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 Beutezeit

Autoren: Jack Ketchum
Übersetzer: Friedrich Mader
Verlag: Heyne

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


"Ein Blick in die Welt beweist, dass Horror nichts anderes ist als die Realität." Sagte schon Altmeister Alfred Hitchcock - und würde wohl mehr als nur ein wohlgemeintes Kopfnicken von Seiten eines Schriftstellers Marke Jack Ketchum bekommen, wäre er noch unter uns. Ketchums Werke als billig-provozierende Schundliteratur zu bezeichnen wäre ebenso fatal wie ihre zweifellos vorhandenen Stärken von vornherein bewusst zu ignorieren. Denn hinter der Gewalt, den Qualen, dem Blut und den hoffnungslosen Szenarien verbergen sich die literarischen Qualitäten einer echten Ausnahmeerscheinung.
Fast dreißig Jahre hat "Off Season" (so der Originaltitel) bereits auf seinem Buckel - doch erst jetzt ist Ketchums Debüt auch bei uns erschienen. Ungekürzt, wohlgemerkt. Ein weiteres Indiz dafür, welche Abgründe Ketchum bereits mit seinem ersten Roman auslotete.

Dabei beginnt "Beutezeit" durchaus hoffnungsvoll. Jedenfalls für Carla, die sich eine einsame Hütte in den Wäldern von Maine angemietet hat, um dort ihren neuesten Roman zu vollenden - und über den Ex hinwegzukommen. Doch zuvor soll erst mal noch ein wenig gefeiert werden, mit bekannten Gesichtern, einschließlich ihrer Schwester Marjie. Es wird gelacht, getrunken und geliebt - bis die "Familie" auf den Plan tritt; degenerierte Kannibalen, die sich jahrelang mittels Inzest fortgepflanzt haben und nur noch im weitesten Sinne als Menschen zu bezeichnen sind. Eine Orgie aus Gewalt und Brutalität nimmt ihren Lauf ...

Wäre "Beutezeit" in der jüngsten Vergangenheit verfasst worden, so hätte man dem Autor durchaus dreisten Ideendiebstahl vorwerfen können. Immerhin schwammen Filme wie "Wrong Turn" oder die Remakes von "Texas Chainsaw Massacre" beziehungsweise "The Hills Have Eyes" in ähnlichen Gewässern und noch dazu äußerst erfolgreich.
Zugegeben, originell ist das Setting von "Beutezeit" nicht gerade. Doch Ketchum weiß etwas daraus zu machen. Neben einer makellosen Prosa, bei der es nicht ein überflüssiges Wort gibt, zieht er bereits nach wenigen Seiten das Tempo an, um dem Leser gleichzeitig einen Spiegel vors Gesicht zu halten. So gibt es in "Beutezeit" keine Hoffnung. Niemand ist sicher. Und wer glaubt, zu wissen, wozu die Spezies namens Mensch fähig sein kann, wird auf höchst unschöne Weise eines Besseren belehrt. Ketchum macht einem klar, dass es im Hier und Jetzt längst keine klaren Abstufungen mehr gibt. Täter können binnen eines Wimpernschlages zu Opfern werden und umgekehrt, und wer weiterhin an die Erlösung glaubt, wird sie nicht erfahren. Das ist harter Tobak - und zugleich (fast) perfekte Spannungsliteratur. Hut ab!

Torsten Scheib



Taschenbuch | Erschienen: 01. Oktober 2007 | ISBN: 9783453675070 | Originaltitel: Off Season | Preis: 8,95 Euro | 300 Seiten | Sprache: Deutsch

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