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 Die Chroniken der Nebelkriege, Band 1: Das unendliche Licht


Cover
Gesamt +++++
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Zusammen mit seiner Großmutter und Lehrmeisterin beschließt der vierzehnjährige Kai im Moor seine Ausbildung zum Irrlichtjäger. Und das, nach anfänglichen Schwierigkeiten, mit geradezu überwältigendem Erfolg. Gleich vier der funkelnden kleinen Lichtgestalten fängt der Junge, und beunruhigt damit seine erfahrene Großmutter, die sich an keinen ähnlichen Fang erinnern kann. Doch dem elternlosen Kai kommt die unerwartete Bestätigung seines Könnens gerade recht. Steht doch im Dorf das Sternschnuppenfest bevor - seit jeher ein Ereignis, bei dem die Irrlichtjäger ihre Beute zur Schau stellen. Was stören den jungen Heißsporn angesichts des bevorstehenden Triumphs die Befürchtungen der alten Frau, oder die Gerüchte um Angriffe auf Irrlichtjäger überall im Land?

Doch sein Leichtsinn soll Kai teuer zu stehen kommen. Denn kaum dass die Feier in vollem Gange ist, wird der Ort von Geisterpiraten überfallen, die nichts anderes im Sinn haben, als die Irrlichter zu rauben. Auch auf Kais sagenhaften Fang aufmerksam geworden, steuern die untoten Seeräuber das Haus von dessen Großmutter an. Mithilfe des Gauklerjungen Fi und der geheimnisvollen Dystariel kommt Kai zwar unerwartet schnell wieder zu der alten Mühle, in der er und seine Großmutter leben, aber nicht mehr rechtzeitig, um die greise Irrlichtjägerin noch zu retten. Entsetzt von deren Tod entfesselt Kai unbewusst ein magisches Feuerwerk, das fast die gesamte Umgebung in Stücke reißt und die Angreifer letztlich in die Flucht schlägt. Doch Kais Leben ist zerstört. Er hat keine Familie mehr und kein Zuhause und muss mit der Schuld leben, am Tod des einen Menschen Schuld zu sein, der sich immer um ihn gekümmert hat.

Ohne ein anderes Ziel im Leben, begleitet Kai bereitwillig den jungen Gaukler Fi nach Hammaburg, wo er seine magische Ausbildung beginnen soll. Und das am besten so schnell wie möglich, denn schon auf der Fahrt über die Elbe wird deutlich, wie unbeherrscht Kais magische Fähigkeiten aus ihm herausbrechen wollen. In der Heimstadt der Magier und Windfänger beginnt für Kai eine harte Lehrzeit, in der er lernen muss, die Magie zu kontrollieren. Gleichzeitig wird er mehr und mehr in den schwelenden Krieg zwischen der Nebelkönigin Morgoya und der freien Welt hineingezogen. Welche Rolle spielt der Waisenjunge dabei und warum hat es der Pirat Mort Eisenhand, der auch in Hammaburg sein Unwesen treibt, auf all die Irrlichter abgesehen? Können Kai und seine Freunde noch rechtzeitig eine Verschwörung aufdecken, die das Schicksal der Menschen besiegeln könnte?

Mit dem Zeitreise-Thriller "Der Funke des Chronos" legte Thomas Finn seinen ersten unabhängigen Roman vor - eine für sich stehende Geschichte, die nicht Teil eines Multi-Autoren-Projekts wie "Das schwarze Auge" oder "Die Gezeitenwelt" ist. Mit "Das unendliche Licht" legt er nun nach, beginnt einen ganz eigenen Zyklus und folgt dem Vorbild erfolgreicher Autoren-Kollegen wie Kai Meyer, Ralf Isau und Andreas Eschbach, indem er zweigleisig fährt: Erwachsenenliteratur auf der einen, Jugendliteratur auf der anderen Seite. Wobei Finn zu Recht die Frage stellt, was Jugendfantasy eigentlich sein soll und inwiefern sie sich von der Erwachsenenfantasy unterscheidet. Allenfalls das jugendliche Alter der Helden scheint ein verlässlicher Indikator zur sein; obwohl auch die Hälfte der fantastischen Literatur für das reifere Semester Teenager in den Mittelpunkt der Handlung stellt ("Osten Ard", "Das Rad der Zeit", "Shanara", ...). Vielleicht verkaufen sich Fantasy-Romane der Harry Potter-Generation einfach besser, wenn man sie großzügig dem Übergenre der Jugendliteratur zuordnet.

