Die vierte - und abschließende - Folge der Hörspiel-Adaption des Kinderbuchklassikers "Anne auf Green Gables” beginnt mit einer Überraschung für Anne und ihre beste Freundin Diana. Die vermögende Tante Josephine Barry hat die beiden Mädchen zu sich in die Stadt eingeladen. Die Aussicht, das verschlafene Örtchen Avonlea für eine kurze Weile zu verlassen, versetzt Anne in begeisterte Aufregung.

Als es jedoch später darum geht, ihrem gewohnten Umfeld für längere Zeit den Rücken zu kehren, um am College in Charlottetown ein einjähriges Studium zum Lehrerin zu absolvieren, merkt sie recht schnell, wo ihr Herz zu Hause ist: auf Green Gables, bei Matthew und Marilla, die sie vor fünf Jahren aufgenommen haben.

Das Jahr am College ist trotzdem sehr lehrreich für Anne. Ihre andauernde Rivalität zu Gilbert Blythe, der wie sie Lehramt studiert, verhilft ihr zwar zu Bestnoten. Schlussendlich erkennt sie aber dank ihrer Erfahrungen in der Stadt sowie durch einen tragischen Verlust noch einmal in aller Deutlichkeit, auf was es im Leben wirklich ankommt.

"Ein Abschied und ein Anfang” rundet die Geschichte um das Waisenmädchen Anne, das inzwischen zu einer jungen Frau herangewachsen ist, wunderbar ab. Anne ist einen weiten Weg gegangen, hat viel gelernt und kommt schlussendlich wieder dort an, wo alles für sie begonnen hat: An der Türschwelle der Cuthberts in Green Gables.

Das Jahr auf dem College nimmt einen großen Teil der Handlung ein. Dennoch verliert der Zuhörer nie den Anschluss darüber, was in Avonlea passiert. Ein schwerer Schicksalsschlag ist es, der sich wohl am ehesten im Gedächtnis verhaftet. Aus diesem Grund wirkt die Folge etwas ernster als die vorangegangen. Das passt jedoch auch zur Situation, in der sich Anne befindet: Sie ist kein Kind mehr.

Das Team um Regisseur Marc Gruppe war auch bei dieser Episode mit Feuereifer am Werk. Über 73 Minuten perfekt inszenierte Hörspiel-Unterhaltung wird geboten. Ganze siebzehn Sprecher sind diesmal am Werk, Erzähler Lutz Mackensy mit eingerechnet. Sie alle präsentieren ihre Rollen bemerkenswert ungekünstelt. Dabei ist das manchmal gar nicht so leicht bei einer Handlung, die im ausgehenden 19. Jahrhundert spielt, wo völlig andere Wertmaßstäbe gelten als heutzutage.

Die liebevolle Gestaltung des Booklets und des Labels der CD spiegeln auch äußerlich das rundherum gelungene Gesamtwerk des Vierteilers wieder. Man möchte vermuten, Lucy Maud Montgomery, die den Roman vor einem Jahrhundert geschrieben hat, wäre davon ebenfalls angetan.

Es ist beruhigend, dass im Klappcover für Herbst 2008 bereits die Folgen Nr. 5 bis 8 der Hörspielserie angekündigt werden, die den zweiten Roman um den liebenswerten Rotschopf - "Anne in Avonlea” - umfassen sollen.

Die Reihe versetzt den aufmerksamen Lauscher zurück in eine Zeit der Pferdekutschen, der Ballbesuche und des romantisierten Landlebens. Wer dafür etwas übrig hat, der sollte sich "Anne auf Green Gables” nicht entgehen lassen.