Media-Mania.de

 Das Schwarze Auge

Fantasy-Rollenspiel


Cover
Gesamt +++++
Aufmachung
Leitbarkeit
Preis - Leistungs - Verhältnis
Im November 2006 wurde der Grundstock für eine vollständige Ausgabe des DSA-Regelwerkes im Hardcover gelegt, den Anfang machte der Einsteiger-Regelband, der die bisherige Basisbox ersetzt. Den Leser erwarten auf 288 vollfarbigen Seiten ein komplettes Fantasy-Rollenspiel und ein gelungener DSA-Einstieg. Denn erstens enthält der Band alles, was man zum Rollenspielen braucht: eine Erklärung, was Rollenspiel ist, die Charaktererschaffung, das Talentsystem, Kampfregeln, Magie, umfassende Regeln, Weltbeschreibung und Spieltipps für Spielleiter und Spieler. Zweitens stellt er eine Art DSA-Light dar, denn prinzipiell ist der Einsteiger-Regelband voll kompatibel zu den Erweiterungsbänden. Es sind zum Beispiel nicht alle Sonderfertigkeiten, Zaubersprüche oder Professionen enthalten, aber in den Erweiterungsbänden findet man diese nicht völlig verändert vor, sondern nur eine größere Auswahl davon. Sehr einsteigerfreundlich ist die Kurzbeschreibung der Einsteigerregion Andergast und Nostria, damit können Neulinge noch schneller ihren Weg in die phantastische Welt Aventurien finden.

Den Anfang macht eine kurze Erläuterung zur Frage "Was ist ein Rollenspiel?". Veteranen werden wohl weiterblättern, Einsteigern wird mit gelungenen Bezügen das Thema gut erklärt. Weiter geht es mit der Frage: "Was ist Aventurien?" - einer Erläuterung der Kerngedanken von DSA. Trotz der Wichtigkeit zum Verständnis der Spielwelt leider selten in Grundregelwerken enthalten. Erläutert werden die Begrifflichkeiten "Phantastischer Realismus" und "Magische Welt" und wie diese gegensätzlichen Setzungen zusammen funktionieren können. Dazu kommen "Eine abenteuerliche Welt" und "Eine lebendige Welt" und die Erläuterung, warum Aventurien Helden braucht. Wenig Text und trotzdem inhaltsvoll und erklärend.

Es folgt eine Kurzeinführung in die Regeln, sozusagen ein erstes Reinschnuppern in das, was später genauer erklärt wird. Der Übersicht sehr dienlich sind diverse kleine Kästen, in denen die wichtigsten Sätze noch einmal drin stehen.

Damit ist die generelle Einführung beendet, es folgen zwölf spielbereite Archetypen. Darunter sind neun menschliche Typen sowie ein zwergischer, ein elfischer und ein halb-elfischer Typus. Diese werden inklusive Hintergrund, Kleidung, Waffen, Ausrüstung, Zeichnung und Werten vorgestellt. Bei der Auswahl wurde die Region Nostria und Andergast als Einsteigerregion berücksichtigt, recht viele Archetypen kommen aus dieser Gegend. Natürlich sind zwölf Archetypen eine kleine Auswahl angesichts aller möglichen Kombinationen, die laut Gesamtregelwerk möglich sind, aber generell sollte hier für jeden etwas dabei sein. Rollenspielanfängern sei geraten, ruhig erstmal mit den Archetypen anzufangen und sich nicht sofort mit der Charaktererschaffung zu belasten.

Letztere folgt und ist übersichtlich aufgebaut. Anhand von zwei weiblichen Beispielcharakteren (einer kann zaubern, einer nicht) wird der Leser durch die Charaktererschaffung geführt. Es gibt diverse Übersichten und Tabellen inklusive einer Seite mit einer Schritt-für-Schritt-Erklärung. Prinzipiell ist die Charaktererschaffung schön übersichtlich und nachvollziehbar, andererseits auch nicht immer ganz einfach. Auch hier der Tipp an Einsteiger: Nicht direkt mit Sonderfertigkeiten und Vor- und Nachteilen arbeiten, sondern ruhig erstmal klein anfangen, auch wenn gerade die Vor- und Nachteile schon Anregungen für die Charakterprägung geben. Erwähnenswert ist auch, dass der Krieger bei DSA mit seinem Hintergrund und seinen Fertigkeiten nicht unbedingt eine gute Anfängerprofession ist, eher zum Beispiel der Streuner. Sehr löblich ist, dass immer erwähnt wird, dass die Professionen männlichen und weiblichen Charakteren offen stehen. Hier ist das mehr als nur die üblichen Lippenbekenntnissen, was sich auch in den beiden weiblichen Beispielcharakteren zeigt und darin, dass es viele Zeichnungen von weiblichen Helden gibt. Hier ist es ernst gemeinte Werbung um weibliche Spieler, FanPro ist hier wirklich auf der Höhe der Zeit. Erfreulich ist auch, dass FanPro auf den Sexismus der alten Rollenspielsysteme verzichtet, entsprechende Zeichnungen finden sich im vorliegenden Band nicht. Andere Systeme, egal ob neu oder alt, sind da leider oft ganz anders.

