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 Herbert List

Das Gesamtwerk: 1930-1972


Cover
Gesamt +++++
Aufmachung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis


Herbert List (1903-1975) wurde in Hamburg geboren und war einer der bedeutendsten Photokünstler des zwanzigsten Jahrhunderts, Kaffeehändler, Reisender, Weltbürger und Dandy. Sein photographisches Werk gehört zum klassischen Kanon in der Bildgeschichte des 20. Jahrhunderts. Er fotografierte in Griechenland und Italien Ruinen, Landschaften und junge Männer, dokumentierte das kriegszerstörte München, und fertigte unvergessliche Portraitstudien seiner Künstlerfreunde - darunter Picasso, Braque und Cocteau, Morandi, Pasolini, die Magnani, Strawinsky, Marlene Dietrich ... und er schuf berühmt gewordene Photoessays vom Leben der Menschen auf den Sträßen und Plätzen Italiens.

Der vorliegende Band enthält neben über dreihundert Schwarzweißphotographien von Herbert List ein Vorwort des amerikanischen Photographen Bruce Weber, Texte von Herbert List, Max Scheler, Günter Metken, Ulrich Pohlmann, Edmund White und Wilfried Wiegand. Im Anhang finden sich Anmerkungen zu den Bildtafeln, eine Chronologie, die Einzel- und Gruppenausstellungen, die Bilder in öffentlichen Sammlungen, veröffentlichte Bücher, die publizierten Photographien (1935 -1973) sowie eine Bibliographie (1942-1999).

Mit Herbert List - Das Gesamtwerk: Photographien 1930-1972 veröffentlicht der Verlag Schirmer/Mosel die bereits 2000 erschienene Monographie in verkleinertem Format auf 327 Seiten. Nachdem zuvor verschiedene Bücher jeweils nur auszugsweise das Werk Lists zeigten, wird hier das gesamte Werk präsentiert.

Herausgeber und für die repräsentative Auswahl der Photos verantwortlich sind der Bildjournalist und langjährige Freund Lists Max Scheler (1929-2008) und der Berliner Kunsthistoriker Matthias Harder. List hinterließ dem Freund seinen gesamten photographischen Nachlass und Max Scheler sah es als seine Aufgabe und Verpflichtung an, die Aufnahmen Lists in Ausstellungen und Büchern zu zeigen und dadurch sein Vermächtnis wachzuhalten. Dieser Aufgabe widmete er sich in seinen letzten Lebensjahren.
Matthias Harder beschäftigt sich seit seiner Dissertation mit der photographischen Inszenierung antiker griechischer Architektur, die auch im Werk von List einen besonderen Stellenwert besitzt, und kommentiert diesen Teil des Buches. Es war den Herausgebern wichtig, alle Aspekte von Lists photographischem Schaffen zu berücksichtigen und dessen Essenz zu vermitteln. Dies ist in dem vorliegenden Band voll gelungen.
Der Präsentation und Auswahl der Photographien liegt weitgehend ein Konzept zugrunde, welches List selbst einmal für ein Buch entwickelt hatte. Einige Titel wurden zusammengefasst und der TeilPhotographien junger Männer hinzugefügt, die List wohl aus privaten Gründen ursprünglich nicht in sein Buchkonzept aufnehmen wollte.

Das Buch bietet neben den Photographien umfangreiche Informationen von Kennern zum Werk und der Person Lists selbst. In fünf Abschnitten wird jeweils ein Aspekt des photographischen Werkes präsentiert und von einem Essay eingeleitet und dokumentiert. Für Herbert List war bildende Kunst sichtbar gemachte Vision und der Geist das Primäre, dem die Technik sich unterzuordnen hat. Er erzählt in den Photographien seine eigene Wirklichkeit und gewährt Einblicke in seine inneren Welten und seine Visionen. Ein ganzer Abschnitt befasst sich mit diesen Sinnbildern, die List in die Nähe der Surrealisten rückt.
Eines seiner bekanntesten Bilder ist denn auch die Aufnahme von einem Goldfischglas vor lichtdurchflutetem Meer und einer fernen Insel. Der Goldfisch in seinem Glas versinnbildlicht die Eingeschlossenheit des Menschen in seinen Körper und seine Gebundenheit an diesen. Das Meer steht für das Unendliche, Unerreichbare, das "großartige Jenseitige".
List kam es ebenso darauf an, das Magische der Erscheinung im Bild zu erfassen. Ja, die Photographie selbst hatte für ihn etwas Magisches: die Dunkelkammer mit ihrer roten Beleuchtung, das Beschwörende der Hände, die Bereiche der Photographie abdecken, das erste Auftauchen von Bildspuren auf dem Papier.

Daneben sah List es auch als die Aufgabe eines guten Photographen an, seine Zeit mit eigenen Augen zu sehen und zu schildern: Ereignisse, das Leben der Zeitgenossen, Portraits, Landschaften, Dinge.
Bei den Porträtaufnahmen wiederum hielt es List für wichtig, die Seele des Porträtierten zu erfassen, so wie sie sich in der äußeren Erscheinung realisiert. Er versuchte, sich in die Persönlichkeit des Darzustellenden einzufühlen und diese auf den Photographien festzuhalten und zu übermitteln. Entstanden sind herausragende Aufnahmen bedeutender Künstlerpersönlichkeiten seiner Zeit, die mit ihrer Intensität den Betrachter in ihren Bann ziehen.

Die Druckqualität und grafische Gestaltung sind wie von Schirmer/Mosel gewohnt ausgezeichnet. Viele der SW-Photos sind großzügig ganzseitig oder größer abgebildet und geben feinste Nuancen der Grauschattierungen wieder.

Herbert List - Das Gesamtwerk ist in jeder Hinsicht eine herausragende Veröffentlichung. Seine Aufnahmen boten Inspiration für viele und tun es auch heute noch, wie Bruce Weber freimütig im Vorwort bekennt. Die Vielzahl der ausgewählten Aufnahmen und die Essays kompetenter Fachleute, die mit dem Werk und der Person Lists eng vertraut sind, machen das Buch zu einem Muss für jeden, der sich mit Photographie und Herbert List beschäftigt und für diese interessiert. Fesselnd ist es auch, die Gedanken Lists zu lesen, die dieser zur Photographie äußerte, und seine Sicht des Kunstbegriffs an sich und im Kontext der Zeit zu erfahren.

Sabine Seip



Softcover | Erschienen: 01. März 2008 | ISBN: 9783829603485 | Preis: 24,80 Euro | 328 Seiten | Sprache: Deutsch

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