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 Korczak


Cover
Gesamt +++--
Action
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Brutalität
Extras
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton


Henryk Goldszmit, besser auch bekannt unter dem Pseudonym Janusz Korczak, ist Ende der dreißiger Jahre jüdischer Schriftsteller, Arzt und Leiter eines jüdischen Waisenhauses in Warschau. Als die Nazis 1939 in das Land einmarschieren, beginnt eine schwere Zeit für Korczak und seine Kinder. Schon bald müssen auch sie in das Warschauer Ghetto umziehen und sind dort gezwungen, auf engstem Raum und mit nur knappen Nahrungsvorräten zu leben. Die Bedingungen sind unmenschlich, die Hoffnung auf Besserung nur gering. Doch trotz zahlreicher Angebote, vor den Nazis aus Warschau zu fliehen, bleibt Korczak bei seinen Kindern. Ihnen hat er sein Leben gewidmet. Mit ihnen geht er sogar in den Tod.

Andrzej Wajdas Film "Korczak" ist eine halbbiographische Erzählung über die letzten Jahre Henryk Goldszmits und seiner Waisenkinder, mit denen er 1942 im Vernichtungslager Treblinka den Tod fand. Wie sich aus dieser traurigen Tatsache ablesen lässt, handelt es sich bei "Korczak" um einen entsprechend traurigen Film. Die Trostlosigkeit des Themas und der dokumentarische Stil des Films äußern sich bereits in den technischen Rahmendaten dieser Produktion aus dem Jahre 1990, die lediglich in Mono und Schwarz-Weiß gedreht wurde und damit sicherlich Pate für Steven Spielbergs "Schindlers Liste" drei Jahre später stand. Doch anders als Spielberg umgeht Wajda, der als einer der polnischen Regiegroßmeister gilt, die Falle, seine Hauptfigur zu einem Heiligen werden zu lassen. Gelegentlich streut er Zweifel gegenüber den Handlungsweisen Korczaks ein, die durch andere Figuren reflektiert werden. Beispielsweise beschweren sich ehemalige Kinder seines Waisenhauses darüber, dass er sie mit seiner humanitären Erziehungsweise nicht auf den Hass und die Härte des Lebens außerhalb seiner Institution vorbereitet hat. Oder sind seine liberalen Erziehungsmethoden zwar ein Mekka für die Kinder, jedoch eine Zumutung für die anderen Betreuer und Lehrer. Außerdem sieht sich Korczak, übrigens sehr gut gespielt von Wojciech Pszoniak, immer wieder der Versuchung ausgesetzt, seine Verantwortung gegenüber den Kindern einfach aufzugeben und zu fliehen. Er mag zwar kein Heiliger sein, jedoch wird er im Film als ein Mann mit Prinzipien dargestellt, der alles tut, um nach seinen moralischen Vorstellungen richtig zu handeln.

"Korczak" ist eigentlich weniger ein Film über den Holocaust oder die Nazizeit, sondern eine Geschichte über moralisches Handeln in einer schwierigen Situation. Außerdem ist es eine melancholische Meditation über das Judentum und den schweren Antisemitismus in Polen, darüber, was es bedeutet, ein polnischer Jude zu sein - ein Fakt, mit dem sich fast alle Figuren des Films auseinandersetzen müssen, Kinder wie Erwachsene. Wajda gewinnt dem Holocaust dabei sogar etwas Gutes ab: dass er die Polen durch diese schwere Zeit wieder näher zusammengebracht hat. Nach positiven Momenten muss man in diesem Film jedoch leider lange suchen. Von Anfang bis Ende kommt "Korczak" düster, trostlos, schwer und deprimierend daher, eröffnet sich hier ein äußerst karger Film. Freude kommt dabei keine auf, jedoch ist "Korczak" generell ein sehr emotionsarmer Film, der dem Zuschauer nur gelegentlich eine andere Rührung als die allgemeine Depressivität abtrotzen kann. Lediglich ganz zum Schluss zeigt Wajda ein positives Bild, wenn er Korczak und seine Kinder aus dem Deportationswagon aussteigen und lachend in den Nebel wandern lässt. Jedoch wirkt diese Sequenz dank der Einblendung, dass all diese Figuren im Vernichtungslager ihren Tod fanden, mehr wie blanker Hohn, als dass sie eine positive Botschaft vermitteln könnte.

"Korczak" ist ein guter Film, der es jedoch versäumt, seinen Zuschauer aufzurütteln oder ihn emotional mit einzubeziehen. Die Leiden des Ghettos bleiben größtenteils abstrakt und fern, finden nur gelegentlich in einigen Bildern ihren Ausdruck. Eine wirkliche Handlung entwickelt sich nie - "Korczak" zeichnet lediglich ein depressives Stimmungsbild jener Zeit und jener Situation.

Die DVD ist recht mager ausgestattet. Der Ton ist gemäß der Produktionsbedingungen nur in Mono, es gibt lediglich eine deutsche Tonspur, dazu noch mit einer grauenhaften Synchronisation. Untertitel sind nicht vorhanden. Das Bild ist dafür relativ scharf geraten.
Als Bonus befindet sich die Dokumentation "Signed by Andrzej Wajda" auf der Silberscheibe, in der der Regisseur eine Stunde lang über seine bisherigen Werke spricht und mit seinen Einflüssen aus der Kunst vergleicht. Die Ausschnitte aus seinen früheren Werken beweisen, dass Wajda durchaus ein Meisterregisseur ist, was Farbgebung, Symbolik, Metaphern und Bildersprache betrifft. Schade, dass sich in "Korczak" davon nur so wenig zeigt.

Julius Kündiger



DVD | Disc-Anzahl: 1 | Erschienen: 01. Februar 2007 | FSK: 12 | ISBN: B000MAH4AM | Laufzeit: 115 Minuten | Preis: 17 Euro | Untertitel verfügbar in: - | Verfügbare Sprachen: Deutsch

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