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 Pandora im Kongo

Autoren: Albert Sánchez Piñol
Übersetzer: Charlotte Frei
Verlag: Fischer

Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Spannung


Der junge Engländer Thompson, als Mitautor billiger Schundromane nur bedingt erfolgreich, bekommt am Vorabend des 1. Weltkriegs den Auftrag, die Memoiren eines mutmaßlichen Mörders aufzubereiten. Dieser soll auf einer Kongoexpediton zwei Männer bestialisch umgebracht haben. Je mehr Thompson sich mit der obskuren Geschichte befasst, desto mehr erfasst ihn ihr Sog. Denn was der Angeklagte - dem in London die baldige Hinrichtung droht - zu berichten hat, ist weit mehr als die Erzählung einer tragisch gescheiterten Expedition. Es geht in ihr um Gold und um Gier, um Rassismus und ein Bergwerk mitten im Dschungel, dessen Stollen grässliche Geheimnisse bergen.

Schon in seinem Erstling "Im Rausch der Stille" servierte uns der katalanische Schriftsteller Albert Sánchez Piñol einen ebenso mutigen wie gelungenen Stilmix. Im postmodernen Gestus mischte er Horror und Robinsonade zu einer an Lovecraft gemahnenden Splattersaga, die den etablierten Literaturkritikern die Kinnladen herabsinken ließ. Trotz schäumender Verrisse im Feuilleton wurde das Buch ein internationaler Erfolg. Der dürfte sich mit Piñols zweitem Werk wiederholen. Elegant eingebettet in die mit üppigem Zeitkolorit gemalte Atmosphäre der 1910er Jahre, entfaltet der Autor langsam seine Erzählstränge um die beiden Hauptfiguren. Spätestens wenn die Kongoexpediton in den Mittelpunkt rückt, sorgt Piñols bildhafte Sprache für eine phantastische Imagination. Dass es im Dschungel freilich zugeht wie in trashigen B-Movies und kreuz und quer Anspielungen auf Jules Vernes, Lovecraft und H. R. Haggard eingeflochten werden, stört bei dieser furiosen Komposition nicht - im Gegenteil. Die Kulisse freilich bleibt düster, Piñol spart weder mit Sex noch mit Gewalt, und die Handlung wird mit zunehmender Seitenzahl immer surrealer. Doch auch zahlreiche politische Anspielungen auf unsere Zeit finden sich im Text, die den Liebhaber postmoderner Bezüge entzücken werden.

Ein unglaublich imaginativer, spannender Roman, der eine elegante Kreuzung von Joseph Conrad und Allan Quatermain, postmoderner Erzählung und B-Movie-Trash ist. Wer "Im Rausch der Stille" mochte, wird "Pandora im Kongo" lieben.

Hagen Hoffmann



Hardcover | Erschienen: 01. Juli 2007 | ISBN: 9783100616036 | Originaltitel: Pandora al Congo | Preis: 19,80 Euro | 480 Seiten | Sprache: Deutsch

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