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 Das Mädchen, das die Seiten umblättert


Cover
Gesamt +++++
Action
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Brutalität
Extras
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton


Das Mädchen Melanie ist eine talentierte junge Pianistin aus einfachem Hause. Doch ihre Chance auf einen Aufstieg wird zerstört, als sie ein wichtiges Vorspiel vermasselt. Der Grund: Die anwesende Pianistin Ariane bringt Melanie vollkommen aus dem Takt, als sie ihr Vorspiel kurz unterbricht. Melanies Zukunftsträume sind gestorben, sie gibt das Klavierspiel auf.

Zehn Jahre später sehen sich die beiden wieder, als Melanie einen Job als Babysitter für Arianes Sohn annimmt. Schnell merkt die nervöse Ariane, dass Melanie Noten lesen kann, und engagiert sie als ihre persönliche Notenumblätterin und seelische Stütze vor wichtigen Konzerten mit ihrem Trio.
So langsam gerät Ariane immer mehr in Abhängigkeit gegenüber der kühlen Melanie, ist privat und beruflich stark auf das Mädchen angewiesen. Doch was möchte Melanie von der Pianistin? Ist es Rache? Oder hat das undurchsichtige Mädchen noch andere Absichten?


Melanie ist schon eine seltsame Figur. Der einzige ehrliche Moment, den sie im gesamten Film hat, ist der, wenn sie als junges Mädchen am Klavier vorspielt und völlig in ihrem Spiel aufgeht. Doch dieser Moment der emotionalen Offenbarung wird jäh durch jene Figur zerstört, die in dieser Szene stets unfokussiert im Hintergrund zu sehen ist. Dieses Stilmittel wird zum Leitmotiv von "Das Mädchen, das die Seiten umblättert" - die eine Frau ist häufig im Hintergrund zu sehen, während sich die Kamera auf die andere Figur konzentriert. Doch es ist immer diejenige im Hintergrund, die die Szene ausmacht, deren Einfluss unmissverständlich ist, eine ständige Erinnerung daran, wer in dieser Geschichte tatsächlich die Fäden in der Hand hält.
Anfangs ist selbstverständlich Melanie das Opfer, doch beginnt sie langsam, die Kontrolle über das Leben ihrer Gegenspielerin Ariane zu übernehmen. Doch als Zuschauer weiß man nicht, was genau man damit anfangen soll, denn Melanie ist gänzlich undurchsichtig in ihren Motiven, scheint aber zu allem fähig. Dank einer Glanzleistung durch Déborah François sieht man sich mit einer zutiefst verunsichernden Figur konfrontiert, deren kaltes Lächeln alles bedeuten könnte.

Allein aus dieser Unsicherheit zieht "Das Mädchen, das die Seiten umblättert" ein Höchstmaß an Spannung. Alles könnte passieren, doch nur eins ist sicher: Nichts davon wird angenehm sein. Der Film ist ohnehin geprägt von Minimalismus. Winzige Gesten reichen aus, um die Geschichte in eine völlig andere Richtung laufen zu lassen, perfekt nuanciertes Mienenspiel sagt mehr über die verschiedenen Charaktere aus, als es Hunderte Zeilen Dialog je könnten. In dieser kalten Welt bilden die Musik und das Musizieren den einzigen emotionalen Kontrapunkt, und doch kann man gar nicht anders, als tief in den brütenden Stil des Films und dessen verschlossene Charaktere einzutauchen. Dann wird man auch den zweiten ehrlichen Moment erkennen, den Melanie im gesamten Film hat.

"Das Mädchen, das die Seiten umblättert" ist französisches Kino auf allerhöchstem Niveau - sezierend, feinfühlig, intelligent und doch spannend, eine echte Ausnahmeerscheinung.
Die DVD wird dem zumindest technisch gerecht und wartet mit gutem Bild und Ton auf. Das einzige Extra auf der Silberscheibe ist neben Trailern ein knapp vierzigminütiges Making-Of, das ausnahmsweise mal wirklich interessante Einblicke in den konzentrierten Dreh des Films gibt. Für Cineasten ist diese DVD ein Pflichtkauf!

Julius Kündiger



DVD | Disc-Anzahl: 1 | Erschienen: 01. November 2007 | FSK: 12 | Laufzeit: 81 Minuten | Originaltitel: La tourneuse de pages | Preis: 18 Euro | Untertitel verfügbar in: Deutsch | Verfügbare Sprachen: Deutsch, Französisch

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