Jeder Charakter hat am Anfang 110 Generierungspunkte zu verteilen, das soll die Charaktere ungefähr gleich stark starten lassen. Ausgesucht werden kann aus fünf Rassen (Mittelländer, Tulamiden, Thorwaler, Elf, Zwerg), elf Kulturen und fünfzehn Professionen - ähnlich der Abenteuertypen beziehungsweise Charakterklassen von anderen Systemen. Es gibt eine Koppelung von Rasse, Kultur und Profession und immer wieder Tipps für die Darstellung im Spiel. Dazu gibt es noch Vor- und Nachteile sowie Sonderfertigkeiten. Vorteile und Sonderfertigkeiten kosten Generierungspunkte, Nachteile bringen zusätzliche. So kann man sich seinen eigenen individuellen Charakter zusammenstricken, das kann recht einfach oder auch komplex sein, je nachdem, wie viele Dinge man berücksichtigt. Die Generierungspunkte werden behalten und entsprechen den späteren Abenteuerpunkten. Insgesamt gesehen erlaubt die DSA-Charaktererschaffung ziemlich individuelle Charakter, ohne jedoch zu komplex zu sein. Hat man sich erst einmal an das System gewöhnt, sollte es aber in annehmbarer Zeit gehen.

Nun ist es so weit, die Regeln kommen: Talentsystem und Kampfregeln. Um das Talentsystem zu verstehen, muss man wissen, dass es acht Attribute gibt, zum Beispiel Mut, Geschicklichkeit und Körperkraft. Denn bei DSA macht man nicht einfach einen Wurf auf einen Talentwert (zum Beispiel Klettern), sondern würfelt mit drei Würfeln auf die drei zu berücksichtigenden Attribute. Die Punkte des Talentwertes dienen dazu, eventuelle gescheiterte Attributswürfe zu retten. Im Beispiel Klettern ginge eine Talentprobe also so vonstatten, dass in der Regel jeweils eine Probe auf Mut, Geschicklichkeit und Körperkraft gemacht würde, wobei die Würfelergebnisse unter dem Wert des Attributes liegen müssen. Ist ein Würfelergebnis zu hoch, kann es mit noch vorhandenen Talentpunkten reduziert werden. Der Vorteil ist, dass die notwendigen Attribute bei den entsprechenden Talenten auch im Spiel eine Rolle spielt. Das Kapitel behandelt auch erschwerte, erleichterte und vergleichende Proben und beschreibt alle Talente und ordnet sie in Kategorien ein.

Das Kapitel zum Thema Kampf ist dann recht umfangreich. Aber hier werden auch die Kampfwerte, die (optionalen) Kampfregeln, das Prinzip von Attacke und Parade, die Trefferpunkte und Schadenspunkte und allerlei mehr erklärt. Vieles davon ist als optional gekennzeichnet, damit man erstmal mit einem kleinen Regelschatz spielen kann. Außerdem werden alle Waffen und Rüstungen per Text und Illustration erläutert. Obwohl für den Einsteiger spielbar, bietet das Kapitel aber dank der optionalen Regeln und einiger Kniffe auch dem erfahrenen Spieler einiges.