Was auch immer dahinter stecken mag, "Das unendliche Licht" ist tatsächlich einer der herausragendsten Fantasy-, Jugend- und Abenteuerromane des Jahres 2006. In geradezu halsbrecherischem Tempo zieht der erfahrene Erzähler Finn den Leser in seine magische Parallelwelt: Ein fantastisches mittelalterliches Deutschland, das sich die Menschen mit den typischen Vetretern der Fantasy, aber auch mit einigen sehr deutschen Märchenwesen und Spukgestalten teilen. Elfen, Zwerge, Kobolde und Zauberer gibt es hier ebenso wie Irrlichter, Gargylen, Drachen und Klabauter, Däumlinge und Poltergeister. Auch der Haupthandlungsort selbst, das gewaltige Hammaburg, ist eine klare Referenz nicht nur an die deutsche Identität des Romans, sondern auch an Thomas Finns Wahlheimat Hamburg. Tatsächlich ist sogar der Stadtname auf gleiche Weise von einer Burg abgeleitet worden, wie das beim richtigen Hamburg der Fall war - und tatsächlich war der Name des betreffenden Gemäuers auch in unserer Welt Hammaburg.

Doch nicht nur die Schauplätze und die sagenhaften Gestalten die sie bevölkern, begeistern, auch und vor allem die Geschichte selbst ist es, die auf ganzer Linie zu überzeugen weiß. Im Gegensatz zu vielen anderen Autoren gelingt es Finn nicht nur vom ersten Kapitel an zu fesseln, sondern die Spannung auch konstant aufrecht zu erhalten. Wie der junge Kai, wird auch der Leser mitgerissen in ein fantastisches Abenteuer, bei dem schnell sehr viel mehr auf dem Spiel steht, als das zu Beginn angegriffene Heimatdorf des Helden. Der nach und nach aufgedeckte Hintergrund um die Bedrohung der ganzen Welt durch die Nebelkönigin Morgoya und ihre unheilvollen Schergen sorgt auf über vierhundert Seiten für atemberaubende Unterhaltung; und gipfelt schließlich in einem Finale, das das Buch zwar würdig beschließt, gleichzeitig aber auch die Tür für den zweiten Teil weit aufstößt. Finn schafft es, Altes zu Neuem zu verbinden, ohne dabei (jedenfalls allzu sehr) in ausgetreten Pfaden zu wandeln. Etwas, das eigentlich Ziel eines jeden (Fantasy-)Autoren sein sollte.

Finns neuer Verleger, der Ravensburger Buchverlag, hat sich zudem Mühe gegeben, der großartigen Geschichte auch mit einer ansprechenden Aufmachung gerecht zu werden. Das von Peter Gric gestaltete Coverbild ist wirklich atemberaubend schön und auch zwischen den Buchdeckeln ist vom Inhaltsverzeichnis bis zur Kurzbiografie des Autors am Schluss nichts verkehrt gemacht worden - auf Werbung für andere Bücher des Verlages wurde dankenswerter Weise verzichtet. Lediglich ein Lesefaden hätte den Gesamteindruck noch abrunden können und vielleicht ein Hinweis auf dem Schutzumschlag, dass es sich um einen Teil eines Zyklus handelt: "Die Chroniken der Nebelkriege". Etwas, das in der Verlagswelt heutzutage scheinbar zunehmend als anstößig gilt.

Fazit: Mit "Das unendliche Licht" nimmt sich Thomas Finn selbst in den Club erfolgreicher deutscher Jugendfantasy-Autoren auf - und bringt auch gleich alle Vorraussetzungen mit, bald internationale Erfolge zu feiern. Der erste Band seiner auf drei Teile angelegten Serie besticht durch Liebe zum Detail und eindrucksvolles erzählerisches Geschick. Mit wenigen Seiten schon gelingt es dem Wahl-Hamburger, aus dem Zufallsleser einen erklärten Fan zu machen, der nach der vierhundertfünfundvierzigsten Seite dann gar nicht mehr erwarten kann, die Fortsetzung in den Händen zu halten - um zu erfahren wie es weitergeht, mit Kai, dem Irrlichtjäger, und seinen Freunden.

Raphael Zens



Hardcover | Erschienen: 01. Juli 2006 | ISBN: 9783473352609 | Preis: 16,95 Euro | 444 Seiten | Sprache: Deutsch

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