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 Pandemie


Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Glück
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Spielregel
Strategie
Wenn sich im Jahr 2008 für den Bereich der Brettspiele ein großer Trend abgezeichnet hat, dann ist es der der kooperativen Spiele. Zur größten Besuchermesse der Branche in Essen erschien über ein halbes Dutzend viel beachtete Titel dieses Genres, das in den letzten Jahren nur vereinzelte bekannte Exemplare wie "Der Herr der Ringe", "Arkham Horror" oder "Schatten über Camelot" hervorbrachte. Direkter Vorreiter und vielleicht sogar Auslöser dieses neuen Trends ist "Pandemie", ein bereits letztes Jahr auf Englisch erschienenes und stark umjubeltes Spiel, das nun durch den Pegasus Verlag auf Deutsch veröffentlicht wurde.

[imgleft]images/UploadGrafiken/Pandemie1.jpg[/imgleft]"Pandemie" ist, anders als das populäre "Schatten über Camelot", ein vollkooperatives Spiel, in dem kein Teilnehmer heimlich gegen die anderen agiert, sondern alle zusammenarbeiten müssen, wenn sie die vier tödlichen Seuchen bekämpfen wollen, die hier den gesamten Globus überzogen haben und drohen, die komplette Menschheit auszurotten.
Dafür übernehmen die Spieler die Rollen von bis zu vier Spezialisten, deren Ziel es ist, eine Heilung für alle vier der leider namenlosen Krankheiten zu finden. Der Spielplan zeigt dabei viele Metropolen der Welt, von denen einige bereits zu Beginn mit den kleinen, bunten Würfelviren infiziert sind. Generell ist der Globus dabei in vier Seuchenzonen aufgeteilt. So wird sich die blaue Seuche vor allem in Nordamerika und Europa ausbreiten, während rote Würfel Ostasien und Australien heimsuchen, sich das gelbe Fieber in Südamerika und Afrika breitmacht und schwarze Kuben über Eurasien herfallen. Die Spieler halten derweil Karten auf der Hand, die die verschiedenen Städte und deren Seuchenfarbe zeigen. Um das Spiel zu gewinnen, müssen sie um die Welt reisen, akute Brandherde bekämpfen und Karten tauschen. Denn erst, wenn jemand fünf Karten derselben Farbe auf der Hand hat, kann er ein Gegenmittel für die entsprechende Seuche erfinden. Wurde das vierte Gegenmittel entwickelt, ist die Partie gewonnen.

[imgright]images/UploadGrafiken/Pandemie2.jpg[/imgright]Ist ein Spieler am Zug, hat er vier Aktionen, mit denen er von Stadt zu Stadt reisen, Gegenmittel entdecken, Forschungsstationen errichten, Karten tauschen und Seuchen bekämpfen kann. Diese vier Aktionen wollen jedoch höllisch gut durchdacht sein, denn Verschwendung darf man sich hier nicht erlauben. Schließlich beendet jeder Spieler seinen Zug damit, dass er mindestens zwei Infektionskarten zieht, die sogleich weitere Städte mit Seuchenwürfeln belasten. Und als ob das noch nicht schlimm genug wäre, gibt es im Stapel für die Handkarten der Spieler, von denen jede Runde nachgezogen wird, auch noch fiese Epidemie-Karten, die die Infektionsrate erhöhen, eine neue Stadt bis ans Limit verseuchen und alle bisher gezogenen Infektionskarten wieder oben auf den Stapel schicken. Das führt dazu, dass sich die Lage in den Städten, die bereits infiziert sind, nur noch weiter verschlimmert. Sobald eine Stadt mehr als drei Würfel derselben Farbe erhält, gibt es einen Ausbruch, der alle benachbarten Städte infiziert, was zu üblen Kettenreaktionen führen kann - und bei acht Ausbrüchen verlieren die Spieler sofort.

