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 Sterntagebücher

Aus den Erinnerungen Ijon Tichys


Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton


Professor Tarantoga versucht wieder einmal, den Sternenreisenden Ijon Tichy dazu zu überreden, ihm von seinen Reisen zu erzählen. Der aber weigert sich. Er habe keine Lust, von Welten zu erzählen, die doch fast immer der Erde so ähnlich sind, dass es kaum Neuigkeitswert habe, darüber zu parlieren.
Doch Tarantoga kommt dennoch in den Genuss, Tichy lauschen zu dürfen, denn der Freund erzählt ihm von der Erde und welche Gäste ihn hier in seinem eigenen Hause besucht haben.
Da ist der Fall des Professors Kormoran, Kybernetiker und Erfinder, der ihn eines Tages aufsucht und zu sich nach Hause einlädt. Und was Tichy dort sieht, raubt ihm fast die innere Ruhe. Kormoran hat Maschinen gebaut, die in ihrer eigenen, elektronischen Welt existieren - ohne jeden Kontakt zur Außenwelt der Erde. Und der Professor ist überzeugt, dass auch er, Tichy und alle Lebewesen der Erde nur Metallkästen im Inneren irgendeines Labors sind und deren Schöpfer wiederum das Produkt noch komplexerer kybernetischer Forschungen eines weiteren Wesens ist.
Dann erzählt Tichy vom Physiker Dekantor, der die unsterbliche Seele erfunden hat und sie dem Sternenreisenden anbietet. Der Mann hat das Bewusstsein seiner Frau dafür in einen ewig existierenden Kristall eingebunden. Tichy findet heraus, dass Dekantor seine Frau dafür getötet hat und stellt mit Grauen fest, dass diese für alle Ewigkeit ohne Kontakt zur Außenwelt in ihrem zum Todeszeitpunkt vitalen Selbst gefangen ist.
Dann schildert Tichy den Fall des Wissenschaftlers Sasul, der die Vivisektion zu einem unglaublichen Ende geführt hat, ja sogar behauptet er selbst sei das Ergebnis eines Experiments - quasi der Klon Sasuls - und dieser schwämme nun in einem Behälter mit Spiritus.
Der Physiker Molteris wiederum kommt mit einer Zeitmaschine ins Haus Tichys und verschwindet vor dessen Augen für mindestens dreißig Jahre in die Zukunft. Ein Vorgang, der leider Auswirkungen auf das Alter des Physikers zu haben scheint, wie Tichy während des Vorgangs des Verschwindens feststellen muss.
Auch der sogenannte "Krieg der Waschmaschinen" zwischen den Produzenten Nadlek und Snodgras ist Tichy einen längeren Bericht wert.
Zuletzt erzählt er Tarantoga noch von Doktor Viperdius und seiner Fachklinik für Maschinen, die den Verstand verloren hatten, also an elektrischer Demenz erkrankt sind.

Die 1971 erschienenen "Sterntagebücher" von Stanislaw Lem sind nicht zu Unrecht zu einem Meilenstein der philosophischen Science-Fiction geworden. Sie sind gleichzeitig politische Satire, feinsinnige Groteske und technikorientierte Science-Fiction-Literatur. Sie spielen mit der Sprache und ihren Möglichkeiten, blicken hinter die üblichen Mechanismen des Genres und konterkarieren deren moderne Strömungen.
So benutzt der Autor beispielsweise eine Geschichte über eine Zeitmaschine zur fundierten Kritik an seinen Kollegen und führt ihnen ihre Irrtümer und Kardinalfehler ebenso amüsant wie ätzend in ihrer Schärfe vor.
Auch "Die unsterbliche Seele" dient Stanislaw Lem als Vehikel, sowohl religiöse Vorstellungen als auch die jedem Menschen innewohnende gedankenlose Verwendung des Begriffe "unsterblich" als das zu entlarven, was sie ist, als schlichten Unsinn.
Die wenigen Elemente der zukünftigen Technik führt Lem einzig und allein ein, um dem Zeitgenossen die Welt zu erklären, respektive seine Ideale und Normen, Vorurteile und Wertvorstellungen zu torpedieren.
Dies tut Lem mit der ihm eigenen, einzigartigen Fabulierlust, seinem exzellenten Umgang mit der Sprache - hier sollte man dem Übersetzer Caesar Rymarowicz allerhöchsten Respekt für seine Leistung zollen - und seinem fast hinterlistigen Humor.

Dank Michael Schwarzmaier ist diese gekürzte Lesung der "Sterntagebücher - Aus den Erinnerungen Ijon Tichys" ein einziger Genuss. Mit einem krassen Ausreißer. Die vorletzte Geschichte gehört leider zu den unkomischsten Geschichten der Vorlage. Sie ist langweilig und grotesk, so elend lang wie unsinnig. Leider nimmt sie mehr als ein Drittel dieser "Sterntagebücher" ein und mindert deren hervorragende Wirkung deutlich.

Wer Lem hören will und Ijon Tichy, den ebenso intelligenten wie komischen Spross der Imagination des polnischen Autors, mag, kommt nicht an diesem Hörbuch vorbei. Der angemessene Preis, das gute Layout und der tolle Sprecher sind weitere Argumente für den Erwerb.

Stefan Erlemann



CD | CD-Anzahl: 3 | Erschienen: 01. Mai 2003 | ISBN: 9783896142672 | Laufzeit: 184 Minuten | Originaltitel: Dzienniki Gwiadow | Preis: 15,90 Euro

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