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 Der Tag, an dem ich starb


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Paul ist sechzehn und besucht in seiner Schule eine Klasse für weniger begabte Schüler - die Klasse, in der eigentlich nur Idioten sind, in der es nur Lärm und Krawall gibt und die Lehrer hauptsächlich für Ruhe sorgen müssen anstatt Wissen zu vermitteln. Dabei ist Paul alles andere als dumm. Mit großer Klarheit durchschaut er die Mechanismen von Terror und Unterdrückung, die an der Schule alles beherrschen. Schüler schikanieren andere Schüler, und sogar die Lehrer beteiligen sich, bis auf einige wenige Ausnahmen, die eher traurige Gestalten sind und sich nicht durchsetzen können.
Der Schlimmste von allen ist Roth, vor dem ausnahmslos alle Angst haben. Mit seiner Gang und mithilfe von brutaler Gewalt verbreitet Roth Angst und Schrecken. Durch eine eher harmlose Episode lenkt Paul die Aufmerksamkeit von Roth auf sich und wird damit unerbittlich hineingesogen in einen Strudel aus Psychoterror und Gewalt, aus dem es kein Entrinnen geben kann …

"Der Tag, an dem ich starb" ist der dritte Jugendroman von Anthony McGowan und ungewöhnlich drastisch, wie auch schon der Titel - oder besser noch der Originaltitel "The Knife that killed me" - und das explizit gestaltete Umschlagcover andeuten. Das hier ist keine der Schulgeschichten, in denen es ein bisschen Mobbing und Gewalt und am Ende eine befriedigende Lösung für alle gibt, wo die Guten siegen, die Lehrer eingreifen und die Schlechten letztendlich bestraft werden. Wie ein klassisches Drama steuert dieses Jugendbuch unaufhaltsam auf sein schlimmes - und durchaus überraschendes - Ende zu, das sich in einem beklemmenden, fast apokalyptisch anmutenden Showdown entlädt, der Paul verwundert feststellen lässt: "Ich wusste nicht, dass es so weit kommen würde, zum Beißen, zum Auffressen. Sind wir wirklich Tiere?"

McGowans Schilderung des Schulalltags ist furchtbar eindringlich und vor allem ziemlich realistisch. Bedenkt man, dass in London im Jahr 2008 mehr als 25 Jugendliche von Gleichaltrigen erstochen oder erschossen wurden, wirken die Schilderungen des Autors mehr als lebensnah, ist es plötzlich nicht mehr so undenkbar, dass Kinder mit Messern bewaffnet in die Schule gehen und diese auch einsetzen.
Roth, der "Böse" in diesem Roman, ist nicht der durchschnittliche, tumbe Schulbully, der andere Kinder aus Spaß quält und unterdrückt, sondern er ist bösartig, manipulativ und intelligent. Paul erkennt früh, dass Roth tatsächlich wahnsinnig ist - gleichzeitig fühlt er sich aber auf perverse Art und Weise von dem Schulschläger anerkannt und geschmeichelt, als dieser ihn clever für seine Zwecke einbindet.
Im Laufe der Geschichte gibt es für Paul einige Szenen, die Wendepunkte zum Guten für ihn bedeuten könnten - so schließt er bald Freundschaft mit einer der Randgruppen des Schulhofs, mit den "Freaks". Deren Anführer, der charismatische Shane, wirkt wie ein strahlender Gegenentwurf zu Roth, dieser Verkörperung des Bösen. Doch auch diese Freundschaft kann Paul und den Verlauf der Geschichte nicht mehr retten. Im Gegenteil, Shane führt Paul dessen eigene gefühlte Unzulänglichkeit und die seiner ungebildeten, einfachen Eltern noch deutlicher vor Augen.

Der Autor schildert diese Geschichte aus der Sicht von Paul. Als Ich-Erzähler beweist der Junge ungewöhnlichen Scharfsinn, erkennt, dass er, einmal in die Klasse der "Dummen" eingeteilt, aus dieser Schublade nie mehr ausbrechen kann. Glasklar begreift er auch die grausamen Mechanismen des Mobbings von Schwächeren: "Keiner von uns konnte sich dieser faszinierenden Demonstration von Macht und Verachtung entziehen. Fast lag so etwas wie Begeisterung im Raum. Maddy war die Christin, die den Löwen vorgeworfen wurde, und wir waren das Volk von Rom, das bei jedem Biss jubelte."

Fazit: "Der Tag, an dem ich starb" ist beklemmend, voller teils heftiger Gewaltdarstellungen und gleichzeitig hoch spannend und intelligent geschrieben. Dieser Roman hält kein Happy End bereit und für den Leser im Grunde genommen auch keine Lösung für Gewalt und Angst - allein deshalb ist das Buch auf jeden Fall für etwas ältere Leser geeignet. Eine spannende Lektüre für Jugendliche ab etwa 14 Jahren, die betroffen macht.

Christina Liebeck



Hardcover | Erschienen: 01. Juni 2009 | FSK: 14 | ISBN: 9783473353095 | Originaltitel: The Knife that killed me | Preis: 16,95 Euro | 250 Seiten | Sprache: Deutsch

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