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 Blauer Planet in grünen Fesseln

Was ist bedroht: Klima oder Freiheit?


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis


Nach Al Gore hat sich ein zweiter ranghoher Politiker mit einem für ein breites Publikum verfassten Buch über die Klimaänderung an die Öffentlichkeit gewandt: Václav Klaus, der tschechische Staatspräsident.
Klaus ist dafür bekannt, dass er in der internationalen Politik keinen angepassten Schmusekurs fährt, sondern eine eigene und nicht immer weithin genehme Meinung vertritt. Nicht anders präsentiert sich sein Buch, in dem er den so genannten Klimaschutz, wie er heute betrieben wird, aus ökonomischer Sicht untersucht. Denn Václav Klaus ist Wirtschaftswissenschaftler.
Nach einem Vorwort stellt der Autor zunächst aus seiner Sicht die aktuelle Lage vor, wie man sie auch aus anderen "klimakritischen" Veröffentlichungen kennt: das Kippen der wissenschaftlichen Ökologie hin zum pseudoreligiösen, politisch verordneten Ökologismus (Klaus verwendet den synonym zu verstehenden Begriff "Environmentalismus"). Dessen Folgen für die Wirtschaft und somit auch für den Einzelnen erläutert er in den sich anschließenden Kapiteln, die sich unter anderem mit der dem regulierenden Einfluss der Preise unterworfenen Rolle der Ressourcen, zum Beispiel Erdöl, mit dem Effekt des Reichtums und des technischen Fortschritts sowie mit der so genannten Diskontierung befassen, also einer "Hochrechnung" etwa der Kaufkraft einer Währung auf eine Zeit in der Zukunft. Auch das modische Vorsorgeprinzip analysiert Václav Klaus aus der Sicht des Ökonomen.
Der Frage, ob eine globale Erwärmung wirklich existiert, und ob eine solche zwangsläufig negative Auswirkungen auf das Wohlergehen der Menschheit hätte, geht der Autor in einem weiteren Kapitel nach und bietet im abschließenden Kapitel "Was tun?" Lösungsvorschläge an. Mehrere Anhänge enthalten weitere Aussagen von Václav Klaus zum Thema. Selbstverständlich gibt es auch ein Quellen- und ein Literaturverzeichnis.

Eingefleischte Atomkraftgegner werden die Argumente des tschechischen Präsidenten kaum überzeugen, etwa, wenn er drastisch, jedoch korrekt vorrechnet, dass man, um das Atomkraftwerk Temelín zu ersetzen, eine Reihe von Windkraftanlagen bauen müsse, die nebeneinander eine Linie von Temelín nach Brüssel ergäben. Auch wer in wirtschaftswissenschaftlicher Logik, die Václav Klaus in diesem Buch anwendet, die Wurzel eines auszurottenden Kapitalismus sieht, kann diesem Buch sicherlich nichts abgewinnen. Wer allerdings für einen nach wissenschaftlich nachprüfbaren Kriterien vorgenommenen Umweltschutz bei gleichzeitig aufrechterhaltenem oder, vor allem für ärmere Länder, zunehmendem Wohlstand ist, sollte dieses Buch unbedingt lesen, vielleicht als Ergänzung zu einem Titel, der den Klimaschutz beziehungsweise den Ökologismus aus naturwissenschaftlicher Sicht untersucht. An den etwas sperrigen Stil von Václav Klaus muss man sich allerdings erst einmal gewöhnen. Klaus schreibt für ein Publikum, das nicht unbedingt Grundkenntnisse der Ökonomie mitbringt, jedoch bereit ist, sich auf eine recht anspruchsvolle, streng wissenschaftliche Argumentation einzulassen.
Aufgelockert wird das Buch durch zum jeweiligen Kapitel passende, eingestreute Zitate sowohl von Kritikern als auch Befürwortern und Aktivisten eines massiven und restriktiven Klimaschutzes, etwa des Stellvertreters des UNO-Generalsekretärs, Maurice Strong: "Ist es nicht die einzige Hoffnung des Planeten, dass die industrialisierte Zivilisation zusammenbricht? Ist es nicht unsere Pflicht, das umzusetzen?"
Václav Klaus vertritt in seinem Buch eine Strongs Ansicht diametral entgegengesetzte Meinung, nämlich, dass Wohlstand, Freiheit und technischer Fortschritt dem Wohlergehen der Menschheit und des Planeten förderlich seien, wenn man eine sich auf ökonomisch sinnvolle Prinzipien stützende Politik anwendet, die er nachvollziehbar vorstellt, und deren Folgen er ableitet. Einige gut ausgewählte und dargestellte Grafiken ergänzen die Ausführungen.
Wie bereits erwähnt, ist das Buch aufgrund seines Anspruchs nicht ganz leicht zu lesen, sofern der Leser keine Fachkenntnisse besitzt, doch wer sich wirklich für das Thema interessiert, wird das völlig fehlende blumige Geschwafel, das man häufig von Politikern kennt, wohl kaum vermissen.
Das Buch leistet einen interessanten Beitrag zur Klimadebatte, zumal es das Thema aus dem bislang weitgehend fehlenden Blickwinkel des Ökonomen betrachtet.

Regina Károlyi



Hardcover | Erschienen: 01. November 2007 | ISBN: 9783900812157 | Originaltitel: Modrá, nikoli zelená planeta | Preis: 25,00 Euro | 128 Seiten | Sprache: Deutsch

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