Nur mit dem Schwert kann man nicht alle Probleme lösen, manchmal muss auch die Magie helfen. Das Magiekapitel umfasst aber eher so viele Seiten wie die Erläuterung des Talentsystems, die Kampfregeln sind eindeutig die längsten. Zaubern wird prinzipiell wie ein Talenteinsatz abgehandelt, Spieler von Magiern müssen also beim Zaubern nicht umdenken. Interessant ist das System, dass die Wirkungsdauer von Zaubern erhöht werden kann, je mehr Zauberfertigkeitspunkte (wie Talentpunkte) beim Zaubern übrig bleiben. Die Magieresistenz ist abhängig von Mut, Klugheit und Konstitution und von Vor- und Nachteilen, Rasse, Kultur und Profession. Im Gegensatz zu anderen Systemen gibt es nur eine Art der Magieresistenz. Auch ist nur ein Wurf vonnöten, die Magieresistenz wird als Malus auf den Zauberwurf angerechnet. Da auch je nach Zauber Nachteile eine Rolle spielen können, können nicht einfach zwei Werte per Probe verglichen werden, sondern es muss schon eventuell etwas gerechnet werden. Das Verzaubern mehrerer Gegner hat auch eine eigene DSA-Logik. Es ist praktischerweise nur ein Zauberwurf vonnöten, dafür zählt aber die höchste Magieresistenz. Die Begründung mag sein, dass der Zauber nun einmal mit dieser Stärke gesprochen werden muss.

Natürlich gibt es auch Zaubersprüche, diese können übrigens einzeln gesteigert werden. Es gibt insgesamt 45 Zaubersprüche, davon können einige jedoch nur von einer bestimmter Rasse oder Profession gelernt werden, während andere keinerlei Einschränkungen haben. Zu den dreizehn Startzaubern dürfen individuell sieben Zauber ausgesucht werden, sodass auch am Anfang kein Magier dem anderen zu stark gleichen sollte. Weiter gibt es noch sieben Elfenliedern und vier Stabzauber. Auch hier handelt es sich natürlich nur um eine kleine Auswahl, doch kann man sehr wohl eine lange Zeit mit ihr spielen. Die Regeln sind leicht zu verstehen, das Prinzip der Astralpunkte ist ebenfalls schnell verstanden. Auch hier gibt es optionale Regeln, zum Beispiel die mögliche Veränderung der Zauberdauer.

Noch ist nicht alles erklärt worden, also folgen die umfassenden Regeln. Diese beinhalten Zeit, Raum und Bewegung; Reisegeschwindigkeit; Last und Tragkraft; Schadensquellen, also Gifte, Krankheiten, Stürze, Feuer; Heilung und Regeneration. Es fällt auf, dass die Helden in DSA relativ viele Lebenspunkte haben und diese eher gemäßigt verlieren. Im Extremfall verursacht zum Beispiel ein Sturz aus acht Schritt (Metern) Höhe nur einen Schaden von acht Punkten. Aber es sind ja auch Helden.
Ein weiterer wichtiger Teil der umfassenden Regeln behandelt Abenteuerpunkte und Erfahrung, Steigerungen, Aktivierung neuer Talente, spezielle Erfahrungen. Positiv ist zu vermerken, dass Abenteuerpunkte nicht nur für Kämpfe vergeben werden sollen, sondern im gleichen Umfang auch für Diplomatie oder Überlistung. Das lässt zwar das sogenannte Hack&Slay zu, belohnt dieses aber nicht über Gebühr. Auch hier gibt es optionale Regeln wie Lehrmeister, gegenseitiges Lehren und Lernen in der Gruppe und Selbststudium. Insgesamt gesehen ist der ganze Komplex recht einfach zu verstehen und das Steigern leicht zu handhaben.

Von Regeln zum Hintergrundmaterial geht es nun mit einem kurzen Abriss der aventurischen Geschichte und dem Pantheon der Zwölfgötter samt ihrer Widersacher. Die Weltbeschreibung gibt einen schönen ersten Eindruck, aber so etwas sollte eh Standard sein. Aber sofort hat der Leser das Bild einer lebendigen und pulsierenden Spielwelt. Das Prinzip der Zwölfgötter ist einsteigerfreundlich, herrscht das Pantheon in seinen verschiedenen Erscheinungsformen doch fast überall auf Aventurien. Dazu gibt es eine gelungene Kurzbeschreibung der so genannten Streitenden Königreiche Nostria und Andergast, die ja speziell als Einsteigerregion gedacht sind. Der Leser findet alle wichtigen Informationen, sogar kurze Beschreibungen der wichtigsten Städte, teilweise mit Stadtplan. Das alles lässt aber genug Platz für die Ausarbeitungen der Spielleiter und ist nicht bis ins Detail geregelt. Da möchte man sofort losspielen.
Es folgt ein Kapitel für den Meister, inklusive Bestiarium, Hinweisen zu Giften und Krankheiten sowie dem Kauf von Ausrüstungen. Danach folgen nur der Index und die Spieltipps für Meister und Spieler. Für den Meister sind dies mehr als für den Spieler, insgesamt gesehen eher was für Einsteiger, aber dafür ist der Band ja auch hauptsächlich gedacht.
Den Abschluss bilden dann diverse Übersichtstabellen und die in der Innentasche der Rückseite enthaltenen Dinge.

