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 Das Hurenspiel

Ein Fall für Abel


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Abel, Rechtsanwalt in München, tritt als Nebenankläger in einem Prozess auf. Natascha, die Klägerin, war Prostituierte. Sie wurde unter falschen Versprechungen nach Deutschland gelockt, dort gezwungen, auf dem Straßenstrich zu arbeiten, vergewaltigt und gedemütigt. Die Verteidigerin Seeborn lässt keinen Zweifel offen, dass sie Natascha bloß stellen will, und zu Abels Ärger und Entsetzen schafft sie dies. Natascha begeht Selbstmord, bevor der Prozess zu Ende ist.
Der als Hauptkläger auftretende Staatsanwalt Billmair hatte sich während des Prozesses sehr zurückhaltend verhalten. Als eine andere Zwangsprostituierte, Lena, den Schutz bei der Polizei sucht, fährt Billmair mit seinem seltsamen Verhalten fort. Schon bald merkt Abel, dass er hier nicht nur eine junge Frau verteidigt, deren Leben man zu zerstören versucht hat, sondern ein Netz von Verbindungen im Hintergrund des Rotlichtmilieus aufstört. Der Hauptangeklagte, der Zuhälter Laiwand, jedenfalls gibt sich sicher, und auch sein Handlanger Jaro Prohaska verhält sich offen frech und siegesgewiss.
Abel, dem der Schock über Nataschas Tod noch im Nacken sitzt, plant mit der Kommissarin Annabelle Bartosch ein eigenes, privates Zeugenschutzprogramm. Beide müssen aber rasch herausfinden, dass das der unbekannte Informant in ihren eigenen Reihen gerissen ist.
Vor allem Staatsanwalt Billmair bleibt unterkühlt, sogar feindlich gegenüber Abel eingestellt. Gegenüber Lena wird er ausfallend. Protokolle und Beweisstücke verschwinden.
Zudem verliebt sich Abel in Lena und diese erwidert seine Gefühle. Doch mehr und mehr kommen Abel Zweifel, ob Lena dies ernst meint oder einfach nur kalt berechnend ist. Im Hintergrund, und das wird Abel erst nach und nach klar, geht es nicht so sehr darum, sich eine unliebsame Zeugin vom Hals zu schaffen, sondern anscheinend um den Versuch des Zuhälters Laiwand, sich seines Chefs zu entledigen. Er will in der Hierarchie nach oben wandern. Und dazu kommt ihm Lena gerade recht.

Dieser Krimi wurde nach einem Drehbuch von Fred Breinersdorfer geschrieben. Die Verfilmung wurde 1998 in der Tatort-Reihe gesendet. Von Breinersdorfer stammt auch das Drehbuch für den Kinofilm "Sophie Scholl, die letzten Tage".
Zusammen mit seiner Tochter legt Breinersdorfer hier nun die Prosafassung des Tatorts vor.
Viel muss man zu dem Buch nicht sagen. Es ist äußerst spannend. Die Geschichte beginnt zunächst wie eine dieser üblichen "Das böse Rotlicht"-Krimis. Rasch aber machen die beiden Autoren klar, dass nichts so ist, wie es scheint. Mehrmals müssen Rechtsanwalt Abel und Kommissarin Bartosch ihre Sicht der Dinge ändern, und obwohl dies immer hinterher sehr logisch erscheint, ist der Leser überrascht. Die Geschichte ist hervorragend konstruiert. Zudem sind die Dialoge schlichtweg gut. Jede Person hat ihre eigene Stimme, sagt weder zu viel noch zu wenig, und dadurch wird der Krimi insgesamt tief und psychologisch. Das ist eher eine Ausnahme in der deutschen Krimilandschaft.
Hier und da bleibt der Krimi zu sehr wie ein Drehbuch. Manchen Szenen hätten ein, zwei beschreibende Sätze mehr nicht geschadet.
Insgesamt wirkt der Schreibstil unterkühlt, knapp und von kristallener Reinheit. Dies aber fördert die Spannung wesentlich besser als jedes aufgeblähte Andeuten und Moralisieren.
So etwas möchte ich gerne häufiger lesen.

Frederik Weitz



Taschenbuch | Erschienen: 01. September 2006 | ISBN: 3865320430 | Preis: 9,90 Euro | 192 Seiten | Sprache: Deutsch

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