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 Tanz der Götter

Autoren: Vikram Chandra
Übersetzer: Ulrike Seeberger
Verlag: Aufbau Verlag

Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis


Abhay ist gerade von seinem Studium in den USA in seine Heimat Indien zurückgekehrt. Auch wenn es ein seltsames Gefühl ist, freut er sich doch, als er nach Hause kommt und seine Eltern ihn begrüßen. Durch den Jetlag hat er bohrende Kopfschmerzen und als er duschen möchte, ist das Wasser abgestellt. Als dann auch noch der Affe, der seine Eltern schon jahrelang belästigt, seine Jeans von der Leine stiehlt, ist für ihn das Maß voll. Mit einem Gewehr legt er sich auf die Lauer und schießt auf den weißgesichtigen kleinen Dieb, als er das nächste Mal über die Dächer der Nachbarschaft flitzt.

Der kleine flinke Affe, der zwischen Leben und Tod schwebt, vollzieht eine wunderbare innere Verwandlung. Sanjay, ein indischer Dichter und Schreiber, wurde als dieser Affe wiedergeboren. Doch durch den beinahe tödlichen Schuss hat er sein menschliches Bewusstsein wiedererlangt. Ashok und Mrinalini, die Eltern Abhays, sind entsetzt, als der genesende Affe auf ihrer Schreibmaschine Sätze tippt, um sich verständlich zu machen. Doch Yama, der Gott des Todes, fordert Sanjay auf, mit ihm zu gehen, da die Kugel sein Todesurteil gewesen ist. Es darf nicht sein, dass er mit vollem Bewusstsein weiterhin in dem Körper des Tieres steckt.

Aber wider Erwarten eilt Hamunan, der Schutzherr der Dichter, Sanjay zu Hilfe. Geschickt handelt er mit Yama und sie kommen zu einer Übereinstimmung. Sanjay hat nun die Pflicht, jeden Abend drei Stunden lang ein Publikum mit seinen Geschichten zu unterhalten. Gelingt ihm dies nicht, muss er sich Yamas Urteil beugen. Seit diesem Tag tippt Sanjay jeden Abend seine Geschichten auf der Schreibmaschine, die draußen auf dem Rasen vor einem immer größer werdenden Publikum vorgelesen werden. Und als er eines Tages nicht mehr weiter weiß, hilft ihm Abhay, der Sohn der Hausbesitzer, mit seinen Geschichten aus.

So kommt es, dass Sanjay von seinem Leben im 19. Jahrhundert erzählt. Es ist verwoben mit den Engländern, die Indien in Besitz nehmen wollen und so wenig verstehen. Diese große Geschichte besteht aus einer bunten Mischung von historischen Fakten, persönlichen Erlebnissen und magischen Begebenheiten. Abhays Erzählungen hingegen beschäftigen sich mit der modernen Jugend Amerikas, dem trostlosen und unausgefülltem Leben einer Generation, die alles besitzen kann.

Indische Geschichten vermischen sich in diesem Buch mit amerikanischen Erzählungen. Ähnlich wie in den Geschichten aus tausend und einer Nacht wird auch dieser Roman von einer umfassenden Handlung eingerahmt. Doch auch wenn die einzelnen Geschichten in verschiedene Abschnitte gegliedert sind, sind es doch zwei große Erzählstränge, die behandelt werden. Auf der einen Seite ist das die Lebensgeschichte Sanjays, der sich in seinem Leben mit dem Besitzanspruch der Engländer an Indien herumschlagen muss. Im Gegensatz dazu stehen die Erlebnisse von Abhay, die sein Studium in Amerika begleitet haben.

Zwei große Geschichten, in kleine handliche Kapitel verpackt, die hundert Jahre trennen, werden als gleichwertige Erzählungen in diesem Roman präsentiert. Ein mutiger und gewagter Mix aus indischer Tradition und amerikanischer Moderne. Geschickt führt der Autor den Leser durch die einzelnen Abschnitte und die Vielzahl der ineinander verschachtelten Geschichten.

Jedoch sind die vielfältigen Beschreibungen und die an manchen Stellen langatmige Erzählung eine Herausforderung an das Durchhaltevermögen des Lesers. Auch hören sich einige der magisch zu nennenden Geschehnisse bizarr und unpassend an. Dadurch, dass die Geschichten von zwei grundverschiedenen Personen in Worte gekleidet werden, entsteht ein stilistischer Bruch im Roman, jedes Mal, wenn sich die Erzähler abwechseln.

Wer sich genauer mit der modernen indischen Erzählkunst beschäftigen möchte, wird in "Tanz der Götter" viel Lesestoff finden. Allerdings braucht man ein gewisses Durchhaltevermögen, da der Leser manche Stellen mühsam dem Buch abringen muss. Dieses Buch ist kein so leichtes Lesevergnügen, wie der Klappentext dem Käufer glauben macht. Aber alle, die einmal von den ausgetretenen Wegen der Romane abweichen wollen, sollten einen genaueren Blick hinein wagen.

Daniela Hanisch



Taschenbuch | Erschienen: 01. September 2006 | ISBN: 3746622905 | Originaltitel: Red Earth and Puring Rain | Preis: 12,95 Euro | 692 Seiten | Sprache: Deutsch

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