Doch jeder der Virenbekämpfer hat auch noch eine Sonderrolle, die bei dieser hoffnungslos erscheinenden Aufgabe hilft. Der Arzt beispielsweise darf mit einer Aktion eine Stadt komplett heilen anstatt nur Würfel für Würfel einzeln zu entfernen, der Wissenschaftler braucht nur vier Karten derselben Farbe, um ein Gegenmittel zu erfinden, der Dispatcher darf andere Figuren während seines Zuges bewegen, der Betriebsexperte kann einfacher Forschungsstationen errichten, die unter anderem den Transport beschleunigen und der Forscher kann anderen Spielern viel einfacher Karten zukommen lassen. Denn normalerweise müssen sich zwei Spielfiguren für einen Tausch in derselben Stadt befinden und dürfen dann auch nur genau die Karte dieser Stadt übergeben. Genau das macht engste Koordination unter den Spielern nötig. Man muss sich exakt abstimmen, wer die Karten für welches Gegenmittel sammelt, wer wem wann welche Karten übergibt, wer sich um den durch die jüngste Epidemie aufgetanen Brandherd kümmert und so weiter. Auf das Glück beim Kartenziehen kann man sich kaum verlassen, und wenn jeder auf eigene Faust loslegt, ist eine Partie kaum zu gewinnen. Andererseits kommt es häufig vor, dass ein erfahrener Spieler das Ruder an sich reißt und die Aktionen aller anderen Spieler dirigiert - ein Problem, das viele kooperative Spiele haben.

[imgleft]images/UploadGrafiken/Pandemie3.jpg[/imgleft]Wenn es gut läuft, zieht die Spannungsschraube jedoch in genau dem richtigen Maße an. Da die Spieler nicht überall auf der Welt sein können, lassen sich Ausbrüche auf lange Sicht nicht vermeiden und irgendwann trudelt der Zähler immer schneller der vernichtenden Acht entgegen. Nicht selten hängen Sieg oder Niederlage davon ab, was kurz vor dem Finden der letzten, rettenden Heilung an Infektionskarten gezogen wird - da wird der Atem am Tisch spürbar angehalten. Das bedeutet natürlich auch, dass "Pandemie" zu großen Teilen zufallsgesteuert ist. Für kooperative Spiele ist das natürlich eine zwingende Voraussetzung, ansonsten werden sie sehr schnell öde. Doch leider kann dies auch dazu führen, dass sich Partien ergeben, die durch die Spieler unmöglich zu gewinnen sind. Auf der anderen Seite gibt es auch Spiele, die mehr Kindergeburtstag als schweißtreibende Weltenrettung sind. Netterweise lässt sich der Schwierigkeitsgrad des Spiels durch eine sehr einfache Methode variieren, so spielt man als Neuling mit nur vier Epidemie-Karten im Stapel, normalerweise mit fünf, als Profi jedoch mit sechs Karten.

Auch der höchste Schwierigkeitsgrad ist dabei noch absolut machbar, im Spiel zu zweit interessanterweise ein wenig einfacher als im Spiel zu viert. Doch spätestens dann, wenn man die Welt unter diesen schweren Bedingungen gerettet hat, ist die Luft aus "Pandemie" auch schon raus. Auf lange Sicht gibt das sehr kurzweilige Prinzip der Seuchenbekämpfung nicht mehr viel her, unterscheiden sich Partien kaum mehr voneinander. Angesichts aktueller Konkurrenztitel kann "Pandemie" in Sachen Herausforderung oder Originalität nicht mithalten. Dennoch ist dieses Spiel äußerst elegant designt, da es seine doch brauchbare Spieltiefe mit nur vergleichsweise wenigen, einfachen und überschaubaren Regeln erreicht. Daher eignet sich "Pandemie" in erster Linie für Spielrunden, in denen ohnehin eher leichtere Kost erwünscht ist oder als Absacker nach längeren Abenden, schließlich dauert eine Partie meist nur 45 Minuten. Die Aufmachung durch Pegasus ist gut gelungen und deutlich besser als die des Originals, das Thema sieht sich innerhalb des Spiels mit seiner klinischen Grafik ebenfalls gut umgesetzt.

Für Vielspieler gibt es auf dem aktuellen Markt bessere kooperative Titel. Alle anderen, die das ewige Gegeneinander am Spieltisch satt haben, werden jedoch viel Freude haben, sich gemeinsam an "Pandemie" die Zähne auszubeißen.

Julius Kündiger



Brettspiel | Erschienen: 1. Oktober 2008 | Originaltitel: Pandemic | Preis: 40 Euro

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