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 Die Chroniken von Narnia, Band 1: Das Wunder von Narnia

Die Chroniken von Narnia 1 (Neuübersetzung)


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Da ist sie, die Neuübersetzung von Christian Rendel und Wolfgang Hohlbein der Narnia-Chroniken. Im Gegensatz zur alten, stark nostalgisch angehauchten und mit Auslassern gespickten Übersetzung aus den Federn verschiedener Übersetzer bemüht sich die neue, in Umfang und Stil möglichst nah am Original zu bleiben und C. S. Lewis? ironische und bisweilen lakonische Art zu erzählen zu übernehmen. Mit Rendel hat man einen langjährigen Lewis-Kenner gewonnen, der bei der deutschen Fassung des Narnia-Films von 2006 zudem als Dialogredakteur fungiert hat.

In diesem Buch wird erzählt, wie all das Hin und Her zwischen unserer Welt und dem fantastischen Land Narnia begann. Es ist die Geschichte von Polly und Digory, zweier Kinder, die im London zu Beginn des 20. Jahrhunderts leben. Sie geraten versehentlich in das Arbeitszimmer von Digorys Onkel, dem seltsamen Mr. Ketterley, der zurückgezogen lebt und möglicherweise verrückt ist. Durch ihn geraten die Kinder in eine andere Welt, in den Wald zwischen den Welten, über den man in unzählige andere Welten gelangen kann. Aus einer dieser Welten bringen sie versehentlich die bösartige und größenwahnsinnige Hexe Jadis mit nach London. Dort richtet sie ein unschönes Durcheinander an, bevor die beiden kleinen Helden sie wieder aus unserer Welt entfernen können. Sie bringen sie in eine trostlose Welt, in der es nichts gibt ... und werden Zeuge, wie der goldene Löwe Aslan aus diesem Nichts eine märchenhafte Welt erschafft. Aber diese Welt hat von Beginn an einen Makel, denn die Kinder haben das Böse eingeschleppt ...

Lewis präsentiert in diesem Buch eine Schöpfungsgeschichte, die der biblischen Genesis alle Ehre macht, und die Parallelen sind kein Zufall. In schönen, bildreichen und kindgerechten Worten beschreibt er eine Gut-gegen-Böse-Geschichte, wobei dem erwachsenen Leser die machtversessene Jadis beinahe Leid tut - die Zielgruppe ab etwa zehn Jahren wird mit einer gewissen Genugtuung lesen, wie es ihr in Narnia ergeht.
Dem britischen Autor gelingt es, mit einfachen Worten und ohne deskriptive Ausschweifungen eine zauberhafte Welt vor dem Leser auszubreiten, in die sich auch Erwachsene gut hineinfühlen können: Liebevoll beschreibt er amüsante Details wie die Straßenlaterne, die aus dem Boden wächst, und stellt die Menschen sehr amüsant aus der Sicht sprechender Tiere dar. Alles ist irgendwie putzig und voller schöner Ideen und einfach märchenhaft. In einem starken Kontrast dazu steht die tote Welt Charn, in der Digory und Polly Jadis finden: postapokalyptisch, leb- und lieblos, eine Utopie, aus der man sicherlich auch einiges an Sozialkritik ziehen kann. Das "gramvolle Wort", das jene Welt vernichtet hat, könnte 1950, als Lewis dieses Buch geschrieben hat, "Atombombe" geheißen haben.
Die beiden Kinder sind glaubhaft dargestellt. Wie so oft ist der Junge der unvorsichtige Draufgänger und das Mädchen klüger und ängstlicher. Bei den beiden findet man alles wieder, was zum Miteinander von Kindern gehört: trotzige Dialoge, Rangeleien, aber auch einen unschuldigen Hang zu Pathos und Ehrgefühl, dazu ganz viel Staunen und Wundern. Kurz: Die meisten jungen Leser werden sich in einer dieser Figuren wiedererkennen.

Die Neuübersetzung ist geglückt - auch wenn hier die Unsitte der leider erlaubten regelmäßigen Konjunktion ehemals starker Verben gepflegt wird, etwa bei "triefte" auf Seite 122 als Präteritum von "triefen", was mich doch ein wenig getroffen hat -, sie bleibt nahe am Original, während alte Übersetzungen bisweilen sogar etwas von Nacherzählungen hatten, sie greift Lewis? Stil gut auf, behält die englischen Namen bei und transportiert sogar einigermaßen die schludrige Sprechweise des Londoner Kutschers. Sie ist auf jeden Fall den alten Übersetzungen vorzuziehen, auch deswegen, weil das Duo Rendel/Hohlbein auch die folgenden Bände der "Chroniken von Narnia" übersetzen und damit einen einheitlichen Stil bewahren wird. Das Zugreifen lohnt sich also auch für Leser, die die Bücher schon in der älteren deutschen Fassung kennen, und für alle anderen, klein und groß, lohnt es sich sowieso.

Stefan Knopp



Hardcover | Erschienen: 1. August 2006 | ISBN: 3800052644 | Originaltitel: The magician's nephew | Preis: 12,95 Euro | 168 Seiten | Sprache: Deutsch

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