Sehr gut gelungen ist das Innenleben: Neben einem schönen Vierfarbendruck beinhaltet das Buch viele mal mehr, mal weniger gelungene, aber stilistisch abwechslungsreiche Illustrationen. Der Stil der Zeichnungen trifft wahrscheinlich eher den Geschmack der "jungen Generation", die mit Mangas aufgewachsen sind.
Zudem ist der Band sehr übersichtlich gegliedert. Die einzelnen Kapitel können durch ein grafisches Element am Seitenrand erkannt werden, auch gibt es oft erklärende Textkästen, Übersichten und Zusammenfassungen.

Vorhanden sind ein Lesebändchen und eine Kartenmappe als Innentasche der Rückseite. Letztere enthält Kopiervorlagen für die Charakterbögen, eine große Aventurienkarte, eine Detailkarte von Nostria und Andergast sowie zwei stabile Schnellübersichten der Basisregeln. Das einzige, was zum sofortigen Losspielen fehlt, sind Würfel und ein Abenteuer, beides lag der damaligen Box noch bei. Extra in der Box lagen auch die vorgefertigten Charaktere, diese sind im Band zwar ebenfalls enthalten, müssen aber noch herauskopiert werden. Alternativ können sie aber auch, wie auch weitere Blanko-Charakterbögen, von der Verlagshomepage heruntergeladen werden.

Wer diesen Band besitzt, kann DSA spielen. Er hat ein komplettes Rollenspiel-Regelwerk, natürlich mit diversen Einschränkungen, zur Hand. Das spricht natürlich vor allen Dingen Rollenspiel-Neueinsteiger an, aber eventuell auch Rollenspielveteranen, die sich einfach wieder sich auf das Rollenspiel konzentrieren möchten und keine Lust auf Berge von Regeln haben.

Grafisch ist der Band absolut gelungen, ebenso vom Aufbau her. Dass auch Ungereimtheiten, Widersprüche und Fehler vorhanden sind, stört dann doch etwas den ansonsten absolut professionellen Eindruck. FanPro wird wohl beizeiten eine Errata zu diesem Band online stellen, aber wer malt schon gerne in sein schönes Hardcover, um Fehler zu korrigieren? Dass ein Großteil des Bandes schon existent war, macht die neuen Ungereimtheiten umso unschöner.

Wer die Basisbox besitzt, wird sich natürlich fragen, ob sich ein Kauf des Hardcovers lohnt. Regeltechnisch hat sich nicht viel zur Basis-Box aus dem Jahr 2001 geändert. Hatte diese vierte Edition damals den bis dahin wohl größten Umbruch im DSA-Regelsystem mit sich gebracht, spricht man dieses Mal (inoffiziell) von der Version 4.1 und von "Fine-Tuning". Dazu kommen die eingearbeiteten Errata und das stabile Hardcover.

Fazit:
Für absolute Rollenspiel-Anfänger ist dieses Werk wohl doch etwas zu umfangreich geworden oder es mag auf diese mit seinen über 250 Seiten so wirken. Vieles ist zwar als optional gekennzeichnet oder muss nur bei Bedarf gelesen werden, trotzdem wird der Leser wissen wollen, was es ist und es doch direkt lesen. Aber man muss FanPro zugestehen, dass viel getan wurde, um Anfängern den Einstieg zu erleichtern.
Systemumsteigern und an knappen Regeln interessierten Veteranen dürfte gefallen, dass es sich um ein, wenn auch gekürztes, komplettes Rollenspielsystem handelt. Inhaltlich fehlt nichts Wichtiges, nur eben eine größere Auswahl. Aber es verwundert, dass keine Liste der zum Basisregelwerk passenden Abenteuer abgedruckt ist, wenn schon keines enthalten ist.

Mit freundlicher Unterstützung von Fantasy Productions GmbH, www.fanpro.com und www.f-shop.de

Bernd Wachsmann



Hardcover | Erschienen: 1. Oktober 2006 | ISBN: 3890644406 | Preis: 30 Euro | 288 Seiten | Sprache: deutsch

Bei Amazon kaufen


Ähnliche Titel
Wege des MeistersWinternachtAventurischer AtlasAuf gemeinsamen PfadenAventurien