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 Es geschah im Bellona-Club


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Im Bellona-Club herrscht absolute Ruhe - immer. Fast nur ältere Herrschaften - Frauen sind natürlich nicht zugelassen - sitzen in ihren hohen Lehnsesseln und feiern gebührend,das heißt mit einer Blume im Knopfloch, Waffenstillstandstag. Es ist alles so wie immer, nichts und niemand könnte in einem englischen Club den Lauf der Ereignisse verändern.
Doch am nächsten Morgen ist Commander Fentiman, einer der ältesten und regelkonformsten Kriegsveteranen des Bellona-Clubs, tot. Er sitzt in seinem Sessel in der Nähe des Kamins, hat seine Zeitung in den Händen und scheint sanft entschlafen. Auch der herbeieilende Arzt kann nichts Ungewöhnliches feststellen - wenn man einmal von der Tatsache absieht, dass sich ein Kniegelenk entgegen den Gepflogenheiten der Totenstarre frei im Gelenk bewegen lässt - und stellt den Totenschein ohne weitere Untersuchungen und vor allem ohne Bedenken auf "natürlicher Tod" aus.
Einzig die Tatsache, dass ein kompliziertes Testament der Schwester des Toten existiert, in der der Commander ein beträchtliches Vermögen (und nach ihm seine beiden Neffen) erbt, wenn er sie überlebt. Und genau in der Nacht seines eigenen Ablebens ist seine Schwester nach kurzer und heftiger Krankheit gestorben. Der Anwalt des Commanders hat nun einige Probleme, die Reihenfolge der Sterbefälle festzulegen - vor allem, weil die Erbberechtigte der Schwester ihren Anwalt darauf ansetzt, den Tod des Commanders vorzudatieren und selbst in den Genuss des Vermögens zu kommen.
Lord Peter Wimsey wird mit der Klärung des Sachverhalts betraut. Erstens, weil er Mitglied im Bellona-Club ist, zweitens, weil er den Toten gemeinsam mit einem der Neffen des Commanders gefunden hat und sich ebenfalls über das seltsame Verhalten des Kniegelenks gewundert hat und drittens, weil er der Garant für eine diskrete Untersuchung ist, kennt er doch alle Clubmitglieder und weiß sich als echter Gentleman zu benehmen.

Einer der ersten Kriminalfälle von Dorothy L. Sayers, in dem Lord Peter Wimsey ermittelt, beschert dem geneigten Leser alle Eigenschaften, die sie in späteren Romanen zur Perfektion führt: Der Ermittler ist hochintelligent, sehr instinktsicher und unter seiner manierierten, unnahbaren Schale, ein zutiefst von den Folgen seiner Ermittlungen verstörter und innerlich aufgewühlter Mensch, der darunter leidet, dass das Schicksal ihn mit diesem Verstand gesegnet (oder besser bestraft) hat. Seine Unruhe und Nervosität, seine manisch-depressiven Schwankungen machen ihn zu einem äußerst sympathischen Menschen, der zum Mitleiden anregt und die Fälle sehr intensiv miterleben lässt. Gehandicapt durch die Folgen einer schweren Kriegsverletzung psychischer Art (er wurde bei einem Bombenangriff verschüttet und lebendig begraben), fiebert er grade zu darauf, mit einem neuen Fall konfrontiert zu werden und seine Konzentration diesem zur Gänze zu widmen.
Leider fehlt diesem Roman noch der sprühende Witz, der vor allem in der privaten Konfrontation mit Harriet Vane in spätereren Romanen so zu fesseln vermag. Doch der ironische Witz und die Amüsiertheit, mit der Lord Peter seinen Mitmenschen begegnet, ist auch in diesem Roman bereits grandios umgesetzt.

Miss Sayers vermag mich immer wieder zu erstaunen. Selbst trockenste Kriminalfälle und Tatorte werden durch ihre Feder zu spannenden und interessanten Geschichten. Sie ist eine der besten Kriminalschriftstellerinnen, die ich kenne und so ist auch dieses Buch uneingeschränkt zu empfehlen!

Stefan Erlemann



Taschenbuch | Erschienen: 1. November 1998 | ISBN: 9783442002023 | Originaltitel: The Unpleasantness at the Bellona Club | Preis: 6,45 Euro | 249 Seiten | Sprache: Deutsch

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