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 Alchemist

Autoren: Carlo A. Rossi
Verlag: AMIGO

Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Glück
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Spielregel
Strategie


"Sumpfger Schlange Schwanz und Kopf
Brat und koch im Zaubertopf:
Molchesaug und Unkenzehe,
Hundezung und Hirn der Krähe;
Zäher Saft des Bilsenkrauts,
Eidechsbein und Flaum vom Kauz:
Starken Zauber eingemischt!
Höllenbrei im Kessel zischt."
(MacBeth, Vierter Akt, Erste Szene)

All die Hexen, Zauberer und Alchemisten dieser Welt wären nichts ohne den brodelnden Kessel, in den allerlei unheimliche und ekelerregende Zutaten geschmissen werden, mit der Absicht, einen mysteriösen Zaubertrank mit noch mysteriöserer Wirkung zu erzeugen. Doch während die ersteren Gestalten sicherlich nichts Gutes mit ihrem Gebräu im Schilde führen, verstehen sich die Alchemisten wohl eher als Wissenschaftler auf der Suche nach möglichst heilsamen oder Gold erzeugenden Tinkturen. Aber ob nun als Alchemist, Hexe oder Zauberer, im Spiel "Alchemist" geht es allein um das Herstellen und Kopieren absonderlicher Tränke mittels fünf verschiedener Ingredienzien, die direkt aus jener anfangs zitierten Szene stammen könnten: Vogelbein, Pilze, Schlangengift, Trollaugen und Spinnen.

[imgleft]images/UploadGrafiken/Alchemist1.jpg[/imgleft] Das Spielbrett oder "Kompendium" mit seinen zehn Kesseln ist anfangs noch leer und jeder Spieler hat am Anfang zwölf zufällige Ingredienzien hinter seinem Sichtschirm liegen. Wenn man am Zug ist, kann man entweder einen neuen Trank erstellen, einen bereits vorhandenen kopieren oder passen. Ersteres macht man, indem man sich einen leeren Kessel des Kompendiums aussucht und ihn mit Ingredienzien füllt, die man vor sich liegen hat. Je nachdem, wie komplex der Trunk ist, gibt man dem Rezept noch eine Punktzahl und geht dementsprechend viele Felder auf der Siegpunktleiste vorwärts. Außerdem wirft das Herstellen eines Trunks auch zwei Abfallingredienzien ab, die man sich aus dem Vorrat nimmt.
Das Kopieren eines Rezepts funktioniert ganz ähnlich, indem man die Ingredienzien eines bereits vorher erstellten Tranks abgibt, dessen Erfinder eine Ingredienz als Tribut zahlt und dann so viele Punkte bekommt, wie dieser Trank wert ist. Gemein: Einen eigenen Trank darf man nicht selbst kopieren. Deswegen ist es vielleicht nicht gerade am cleversten, seinem eigenen Rezept ganz zu Anfang bereits die Höchstzahl von zehn Punkten zu geben, weil alle anderen davon mehr profitieren könnten als man selbst.
So werden also neue Tränke gebraut und bereits vorhandene kopiert, wodurch Abfallprodukte entstehen, die den Vorrat an Ingredienzien immer weiter schwinden lassen. Sobald nur noch zwei Sorten dort liegen, endet das Spiel. Jeder Spieler hat die Partie über geheim eine Schule vertreten, die ganz besonders auf eine der fünf Igredienzien schwört. Diejenige, die am häufigsten verwendet wurde, also von der nun noch am wenigsten bei den Mitspielern und im Vorrat liegt, bekommt jetzt noch einen ordentlichen Bonus an Siegpunkten - und der mit den meisten Punkten gewinnt.

[imgright]images/UploadGrafiken/Alchemist2.jpg[/imgright] "Alchemist" ist eigentlich ein sehr überschaubares Spiel. Die Anleitung mit ihren kryptischen Begriffen (die übrigens ebenfalls MacBeth am Anfang zitiert) umfasst gerade mal vier Seiten - eigentlich ideal für Anfänger und Gelegenheitsspieler. Doch das Problem von "Alchemist" ist: Das Spiel ist überhaupt nicht durchschaubar! Nach mehreren Partien ist immer noch nicht klar, wie man die Sache eigentlich angehen muss, um das Spiel zu gewinnen. Man muss irgendwie eigene Tränke haben, die besonders häufig kopiert werden, aber nicht zu viele Punkte bringen, damit man möglichst viele Tributingredienzien bekommt. Und dann muss es da Tränke geben, die viele Punkte geben und genau diese Ingredienzien benötigen. Aber es gibt keine Möglichkeit, abzusehen, wie es dorthin kommen wird. Das Glückselement des Spiels ist extrem niedrig, aber dennoch wird nur ein studierter Mathematiker die Beziehungen zwischen eigenen und fremden Tränken, zwischen Abfallprodukten, Tributen und Siegpunkten entheddern können. Für Strategen ist "Alchemist" also nur dann etwas, wenn sie ein enormes Abstraktionsvermögen haben - und dann macht Spielen ja eigentlich auch keinen Spaß mehr.
Also ist das Spiel doch eher für Gelegenheitsspieler geeignet, schließlich ist es sehr einfach zu verstehen und dauert meist nicht länger als eine Dreiviertelstunde. Und im Rahmen des Bastelns und Kopierens von Tränken kann man ja trotzdem durchaus immer mal wieder die eine oder andere Überlegung anstellen mit den Ingredienzien, die man gerade hat. Sammelt man jetzt also lieber eine Runde lang, um den Trank kopieren zu können, der besonders viele Punkte bringt, oder setzt man seine Ingredienzien für einen schwächeren Trank ein und bekommt dafür aber gleich die Abfallprodukte? Ein bisschen weiter bringen einen diese Überlegungen schon und sie lassen das Spiel auch wirklich spaßig werden - aber den echten Durchblick für "Alchemist" bekommt man dadurch letztendlich nicht. Aber was soll?s, dafür ist das Spiel ein in sich stimmiges Tränkebrauen mit netter Grafik und ausreichender Ausstattung. Damit man sich wie ein echter Alchemist fühlt, braucht es aber doch noch ein bisschen mehr.

Julius Kündiger



Brettspiel | Erschienen: 1. Februar 2007 | Preis: 20 Euro

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