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 Die Katharer

Was sie glaubten, wie sie lebten


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis


Über die Katharer ist viel geschrieben und noch mehr spekuliert worden, zumal diese während des Mittelalters in manchen Gegenden Europas immens erfolgreiche Sekte bis heute Rätsel aufgibt. Der Autor fasst in diesem Buch zusammen, was glaubwürdige Quellen - die bedauerlicherweise selten genug sind, da die Inquisition Wert auf ihre Vernichtung legte - über die Katharer mitteilen, insbesondere über ihre religiösen Vorstellungen und ihre Lebensführung.
Eingangs äußert sich der Autor über die relativ schwer fassbaren Anfänge des Katharertums und über die Quellen sowie über die Bezeichnungen, unter denen sie bekannt waren, die Mitgliederzahlen im Verlauf der Zeit und in verschiedenen Gemeinden sowie über die "Kirche" der Katharer.
Die darauf folgenden Kapitel gehen detailliert auf die Geschichte und die Lehren regionaler Katharergemeinden oder -bewegungen ein, so auf jene innerhalb Italiens (Albanenser, Concorezzenser, Bagnoleser und so weiter), auf diejenigen in Frankreich sowie in Spanien und im deutschen Raum. Ebenso umreißt der Autor die so genannte allgemeine oder unbestimmte Lehre mit ihren Basisideen, die Auslegung der Bibel durch die Katharer und weitere Widersprüche zwischen Katharern und damaligen Katholiken. Sowohl das religiöse als auch das alltägliche Leben der Katherer sind Gegenstand mehrerer Kapitel, wobei der Autor natürlich zwischen den einfachen Gläubigen und den zu relativer Askese verpflichteten Empfängern des Consolamentums, einer Art Sakrament, differenziert. Am Ende des Buchs fasst er noch einmal die theologischen und religiösen Ideen und Richtlinien der Katharer zusammen und diskutiert gängige Aussagen zu ihrer Herkunft.

Gerhard Rottenwöhrers Buch, dies sei der Beurteilung vorausgeschickt, ist alles andere als unterhaltungsbetonte populärwissenschaftliche Lektüre. Und wer eine modische Betrachtung des Katharertums unter esoterischen oder New-Age-Gesichtspunkten sucht, braucht das Buch ganz gewiss nicht zu kaufen.
Hier steht die wissenschaftlich fundierte Spurensuche im Vordergrund: Aus welcher religiösen Bewegung leiten sich die Katharer ab? Die dürftige Quellenlage macht die Beantwortung dieser Frage nicht gerade einfach. Welche religiösen Überzeugungen pflegten die Katharer, und gab es "die Katharer" überhaupt? Der Autor zeigt auf, dass zwar einige grundlegende Ideen bei praktisch allen regionalen Katharerkirchen übereinstimmten, etwa die Ablehnung der Dreifaltigkeit, ansonsten jedoch große Unterschiede zwischen ihren Glaubensgrundsätzen bestanden. Geringer sind die Unterschiede beim Praktizieren der Religion und im täglichen Leben. Der Leser kann sich außerdem einen Überblick verschaffen über das Ausmaß des Zulaufs, den das Katharertum hatte, und über die Auseinandersetzungen zwischen Katharern und Katholiken, die freilich selten aktiv von Katharern herbeigeführt wurden.
Um seine Angaben zu belegen, zitiert der Autor zahlreiche Quellen, an denen er bereitwillig Kritik übt, wenn sie stellenweise aus wissenschaftlicher Sicht unglaubwürdig wirken. Gelegentliche, leichte inhaltliche Überschneidungen ermöglichen die Nutzung des Buchs als Nachschlagewerk, denn man kann einzelne Kapitel unabhängig voneinander lesen. Allerdings fehlt bedauerlicherweise ein Stichwortverzeichnis; indes lassen sich die meisten wichtigen Themen über das detaillierte Inhaltsverzeichnis finden.
Wer präzise, durch sorgsame Recherche gewonnene, detaillierte Fakten zu den Katharern sucht, wird hier fündig - für diese Zielgruppe gilt auch die Vier-Sterne-Bewertung. Anderen potenziellen Lesern, die eher ein spannendes Sachbuch zur Belagerung von Montségur und dergleichen wünschen, dürfte das Buch stilistisch zu spröde und zu faktenlastig sein.

Regina Károlyi



Hardcover | Erschienen: 01. März 2007 | ISBN: 9783799501781 | Preis: 24,90 Euro | 316 Seiten | Sprache: Deutsch

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