Dieses Buch umfasst zwölf Göttinger Vorlesungen von Weizsäckers aus dem Jahr 1946, die sich an Studenten unterschiedlicher Wissenschaften wenden. Sie enthalten, anschaulich und allgemein verständlich dargestellt, wesentliche Teile des naturwissenschaftlichen Wissens jener Zeit. Von Weizsäcker behandelt die Geschichte der Welt, um die Zuhörer - beziehungsweise Leser - schon eingangs für räumliche und zeitliche Dimensionen zu sensibilisieren; logischerweise folgen als Themen die räumliche und zeitliche Struktur des Kosmos und der Begriff Unendlichkeit. Weitere Vorlesungen widmen sich Sternsystemen, den Sternen und der Erde. In den vier letzten Vorträgen geht es um das Leben im biologischen wie im philosophischen Sinne, die Seele sowie die äußere und die innere Geschichte des Menschen, wozu wiederum die biologische wie auch die kulturelle Evolution gehören.
Aus dieser Übersicht geht bereits hervor, dass philosophisch-ethische Aspekte vor allem in den letzten Vorlesungen gleichrangig neben den naturwissenschaftlichen Fakten stehen. Von Weizsäcker geht es nicht nur um die Vermittlung physikalischer und biologischer Gesetzmäßigkeiten und Phänomene, sondern um den verantwortungsvollen, "richtigen" Umgang mit ihnen - und mit unseren Mitmenschen, eine Ergänzung, die sich zwangsläufig aus unserem erfinderischen Potenzial ergibt.
Von Weizsäcker, ein wahrer "Universalgelehrter", verflicht logisch konsequent und kunstvoll die unterschiedlichen Disziplinen und entwirft ein differenziertes Weltbild, das sowohl die 1946 aktuelle Realität als auch mögliche künftige Entwicklungen umfasst.

Als Carl Friedrich von Weizsäcker die zwölf in diesem Buch versammelten Vorlesungen hielt, befand sich die Welt um ihn im Umbruch. Im Vorjahr waren amerikanische Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki gefallen und hatten eine neue, verstörende Dimension militärischer Möglichkeiten zur Massentötung eingeführt. Von Weizsäcker gehörte zu den deutschen Kernphysikern, die in England interniert worden waren, weil sie an Hitlers Atomforschungsprogramm beteiligt gewesen waren. Dennoch konnte gerade die Physik zu dieser Zeit auf ein paar Jahrzehnte großartiger Entdeckungen zurückblicken, darunter Einsteins Relativitätstheorie, die Quantenmechanik und verfeinerte Erkenntnisse zum Atombau.
Diesen Hintergrund sollte man berücksichtigen, wenn man von Weizsäckers "Geschichte der Natur" beurteilt. Vom wissenschaftlichen Stand her sind die Vorlesungen teilweise deutlich veraltet, zum Beispiel wurden für das Alter der Erde lediglich zwei Milliarden Jahre veranschlagt, und die molekulare Basis der Vererbung war noch unbekannt. So bietet das Buch eine interessante, thematisch breit gefächerte Momentaufnahme des Wissens Mitte der vierziger Jahre. Darüber hinaus jedoch besitzt es insofern einen hohen Wert, als von Weizsäcker damals bereits erkannt haben muss, wie sehr sich in Anbetracht der angesammelten Wissensfülle die einzelnen Wissenschaftszweige in fataler Weise zu trennen und zu verselbstständigen begannen - eine heute weit fortgeschrittene Entwicklung. Von Weizsäcker versucht in seinen Vorlesungen, die Kluft zwischen Geistes- und Naturwissenschaften zu überbrücken, indem er nachweist, dass beide Bereiche einander in ihrer Existenz logisch bedingen und durchdringen. Vor allem der ethische Aspekt ist ihm ein wesentliches Anliegen, das vor allem in den letzten Vorlesungen zur Sprache kommt und auf ein entschiedenes Ja zur Religion als Basis wissenschaftlicher Ethik hinausläuft.
Viele der von Carl Friedrich von Weizsäcker behandelten Fragestellungen sind somit auch heute wieder akut, man denke beispielsweise an die Gentechnik, die heftige Diskussionen um die ethische Verantwortung der Naturwissenschaftler entfacht hat, oder an die Möglichkeiten der heutigen Apparatemedizin, die ein Sterben in Würde, wie viele Menschen es sich wünschen, oft unmöglich machen. Vor allem weckt das in stilschöner, unkomplizierter Sprache verfasste Buch jedoch Neugier auf andere als die jeweils angestammten Wissensgebiete potenzieller Leser und vollbringt somit den angestrebten Brückenschlag.