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 Thurn und Taxis: Glanz und Gloria

1. Erweiterung


Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Glück
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Spielregel
Strategie


Eine Erweiterung für Brett- oder Kartenspiele fügt meistens neue Elemente zum bereits bekannten Spielablauf hinzu. Bei "Glanz und Gloria", der ersten Erweiterung zum Spiel des Jahres 2007, "Thurn und Taxis", könnte man eigentlich eher von einer Verringerung sprechen, denn es werden tatsächlich mehr Elemente des Hauptspiels fallen gelassen, als dass neue hinzugefügt werden.

Alle Bewohner Norddeutschlands, die sich auf dem ursprünglichen Spielbrett von "Thurn und Taxis" übergangen fühlten, werden sich jedoch erst mal freuen, denn in der Schachtel von "Glanz und Gloria" liegt ein völlig neues Spielbrett mit Städten von Berlin bis Cölln, von Würzburg bis Lübeck vor. Dem entsprechend gibt es auch ein dazu passendes Set neuer Karten und Siegpunktchips sowie eine kleine Stellfigur aus Pappe, die den Startspieler anzeigt. Das Einzige, was zum Spielen noch fehlt, sind die Posthäuschen der vier Spielerfarben aus dem Originalspiel, welches für "Glanz und Gloria" daher vorausgesetzt wird.

Am grundsätzlichen Spielablauf hat sich zunächst nichts geändert. Immer noch sammeln die Spieler Runde für Runde Karten und verlängern ihre Strecken durch die verschiedenen Städte und Länder des norddeutschen Reichs, um diese dann zu werten und in bereits besuchte Städte Posthäuser zu stellen, in der Absicht, als erste in jeder Stadt eines Landes vertreten zu sein, um dort die begehrten Siegpunktchips zu erhalten. Neu ist hierbei natürlich zunächst die Verteilung der Länder. Ein einfach mit einer Dreier-Strecke zu holendes Land wie Baden im Originalspiel gibt es nicht mehr, jeder dieser Siegpunktchips benötigt mindestens zwei abgeschlossene Strecken. Das zum Baiern des Originals größenmäßig äquivalente Preußen ist außerdem in zwei Hälften geteilt und dadurch auch alles andere als leichte Beute. War Baiern vorher noch der Fokus und Mittelpunkt des Spielplans, sind die Aktionen bei "Glanz und Gloria" jetzt viel weniger zentralisiert und verteilen sich besser auf das gesamte Spielbrett. Neu sind dabei auch die Freien Reichsstädte Frankfurt, Hamburg, Lübeck und Bremen, die keinem Land angehören und nur dem ersten Spieler, der ein Posthaus auf sie setzt, sofort einen Siegpunkt geben. Eine gute Idee, um bereits am Anfang ordentlich Konkurrenzdruck zu machen! Schade nur, dass drei dieser Städte direkt zueinander benachbart liegen. Es mag am Wunsch zu historischer Genauigkeit liegen, doch so stellt sich der Konkurrenzdruck um den einen Siegpunkt leider nur beim einsamen Frankfurt im Süden ein.

Die größte Änderung zum Hauptspiel besteht jedoch darin, dass die Kutschenkarten - und mit ihnen der Wagner - komplett entfernt wurden. Man erinnere sich - vorher bekam man für das Abschließen einer längeren Strecke eine entsprechende Kutschenkarte, die mitunter eine Menge Siegpunkte wert sein konnte, was nicht selten zu enormen Punktabständen zwischen dem ersten und zweiten Platz führte. Dieses Element wurde wohl als zu komplex für ein Spiel des Jahres angesehen und kurzerhand entfernt - jetzt darf man sich während seines Zugs nur noch zwischen Amtmann, Postmeister und Postillion entscheiden, was das Erklären des Spiels auch tatsächlich viel einfacher werden lässt. Als Ausgleich für die Kutschenkarten gibt es nur eine Sonderregel. Auf der Rückseite jeder Stadtkarte sind entweder ein, zwei oder drei Pferde beziehungsweise Hufeisen zu sehen. Bevor man eine Strecke abschließen darf, muss man mindestens so viele Pferde vor seine Kutsche (die einen Grundwert von Zwei hat) spannen, wie die Strecke lang ist. Für eine Strecke mit sechs Karten muss man also mindestens zwei Stadtkarten im Wert von vier Hufeisen umdrehen und vor seine Kutsche legen, um eine entsprechend lange Strecke auch werten zu dürfen. Eine sehr leicht verständliche Regel, die sich gut in den Spielfluss einfügt, jedoch kein wirkliches taktisches Umdenken nötig macht, schließlich liegen häufig genug Stadtkarten im Wert von drei Hufeisen aus, die die eigene Kutsche schnell anwachsen lassen. Aber ab und zu schnappt man sich dann doch mal wegen der Hufeisen eine Stadtkarte, die ein Gegner selbst dringend benötigt hätte.

Insgesamt funktioniert der Spielfluss mit diesen entschlackten Regeln tatsächlich ein bisschen besser als beim Hauptspiel. Einsteiger können sich wesentlich schneller mit "Thurn und Taxis" anfreunden als noch beim Original. An dem doch eher biederen Spielgefühl des Titels hat sich jedoch nichts geändert - bloßes Kartensammeln und -legen wirkt in Kombination mit der (zugegeben wunderschönen) Grafik einfach zu abstrakt, zu deutsch, was dann eigentlich schon wieder gut zum Thema passt. "Glanz und Gloria" ist also erst mal eine gute Erweiterung - und doch sehen sich hier einige Chancen verpasst. Warum gibt es kein Material für einen fünften oder sechsten Mitspieler? Wo bleiben die echten Neuerungen, die taktisches Umdenken erforderlich machen? Norddeutschen wird es wahrscheinlich egal sein.

Julius Kündiger



Brettspiel | Erschienen: 01. Februar 2007 | FSK: 10 | Preis: 15 Euro

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