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 Teufelsbrut


Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Weg, nur weg von dem erdrückenden, kalten, leblosen Leben in der Stadt und hinaus aufs Land. Sara hofft, dort zu sich selbst zu finden, einen Sinn in ihrem scheinbar gleichgültigen Dasein zu entdecken.
Das Dorf, in dem sie in einer kleinen Pension mit einer überfürsorglichen Inhaberin eingekehrt ist, scheint zunächst wie geschaffen für ihr Vorhaben. Sie hat ihre Ruhe vor den Menschen hier und kann sich auf sich selbst besinnen. Doch das währt nicht lange; sie macht die Bekanntschaft eines geheimnisvollen Mannes mit dem Namen Zadok. Sara ist fasziniert von ihm und verliebt sich rasch. Zadok, der Sara umschwärmt und um den Finger zu wickeln sucht, scheint mehr von der jungen Frau zu wollen, als sie nur für sich zu gewinnen. Rasch zeigt er, was das ist: Er will die Geschichte seiner Vergangenheit erzählen, einer dunklen Vergangenheit voller Schmerz und Tragik. Sara erfährt die Geschichte zweier Geschwister, Zadoks Nichte Luca und ihres stummen Bruders Raphael. Aus den Tagebüchern deren Mutter liest Zadok vor, um Sara einzuweihen in das Geheimnis der beiden Kinder. Nach und nach wird offenbart, dass nicht nur Ambra, die Mutter von Luca und Raphael, die Kinder und Zadok in die Geschehnisse verwickelt waren, sondern das ganze Dorf, das sich eine düstere Schuld aufgeladen hat.
Sara muss sich entscheiden: Folgt sie Zadok in die Abgründe der menschlichen Seele, lauscht sie und macht sich zur Mitwisserin des dunklen Geheimnisses - oder ergreift sie die Flucht, ehe es zu spät ist?

"Teufelsbrut" beginnt mit einem Eintrag aus Ambras Tagebuch, der sogleich die Tragweite und Dramatik des Folgenden erahnen lässt. Luca und Raphael entstanden aus einem brutalen und grausamen Missbrauch. Unbewusst bezieht der Leser früh Position und erkundet gemeinsam mit Sara das Geheimnis, das die Dorfgemeinschaft gerne weiter unter dem Deckmantel des Schweigens sehen würde, während Zadok es Stück für Stück lüftet - jeweils so weit, um Sara als Erzähler an sich zu binden und sie eine Weile im Ort zu behalten, ohne sie zu verschrecken.
Bettina Gundermann lässt die Charaktere ihres Romans wie Rohdiamanten recht ungeschliffen; außer Sara und Zadok gibt es niemanden, der ein markantes Profil bekäme. Ohne Einblick in die Gefühle und Vorstellungen ihrer Figuren zu geben, identifiziert sie die übrigen Auftretenden, wie etwa den Priester des Dorfes, nur über deren Handlungen. Dadurch entsteht eine unüberbrückbare Distanz; die Eindimensionalität der Dorfbewohner ist allerdings Mittel zum Zweck, denn es geht nicht darum, das Warum zu klären. Gundermann legt vielmehr Wert darauf, die Hintergründe der Handlungen offen zu lassen, so dass der Leser die Lücken für sich selbst füllen kann und auch muss. Eine allumfassende Auflösung enthält Gundermann dem Leser vor.
Dieser Umstand sorgt zwar für eine tolle Atmosphäre, bei der es weniger auf den Knalleffekt bei der Auflösung ankommt als bei vielen anderen Romanen des Krimigenres. Jedoch hebt die geschaffene Distanz das Mitfiebern, das gespannte Weiterblättern wieder auf. Die Ereignisse mögen schrecklich sein, schocken jedoch nicht, da der Leser neutraler Beobachter bleiben kann.
Handwerklich versteht sich Gundermann vorzüglich auf ihre Arbeit. Die drei Krähen, ständige Begleiter der Ereignisse, haben eine zunächst noch undurchsichtige Symbolik inne und verleihen dem Roman eine kryptische Entrückung aus der Realität, die dem Geschehen etwas Traumhaftes geben.

Leider verspielt der Roman durch seinen Abstand zu der Innenwelt seiner Figuren die Spannung, die durch die fast surreal anmutenden Geschehnisse entsteht. Schade, denn Gundermann liefert handwerklich eine ordentliche Leistung ab und versteht es, Schuld und Sühne, Liebe und Verrat in einer Geschichte zu verbinden, die von den Abgründen der menschlichen Seele handelt. Da wäre mehr drin gewesen.

Tina Klinkner



Hardcover | Erschienen: 01. Januar 2005 | ISBN: 3485010391 | Preis: 18,90 Euro | 224 Seiten | Sprache: Deutsch

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