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 Sieben mal sechs ist dreiundvierzig


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis


In seiner Heimat Indien ist der Schriftsteller Kiran Nagarkar ein wichtiger, aber auch umstrittener Mann der Literaturszene. Für die einen stellt er einen der wichtigsten Literaten des Landes dar, für die anderen ist er ein blasphemischer Hetzer, der verboten gehört. Bekannt wurde Nagarkar in Europa vor allem mit dem Roman "Gottes kleiner Krieger".

Mit "Sieben mal sechs ist dreiundvierzig" erschien sein viel gelobter Debütroman aus dem Jahr 1974 endlich auch in Deutschland. Das Werk wurde erstmals 2007 in deutscher Sprache beim A1 Verlag veröffentlicht und galt viele Jahre als unübersetzbar.

In vielen kleinen Passagen wird das Leben des Ich-Erzählers Kushank aufgedeckt, Stück für Stück. Scheinbar zusammenhanglos reihen sich die Ereignisse in diesem Leben aneinander, springen von Geschehen zu Geschehen, von Zeit zu Zeit. Mal erinnert sich Kushank an seine Studienzeit, dann wieder kehrt er zu einem späteren Zeitpunkt zurück, als er mit seinem Freund Raghu für eine Hilfsorganisation arbeitet. Er erzählt von der Krankheit und dem Tod seiner Mutter, von Aroti, einer der wichtigsten - und anstrengendsten - Frauen in seinem Leben, von dem tragischen Tod eines Freundes, von der Liebe und vielem mehr. Die traurigen und dunklen Momente seines Lebens finden ebenso Platz wie die schönen und komischen, und alle haben etwas gemeinsam: Sie haben Kushanks Leben geprägt, ihn manchmal wanken, aber nicht fallen lassen. Selbst den tragischen Ereignissen kann er noch etwas Positives abgewinnen; umgekehrt versteckt sich auch in den angenehmen Momenten des Lebens ein Aspekt, der zum Nachdenken anregt.

Und so ist Nagarkars Debütroman ein Sammelsurium an Erlebnissen eines bunten Lebens, das dem Leser nicht nur den indischen Alltag, Traditionen und Kultur näherbringt, sondern auch die Geschichte eines interessanten Mannes, der, glaubt man ihn langsam zu kennen, doch immer wieder eine neue Facette offenbart.
Zu Anfang ist die Lektüre zäh, bis der Leser sich mit der Struktur des Romans und der bisweilen sehr eigenwilligen Erzählweise vertraut gemacht hat. Durch die Einteilung in viele Kapitel, die zunächst ohne Zusammenhang und wie ein bunter Teppich aus nicht so recht zueinander passen wollenden Flicken präsentiert werden, entsteht ein fragmentarischer Stil, der konsequent beibehalten und mit fortschreitender Seitenzahl immer angenehmer zu lesen wird.
Ein mal leichter, mal bissiger Humor durchzieht den gesamten Roman, und bisweilen bleibt einem das Lachen im Halse stecken, etwa wenn Kushank reichlich zynisch die Geschichte einer Frau erzählt, die sich selbst in Brand steckt. Denn bei allen trockenen und ironischen Bemerkungen geht die Ernsthaftigkeit mancher Erlebnisse doch nie verloren.

Ein Nachwort erzählt von den Schwierigkeiten bezüglich der Sprachumsetzung, mit denen die Übersetzer Ditte und Giovanni Bandini bei ihrer Arbeit zu kämpfen hatten. Denn im Original gab es drei Sprachen zu beachten, das Marathi, das Hindi und das Englische. Das Übersetzerpaar erklärt, worin die Probleme bestanden und wie sie gehandhabt wurden. Zuletzt hilft ein Glossar den Lesern ohne Kenntnisse der indischen Sprache mit Aussprachehinweisen und Übersetzungen beibehaltener indischer Begriffe.

Ein ruhiges Debüt eines der bekanntesten Schriftsteller Indiens, das auch nach über dreißig Jahren nichts von seiner Wirkung eingebüßt hat. Anspruchsvoll und leicht, traurig und komisch zugleich, entfaltet es nach zähem Beginn nach und nach seine Stärken und überlässt es letztlich doch dem Leser, sich über das Leben mit all seinen Facetten Gedanken zu machen.

Tina Klinkner



Hardcover | Erschienen: 1. September 2007 | ISBN: 9783927743953 | Originaltitel: Saat Sakkam Trechalis | Preis: 22,80 Euro | 360 Seiten | Sprache: Deutsch

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