchen dem Ganzen noch eine Art ernsthaften Hintergrund zu geben, indem sie das amerikanische Paar Tom und Lisa Butler bei der Aufzeichnung von Tonbandstimmen zeigen. Allerdings gehen die "Experten" dabei so naiv und unwissenschaftlich vor, dass der Schuss nach hinten losgeht. Und auch die "Do it yourself"-Anleitung, um EVP hervorzurufen, präsentiert sich so unkritisch und blindgläubig, dass dieser Anhang eigentlich den schauerlichsten Content dieser DVD darstellt. "Von Anfang an waren wir an Skeptikern nicht interessiert", sagt eine der Protagonistinnen des amerikanischen EVP-Zirkus. "Der ganze Skeptizismus der Welt bringt mich nicht von meinem Weg ab", eine andere. Derart unerschütterlich ausgerüstet gegen etwaige Anfälle kritischen Verstandes, kann sich die gläubige Gemeinde ganz dem Genuss des Jenseitserlebnisses hingeben.

Ich zweifle nicht daran, dass Menschen, die Angehörige verloren haben und verzweifelt nach einem Sinn in ihrem tragischen Verlust suchen, in der Beschäftigung mit EVP Trost finden können, möglicherweise sinnvolle Trauerarbeit leisten, die ihnen hilft, den Tod eines geliebten Menschen zu verarbeiten. Ich zweifle auch nicht daran, dass das Tonbandstimmenphänomen ein interessantes Forschungsgebiet darstellt, vorausgesetzt, man verzichtet dabei nicht auf eine gesunde Skepsis und legt sich nicht vorschnell auf eine spiritistische Hypothese fest. Aber die Idee, das Leid der Hinterbliebenen zu benutzen, um einem mittelmäßigen Unterhaltungsfilm die Illusion von Wissenschaftlichkeit und Relevanz zu verschaffen, halte ich für geschmacklos.

Schade. Man hätte aus dem Stoff sicherlich einen intelligenteren Film machen können. So bleibt es ein Stück effektgarnierten Pantoffelkinos, das einem die Zeit zwischen Nachrichten und Schlafengehen vertreibt, aber mehr auch nicht. Und was die Effekte betrifft - die kann man nur als "hausbacken" bezeichnen. Sie würden eher in einen Achtziger-Jahre-Film passen als in einen Film des einundzwanzigsten Jahrhunderts.


Frank Hoese



DVD | Disc-Anzahl: 1 | Erschienen: 01. September 2005 | FSK: 16 | ISBN: B0008EI63Q | Laufzeit: 94 Minuten | Originaltitel: White Noise | Preis: 9,99 Euro | Untertitel verfügbar in: Deutsch, Englisch | Verfügbare Sprachen: Deutsch, Englisch

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