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 Warum tötet ihr?

Wenn Männer für die Ehre morden

Autoren: Ayse Önal
Übersetzer: Elisabeth Liebl
Verlag: Droemer

Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis


Während in der westlichen Kultur größtenteils die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau vorherrscht, gibt es in anderen Kulturen zahlreiche Ehrenmorde an Frauen, die wegen Kleinigkeiten in Verruf gekommen sind. Wurde die Frau von einem Mann lustvoll angeschaut? Wurde sie vergewaltigt? Hat sie sich einer arrangierten Ehe widersetzt? Oder hat sie im Radio angerufen und sich einen Song für all diejenigen gewünscht, die lieben und geliebt werden? Mit solchen Dingen gerieten die Frauen dieses Buches in Verruf, wurden Gegenstand der Gerüchteküche und verloren ihre Ehre - ganz egal, was tatsächlich geschah. Die Kultur verlangt nun von den männlichen Familienmitgliedern, die Frau zu töten, um ihre Ehre wiederherzustellen und den Mitmenschen ins Gesicht schauen zu können.

Zwar werden Ehrenmörder nicht mehr wie früher begnadigt, sondern ebenso bestraft wie andere Mörder, doch in der Gesellschaft hat sich das Gesetz noch nicht durchgesetzt. In der weitesgehend armen Gesellschaft ist die Ehre das Einzige, woran man sich halten kann, und dafür wird das Leben der Frauen geopfert, wenn diese die Ehre beschmutzen. Die türkische Journalistin und Menschenrechtsaktivistin Ayse Önal hat sich aufgemacht, um mit Opfern und Tätern zu sprechen. Dafür besuchte sie über ein Jahr lang die Männer, die wegen Ehrenmorden im Gefängnis saßen und recherchierte die Geschichten auch in den betroffenen Dörfern und Städten. In diesem Buch stellt sie nun zehn Geschichten vor und zeigt somit das auf, was vielerorts gerne totgeschwiegen wird.

Jedes Kapitel des Buches beinhaltet eine Familiengeschichte. Dabei beginnt die Autorin meist damit, den ersten Besuch im Gefängnis zu beschreiben. Sie zeigt, dass jeder Mörder anders ist als der davor, jedoch die meisten von ihnen gebrochen sind durch das, was sie getan haben. Mit einem guten Schreibstil schafft es die Autorin, dem Leser einen guten Allgemeineindruck der Situation zu geben. Es ist erschreckend, wie sie es schafft, dass der Leser sowohl das weibliche Opfer als auch den männlichen Täter versteht. So passiert es sehr leicht, dass man beim Lesen eine Wut in sich empfindet, die auf die Allgemeinsituation und die Gesellschaft gemünzt ist und man dadurch gleichzeitig die Verzweiflung der Täter nachvollziehen kann, die mehrmals in dem Buch deutlich wird.

Dass diese Kultur kein Problem ist, welches weit weg von Europa Zuhause ist, zeigt die Geschichte eines Mädchens, welches mitten in Brüssel ermordet wurde, weil eine Wahrsagerin die Gerüchte aus der Nachbarschaft als Wahrheit ausgab. Das Buch beinhaltet zehn furchtbare Familientragödien. Die einzelnen Geschichten werden dabei meist von Reue und Trauer der Täter abgerundet, die im Gefängnis begriffen haben, dass sie damit die Familie zerstört haben und dennoch die Nachbarn weitere Gerüchte über das Mädchen erfinden, welches oftmals unschuldig gestorben war.

Fazit:
Das Buch bringt dem Leser auf gut geschriebene Weise die Kultur näher, in der Ehrenmorde zum Alltag gehören. Die Autorin schafft es, dem Leser die Augen für diese Kultur zu öffnen. Sie schafft es, dem Leser gleichzeitig den Teufelskreislauf, der zu einem Ehrenmord führt, zu verdeutlichen wie auch die Tatsache, dass dies nicht hilft, den Kreislauf zu durchbrechen.

Vera Schott



Hardcover | Erschienen: 1. Oktober 2008 | ISBN: 9783426274736 | Preis: 18,95 Euro | 336 Seiten | Sprache: Deutsch

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