Media-Mania.de

 Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte

Autoren: Oliver Sacks
Übersetzer: Dirk van Gunsteren
Verlag: Rowohlt Tb

Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis
"Eine winzige Hirnverletzung, ein kleiner Tumult in der cerebralen Chemie - und wir geraten in eine andere Welt ..."

Bei "Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte" -inzwischen schon der 18. Auflage erschienen -handelt es sich eigentlich um ein Sachbuch, die geschilderten Fälle sind jedoch so anschaulich und spannend wie ein Roman geschrieben. Der Neuropsychologe Oliver Sacks erzählt hier zwanzig Geschichten von Menschen, die "aus der Normalität gefallen" sind. Er beschreibt hochinteressante Fälle aus seiner Arbeitspraxis als Neurologe und so trifft der Leser auf die unterschiedlichsten Menschen, die alle eines gemeinsam haben: Sie leiden unter einer Störung ihrer Gehirnfunktionen, was bisweilen kuriose Folgen nach sich zieht.
Die Geschichten, die Sacks anschaulich und auch für medizinische Laien verständlich erzählt, reichen von bizarr bis hin zu tragisch-komisch; sie sind aber alle ausnehmend interessant. Den einzelnen Patientengeschichten folgt jeweils eine mehrseitige Erklärung der neurologischen und medizinischen Gegebenheiten des Falles.

Unter anderem schildert Sacks in seinem Buch den Titel gebenden Fall des Mannes, der seine Frau mit einem Hut verwechselt und der weder Gegenstände noch Gesichter erkennen oder in einen sinnvollen Zusammenhang bringen kann. Anrührend und fast traurig ist die Geschichte von "Witty Ticcy Ray", der unter dem Tourette-Syndrom leidet und der von "witzigen Ticks und tickigen Witzeleien" nur so sprüht. Obgleich seine Ticks ihn im Alltag behindern, entscheidet Ray sich nach einer Therapie mit Psychopharmaka bewusst für seine Krankheit, weil er die Langeweile und Nüchternheit des normalen Alltags nicht erträgt. Hier lässt Sacks den Leser erahnen, dass das "Normale" nicht immer der einzig wahre Weg ist, sein Leben zu meistern.
Weitere Geschichten handeln von einer Frau, die ihre linke Körperhälfte nicht wahrnimmt, so dass sie nur die Hälfte ihres Gesichts schminken kann, von einem Mann, der nach längerem Drogenkonsum eines Morgens mit dem Geruchssinn eines Hundes erwacht ("Der tapfere Geruch eines Steins... der glückliche Geruch von Wasser...") und von einem Patienten, der sein eigenes Bein als Fremdkörper betrachtet und sich beim Versuch, das grausige Bein loszuwerden, selbst aus dem Bett wirft.
Natürlich darf man beim Lesen trotz der gelegentlichen Situationskomik nicht vergessen, dass es sich nicht um eine Ansammlung von Kuriositäten handelt, sondern um authentische Fälle kranker Menschen, die einen Großteil ihres Lebens unter keinerlei Beschwerden litten. Von diesen Patientenschicksalen zu lesen ist oft verstörend für den gesunden Leser. Vor allem die Tatsache, dass viele von Sacks' Patienten begreifen, was mit ihnen geschieht, dies aber nicht verhindern oder ändern können, macht zutiefst hilflos. Die Episoden führen uns vor Augen, dass neurologische Erkrankungen theoretisch jeden aus heiterem Himmel treffen können.

Insgesamt ein sehr unterhaltsames, aber ernstes Buch mit interessanten Einblicken in die Neurologie und Psychologie. Der Autor Oliver Sacks wurde übrigens durch die Verfilmung "Awakenings" mit Robert de Niro und Robin Williams in den Hauptrollen weltberühmt.

Christina Liebeck



Taschenbuch | Erschienen: 18. Februar 2009 | ISBN: 9783499187803 | Originaltitel: The Man who mistook his Wife for a Hat | Preis: 8,90 Euro | 319 Seiten | Sprache: Deutsch

Bei Amazon kaufen


Ähnliche Titel
Überlebenskunst - Kreativität als RessourceOnkel WolframAuf der Suche nach dem GedächtnisNoch eine Runde auf dem KarussellHirnforschung für Neu(ro)gierige