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 Die Irrfahrer

Autoren: Gerd Scherm
Verlag: Heyne

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Gerd Scherm war 2006 mit seinem Roman "Der Nomadengott" eine der großen Neuentdeckungen der deutschsprachigen fantastischen Literatur, nachdem er dieses Buch bereits drei Jahre zuvor in Eigeninitiative bei Books-on-Demand publiziert hatte. Nun legte der deutsche Autor die Fortsetzung seiner preisgekrönten Erzählung vor, die der Heyne-Verlag im Februar 2007 unter dem Titel "Die Irrfahrer" veröffentlichte.

Zwei Jahre ist es her, seit die Tajarim sich in Byblos niedergelassen haben, nachdem sie hinter ihrem Schreiber und Propheten Seshmosis aus Theben und Ägypten ausgezogen sind und sich auf die Suche nach einer neuen Heimat gemacht hatten. Doch nun steht den "Touristen" - denn nichts anderes bedeutet der Name des Volkes - eine weitere Reise bevor. Es sind die verschiedensten Gründe, die unsere Helden aus "Der Nomadengott" wieder vereinen und sie gemeinsam Richtung Griechenland und Ägäis reisen lassen. Hatten die Tajarim im Vorgänger noch mächtige Probleme mit den ägyptischen Göttern, so sind es nun hauptsächlich die Gottheiten Griechenlands, die dem kleinen Volk um Seshmosis das Leben schwerzumachen versuchen. Ein Gott jedoch begleitet die Tajarim weiterhin in einem kleinen schmuckvollen Schrein: der "Gott ohne Namen", kurz GON. Der eine richtige kleine Nervensäge ist. Und dessen Machtbereich gerade einmal so weit reicht, wie er sehen kann. Allerdings ist GON kurzsichtig.
Man kann sich denken, dass sich die Mythen und Sagen des klassischen Altertums nicht ganz so zugetragen haben, wie sie uns heute überliefert sind - schließlich wird Geschichte von den Siegern geschrieben, und Homer war stark von seinen Auftraggebern beeinflusst. So wird die neue Reise der Tajarim zu einem weiteren irrwitzigen Abenteuer, das sie vor viele Herausforderungen stellt ...

Obwohl es prinzipiell nicht notwendig ist, die Vorgeschichte der Tajarim zu kennen, die Gerd Scherm in "Der Nomadengott" erzählt hat, freut es den Leser doch, dass der Autor diese Ereignisse in einem kurz gehaltenen Prolog noch einmal Revue passieren lässt, indem er sie von seinem Protagonisten Seshmosis in einem Brief reflektieren lässt. Rasch beginnt Scherm dann jedoch auch damit, das neue Abenteuer der Tajarim zu erzählen, und kann dabei mit den gleichen Qualitäten überzeugen, die auch schon dem "Nomadengott" zu seinem Erfolg verhalfen. So sind es vor allem spitze Kommentare und ironische oder gar sarkastische Anmerkungen oder Beschreibungen, die dem Leser immer wieder ein Schmunzeln ins Gesicht zaubern können. Doch Gerd Scherm bewegt sich auf einem schmalen Grat zwischen pointiertem und hintergründigem Humor und flachem Slapstick - ein Grat, den er mitunter zum Slapstick hin abzurutschen droht. Glücklicherweise gelingt es dem Autor jedoch immer wieder, sich zu fangen und seine Geschichte in gewohnter Manier weiterzuerzählen. Und immer wieder ist es GON, der diese unterhaltsamen Passagen gekonnt bestreitet und von dem man am liebsten immer mehr lesen möchte - er ist der heimliche Held des Romans und sorgt sicherlich für die meisten und lautesten Lacher.
Man kann "Die Irrfahrer" auf zwei verschiedene Arten lesen: Entweder man ist auf schlichte, humorvolle Unterhaltung aus, oder man beschäftigt sich mit dem tieferen Sinn des Romans, der nicht nur die Gesellschaft, sondern auch das Heldentum scharf kritisiert und damit durchaus auch aktuelle Bezüge herzustellen vermag. Dass diese oftmals zwischen den Zeilen versteckt sind und vom Leser interpretiert und herausgelesen werden müssen, erhöht lediglich den Reiz dieses vergnüglichen Leseabenteuers.

Fazit:
Mitunter bedient sich Gerd Scherm flachem Slapstick, der Großteil seines Romans jedoch ist humoristische Unterhaltung auf hohem Niveau. Besonders Kenner der antiken Mythen und Sagen kommen wieder auf ihre Kosten, da sie es sind, die all die Veränderungen bemerken werden, die der Autor an den Überlieferungen vorgenommen hat.

Hinweis:
Die Reisen von Seshmosis und GON sind noch nicht beendet - auf seiner Homepage hat Gerd Scherm angekündigt, dass voraussichtlich im Sommer 2008 das dritte Abenteuer seiner Helden erscheinen soll. Anvisiert ist derzeit der Titel "Die Weltenbaumler".

Valentino Dunkenberger



Taschenbuch | Erschienen: 01. Februar 2007 | ISBN: 9783453522107 | Preis: 7,95 Euro | 447 Seiten | Sprache: Deutsch

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