Media-Mania.de

 So finster die Nacht

Autoren: John Ajvide Lindqvist
Übersetzer: Paul Berf
Verlag: Bastei Lübbe

Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung



Schweden in den 1980er Jahren: Der zwölfjährige Oskar ist ein stiller, intelligenter Außenseiter, der seine Zeit mit Lesen und gemeinsamem Fernsehen mit seiner Mutter verbringt - und damit, Meldungen über Serienkiller auszuschneiden und sie in ein Album einzukleben. Von ein paar Mitschülern wird der Junge terrorisiert und misshandelt. Oskar flüchtet sich immer wieder in Gewaltfantasien, verkriecht sich im Wald, sticht mit einem Messer auf einen Baumstamm ein und stellt sich vor, es wären seine Peiniger.

Als dann ein merkwürdiges Mädchen nebenan einzieht, ändert sich alles. Eli ist wie Oskar zwölf Jahre alt, doch vieles an ihr ist ungewöhnlich. Sie treffen sich nur abends nach Sonnenuntergang, und das Mädchen ist seltsam ernsthaft, spricht wie eine Erwachsene und mag keine Süßigkeiten. Manchmal sieht Eli aus wie das blühende Leben, manchmal scheint sie von einer Krankheit gezeichnet.
In der näheren Umgebung geschieht ein grausamer Mord, bei dem ein Junge regelrecht ausgeblutet wird. Weitere bizarre Morde lassen für Oskar schließlich nur einen Schluss zu: Seine Freundin Eli ist ein Vampir.

Mit "So finster die Nacht" ist dem schwedischen Autor John Ajvide Lindqvist ein völlig neuer und origineller Blick auf das Vampir-Genre gelungen - und ein grandioser, spannender und vielschichtiger Roman.
Es handelt sich weniger um eine Horrorgeschichte, auch wenn es viele blutige und sehr gewalttätige Szenen gibt, sondern vielmehr um eine bedrückende Coming-of-Age-Erzählung über zwei Außenseiter der Gesellschaft. Auch wenn man sofort Mitleid mit Oskar hat, so schaudert es einen beim Lesen, wenn der Junge vor dem Spiegel steht und mit mehreren Stimmen spricht, von denen eine dem Jungen "Töte sie alle" befiehlt. Problemlos kann man sich vorstellen, dass aus solchen Mobbingopfern und gequälten Seelen die Amokläufer von morgen werden.
In Eli findet Oskar erstmals einen richtigen Freund, eine verwandte Seele. Eli ist viel stärker und selbstbewusster als er, und trotzdem eine Außenseiterin, die dazu gezwungen ist, Menschen zu töten, um zu überleben. Die Geschichte um die beiden Kinder, von denen eines keins ist, verstört und zieht den Leser sofort in seinen Bann. Teilweise sind die Szenen erschütternd und abstoßend, die sich hier abspielen - etwa wenn der Mann, der Eli seine Opfer verschafft, weil er verliebt in sie ist, Sex mit einem kleinen Jungen kaufen will. Neben all den widerlichen Dingen, die Menschen hier einander antun, tritt Elis Handeln fast in den Hintergrund. Der wahre Horror lauert eigentlich in Oskars trostloser Umgebung, in den tristen Vororten Stockholms, so dass die Freundschaft zu Eli kaum noch Schrecken für ihn bereit hält. All dies erzählt Lindqvist sprachgewaltig, voller intensiver Bilder, mit nüchternem Blick darauf, wie grausam es sein kann, ein Kind zu sein.

"So finster die Nacht" wurde im Jahr 2008 in einer viel beachteten und gelobten Verfilmung von Tomas Alfredson umgesetzt. Obgleich der Film wirklich gut ist und die Grundstimmung des düsteren Romans eingefangen hat, sollte man dennoch auf jeden Fall das Buch lesen, auch wenn man die Verfilmung bereits kennt - das Buch ist unendlich vielschichtiger, der Film ihm gegenüber stark gekürzt. Die Taschenbuchausgabe enthält in der Mitte einige Szenenfotos des Films in Farbe.
Ein beklemmender, schauriger und nachdenklich machender Roman - und eine großartige, hoch spannende und sprachlich grandios erzählte Geschichte über einen Jungen, der erwachsen wird und sich befreit von den Dingen, die ihn quälen. Unbedingt zu empfehlen, für Kinder allerdings ganz und gar nicht geeignet.

Christina Liebeck



Taschenbuch | Erschienen: 01. November 2008 | ISBN: 9783404163397 | Originaltitel: Låt den rätte komma in | Preis: 9,95 Euro | 648 Seiten | Sprache: Deutsch

Bei Amazon kaufen


Ähnliche Titel
Killing timeDer SpezialistIch will dich sterben sehenDer SandmannSo finster die Nacht