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 Commissario Montalbano: Die Stimme der Violine


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Die ganze Geschichte beginnt mit einem blöden Zufall: Auf der Fahrt zu einer Beerdigung rammen Commissario Montalbano und sein Fahrer Gallo ein Auto, das vor einem Haus abgestellt ist. Da die beiden es eilig haben, hinterlassen sie die Telefonnummer an der Windschutzscheibe und fahren weiter. Merkwürdig aber ist, dass sich der Fahrer des Wagens nicht meldet und dass das offenbar neu gebaute Haus leer zu stehen scheint. Montalbano bekommt die Sache nicht aus dem Kopf. Er bricht unbefugt in das Haus ein und findet die Leiche einer jungen Frau, die während des Geschlechtsverkehrs erstickt wurde.
Montalbano hat sich damit einmal mehr ein Problem eingehandelt: Bevor er sich daran machen kann, den Mordfall zu lösen, muss er seinen nächtlichen Einbruch vertuschen und die Leiche irgendwie finden lassen. Doch auch nachdem ihm dies gelungen ist, hat er mit allerhand Problemen zu kämpfen. Denn seine Vorgesetzten schikanieren ihn, und schließlich bekommt er den Fall entzogen. Der neue Leiter der Mordkommission versucht den Fall mit viel Krach und Aufsehen zu lösen. Und hier passiert das zweite Unglück: Der vermeintliche Mörder - ein junger Mann, der in die Tote verliebt war - wird umstellt und aus Versehen erschossen. Montalbano ist sich aber sicher, dass der junge Mann nicht der Mörder ist. Da er die Untersuchung nicht leitet, muss er verdeckt handeln und seine Vorgesetzten so manipulieren, dass schließlich der Richtige doch noch gefasst wird.

Camilleri zu lesen heißt, Krimis mit einem hohen Tempo zu lesen. Jedes Kapitel setzt sich aus zehn bis fünfzehn kurzen bis kürzesten Szenen zusammen. Dabei schwankt auch dieser Krimi wieder zwischen einem klassischen Whodunnit und Slapstick - und bleibt dabei so komisch wie spannend und intelligent. Der knurrige Montalbano, seine Mitstreiter vom Kommissariat des fiktiven Ortes Montelusa auf Sizilien, die schwierige Dauerbeziehung zu Livia, die teilweise dummen, teilweise eitlen Vorgesetzten und natürlich die knorrigen Sizilianer machen das Flair dieses Buches aus.
Camilleri schafft dabei seinen sehr eigenen Stil. Die kurzen Szenen lassen kaum Raum für Beschreibungen: Es sind Dialoge, die in wenigen Sätzen die Geschichte weitertreiben. Einzig dem Essen wird ein wenig mehr Platz gegönnt: Es ist der Ruhepol in diesem Wirbel aus Kriminalfall, Intrigen und sizilianischer Soap-Opera. Man fühlt sich beim Lesen an so zeitlose Komödien wie "Is? was Doc?" erinnert und bekommt doch gleichzeitig eine recht komplexe und trotzdem "realistische" Handlung serviert. Selbst eine so abstruse Begebenheit wie die mit dem "Selbstmörderhuhn" zu Beginn des Buches macht den Leser gleichzeitig lachen und dies als die Wirklichkeit akzeptieren.
So also dürfen Krimis (auch) sein: ein turbulentes Chaos, über das ein intelligenter Autor unmerklich im Hintergrund wacht und den Leser auf unterhaltsamste Art manipuliert; man kann es kaum aus den Händen legen, vor Lachen nicht, und nicht wegen der Spannung.

Frederik Weitz



Taschenbuch | Erschienen: 1. Oktober 2001 | ISBN: 9783404920877 | Originaltitel: La Voce del Violino | Preis: 8,95 Euro | 253 Seiten | Sprache: Deutsch

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