Anfang 2008 erschien im Diogenes-Verlag eine weitere Folge der Hörbuchreihe rund um den genialen Meisterdetektiv Sherlock Holmes von Sir Arthur Conan Doyle. Gelesen von Claus Biederstaedt, beinhaltet die Doppel-CD die Geschichten "Das gefleckte Band" und "Ein Skandal in Böhmen".

Das gefleckte Band
Eine junge Frau besucht Sherlock Homes. Sie ist völlig verzweifelt und scheint unter Todesängsten zu leiden. Als sie dann dem Detektiv und seinem Freund Doktor Watson schildert, was sich auf dem Anwesen ihres Vaters zugetragen hat, ahnen die beiden, dass sie sofort eingreifen müssen, um Schlimmeres zu verhindern. Sherlock Holmes bittet die junge Frau noch am selben Tag, alles für seinen Besuch vorzubereiten. Doch kaum ist die junge Frau gegangen, stürmt ein gewaltiger Riese von Mann in die Wohnung des Detektivs. Er hat die junge Frau verfolgt und gibt sich als deren Vater zu erkennen. Wutentbrannt über das Schweigen Sherlock Holmes' verbiegt er mit bloßen Händen einen Schürhaken und droht den beiden Männern Vergeltung an, wenn sie sich in seine Angelegenheiten mischen sollten.
Nur wenig später treffen Sherlock Holmes und Doktor Watson auf dem Anwesen der jungen Dame ein und beginnen mit ihrer Untersuchung.

Ein Skandal in Böhmen
Sherlock Holmes versichert seinem Gast, dem König von Böhmen, dass es für ihn ein Leichtes sei, seine Bitte zu erfüllen. Obwohl der König ihm mehrfach versichert, dass Irene Adler, seine ehemalige Geliebte, die ein kompromittierendes Foto von ihm besitzt, sehr gerissen und verwegen sei und sich niemals übertölpeln lassen wird, ist Holmes überzeugt, den Fall im Handumdrehen zu lösen. Er sieht keinerlei Hindernisse und wird diese Fotografie sehr schnell in Händen halten und dem König übergeben.
Doch in diesem einen Fall, wie Doktor Watson in seiner Chronik der Ereignisse fast hämisch bemerkt, irrt der Meisterdetektiv. Er unterschätzt auf fatale Art und Weise Irene Adler.

Die beiden Hörbücher sind ein gutes Beispiel für die variantenreiche Erzählkunst von Arthur Conan Doyle. Schildert er im ersten Fall gekonnt, wie die seltsamsten Indizien sich im Geist des Meisterdetektivs zu einem logischen Konstrukt formen, verlässt er sich im zweiten Fall ganz auf die beiden Hauptfiguren Holmes und Adler. Ist es im ersten Fall die typische Indizienkette, die den Mörder überführt und den Detektiv im gleißenden Licht seines überaus klaren Verstandes glänzen lässt, vermittelt er im zweiten Fall, wie sehr dieser geniale Geist sich außer Kraft gesetzt sieht, wenn das weibliche Geschlecht sich als ebenbürtig erweist.
Diese geschickt gewählte Gegenüberstellung zweier Extreme in den Geschichten des Detektivs hat der Diogenes-Verlag dem Band "Das gefleckte Band" entnommen. Als Vortragender fungiert Claus Biederstaedt, erfahrener Schauspieler, Dramaturg und Künstler. Mit seiner sonoren, ruhigen Stimme liest er beide Fälle vor, enthält sich aber weitestgehend, den Figuren eigenständige Charakteristika durch Stimmfärbung oder Betonung zu geben. Ganz im Stil der Vorlage, die als nachträglicher Bericht des treuen Chronisten Doktor Watson konzipiert ist, bemüht er sich um einen schlichen, klaren und wenig aufgeregten Tonfall.
Kommt diese Art der Darbietung dem ersten Fall sehr entgegen, wirkt sie beim zweiten Fall eher unpassend. Diese sehr langatmig aufgebaute, erst ganz zum Schluss hin spannend werdende Geschichte hätte etwas mehr Schwung und Akzentuierung vertragen. Dennoch hört man dieser Stimme sehr gern zu. Sie vermittelt den intellektuellen Rang der Vorlage und betont die ruhigen Momente der Geschichte.

"Das gefleckte Band" ist eine gelungene Hörbuchumsetzung. Wenn auch die zweite Geschichte erst sehr spät in Schwung kommt, ist sie doch unbedingt empfehlenswert. Das Hörbuch vermittelt gekonnt die Bandbreite der Möglichkeiten, die Conan Doyle in seinen Geschichten auslotete, und ist zudem außergewöhnlich günstig.