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 Metro

Autoren: Dirk Henn
Verlag: Queen Games

Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Glück
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Spielregel
Strategie


Laut Wikipedia ist die Pariser Metro ja nur das viertälteste U-Bahnnetz der Welt, nach Glasgow, Budapest und London. Warum also nicht gleich die älteste in der englischen Hauptstadt nehmen? Ob es nun wirklich die Weltausstellung 1900 war, die den Autor Dirk Henn beziehungsweise den Verlag Queen Games dazu bewogen hat, das Spiel im Jahre 1895 anzusiedeln, wo die Konstruktion der Pariser Metro begonnen wurde? Vielleicht war aber auch das ursprüngliche Eisenbahnszenario mit dem Titel "Iron Horse" zu generisch? Ist ja auch egal, der Bau eines möglichst langen Streckennetzes ist in "Metro" eh sehr abstrakt gehalten - abgesehen von den auf dem Spielplan aufgedruckten Pariser Bahnhöfen fühlt man sich nicht wirklich in die Stadt der Liebe zur Jahrhundertwende versetzt. Braucht es ja auch nicht, schließlich werden hier unter Tage U-Bahn-Schächte ausgehoben.

Dies geschieht durch das Legen von Plättchen, ähnlich wie im aktuellen Titel "Tsuro", der die Mechanismen von "Metro" größtenteils aufgreift. Es gibt einen Spielplan mit genau 60 Feldern, an dessen Rand 32 Start-/Zielbahnhöfe liegen und in dessen Mitte acht besonders wertvolle Zielbahnhöfe platziert sind. Je nach Anzahl der Spieler werden nette kleine Holzwaggons in den verschiedenen Farben nach einem vorgegebenen Schema auf den Startbahnhöfen am Rand verteilt. Jeder Spieler hat ein Plättchen auf der Hand, auf dem vier Schienenstücke zu sehen sind, die einen beliebigen Mix aus großen und kleinen Kurven, Kehrtwendungen und Geraden darstellen sowie einen Pfeil aufgedruckt haben. Wenn man dran ist, kann man entweder dieses Plättchen auf den Plan legen oder, wenn das einem nicht gefällt, eins vom verdeckten Stapel ziehen, welches man dann legen muss. Ein Plättchen legt man immer in Pfeilrichtung an, sodass man es nicht beliebig ausrichten darf, wie etwa bei "Carcassonne" - dadurch werden dann eigene Strecken verlängert und die der Gegner möglichst wieder zu den Zielbahnhöfen am Rand zurückgeführt. Gibt es eine durchgehende Strecke von einem farbigen Waggon auf dem Spielplan zu irgendeinem Zielbahnhof, dann wird diese Strecke gewertet. Über je mehr Plättchen sie führt und je mehr wilde Schleifen sie dreht, desto mehr Punkte gibt es - unökonomisch für ein U-Bahn-Netz, aber dies ist ja schließlich ein recht abstraktes Spiel. Am besten ist es, wenn eine Strecke gar in einem der Zielbahnhöfe in der Mitte ankommt, dann wird die Punktzahl sogar verdoppelt. Das geht solange weiter, bis sämtliche Plättchen gelegt und alle Strecken gewertet wurden. Dabei kann - sehr elegant - niemals eine Strecke nirgendwo ankommen und werden niemals zwei Waggons "aufeinanderprallen", so verschlungen und undurchsichtig das Schienennetz zum Schluss auch aussehen mag.

Seinen Reiz bezieht "Metro" also weniger aus dem Szenario als aus dem lustigen Wirrwarr aus Strecken, das sich so langsam auf dem Spielplan bildet und aus den teils abgedrehten Kombinationen, die durch das Legen nur eines Plättchens entstehen können. Für Strategen ist das eher nichts, weil man, vor allem im Spiel mit mehreren, kaum Kontrolle über die Partie ausüben kann, wobei es eine Variante mit mehr "Handkarten" gibt, die das Spiel zumindest ein bisschen taktischer werden lässt. Am besten ist man noch damit beraten, die Strecken der Gegner möglichst billig versauern zu lassen und zu verhindern, dass jemand anders an einer zu langen Linie bastelt, weil das die Spielbalance schnell kippen kann. Gelegentlich kommt es dann vor, dass ein Spieler eine Strecke für 30 Punkte abschließen kann und damit einen uneinholbaren Vorsprung erzielt - nicht gerade sehr motivierend. Aber für Denker ist "Metro" ja auch gar nicht gedacht, sondern für den kurzen Spaß zwischendurch. Eine Partie dauert selten länger als 45 Minuten, ist fix erklärt und mit jeder Anzahl von Spielern eine lustige Angelegenheit, wenn man sich gegenseitig ordentlich ärgert. Nachher wird nur freilich - trotz der Kürze des Spiels - kaum einer nach einer weiteren Runde schreien, denn dann ist auch erstmal gut. An Paris hat man eh zu keiner Sekunde einen Gedanken verschwendet.

Julius Kündiger



Brettspiel | Erschienen: 01. März 2004 | FSK: 8 | Preis: 20 Euro

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