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Der britische Meisterdetektiv Sherlock Holmes gehört zu den am häufigsten in Film und Fernsehen dargestellten Romanfiguren. Der Großteil der Holmes-Verfilmungen orientiert sich dabei jedoch nur schwach an den Geschichten aus der Feder von Sir Arthur Conan Doyle. Eine Ausnahme bildet die von der englischen Produktionsfirma Granada produzierte "Sherlock Holmes"-Serie, die von vielen Fans auch heute noch als eine der besten "Sherlock Holmes"-Verfilmungen angesehen wird. Leider wurde nicht einmal die Hälfte der produzierten Folgen ins Deutsche synchronisiert. Bereits in dem
DVD-Set zur zweiten Staffel waren die letzten vier Folgen nur noch mit englischer Tonspur enthalten. Nun jedoch ist ein kleines Wunder geschehen: Aufgrund des Erfolges der DVDs zu den ersten beiden Staffeln hat Kochmedia nun die Kosten und Mühen auf sich genommen, auch noch die übrigen zwölf Folgen zu synchronisieren und als "Sherlock Holmes – Die 3. und 4. Staffel" zu veröffentlichen.
Die Rolle des Meisterdetektivs wird von Jeremy Brett gespielt, der sich nach anfänglicher Skepsis derart tief in die Materie eingearbeitet hatte, dass er zum strengsten Verfechter der Werktreue dieser Serie wurde. Als Zuschauer erfährt man dieses Engagement mit jeder Szene, die Brett im Bild ist. Er verkörpert Holmes als Exzentriker, der sich seiner Überlegenheit vollauf bewusst ist, aber auf der Suche nach Spuren auch auf allen Vieren durch Uferschlamm kriechen kann – sehr zum Befremden seiner Begleiter. Brett zur Seite steht Edward Hardwicke, der den Doktor Watson im Gegensatz zu vielen seiner Vorgänger nicht zum Stichwortgeber und Pausenclown degradiert, sondern ihn als gleichwertigen Freund und Chronisten des Detektivs darstellt – auch wenn Watson immer wieder dem schwer einschätzbaren Temperament Holmes' ausgesetzt ist. Aber auch das übrige Ensemble kann überzeugen, und es verwundert nicht, in manchen Nebenrollen heute bekannte Schauspieler wie Jude Law und James Purefoy zu erkennen. Zu guter Letzt muss auch noch ein Wort über die verwendete Ausstattung verloren werden. Im Gegensatz zu mancher Produktion, die durch den inflationären Einsatz künstlicher Nebelschwaden Kosten einzusparen versucht, konnte Granada mit dieser Serie wieder einmal unter Beweis stellen, dass sich die Engländer auf Epochen-TV verstehen. Zahllose englische Herrenhäuser und Landsitze wurden für Außenaufnahmen verwendet, die Innenräume stilvoll und glaubwürdig nachgebaut, während die getragenen Kostüme sehr gut den konservativen Ton des Viktorianismus widerspiegeln.
Die Serie könnte perfekt sein, wenn sie nicht auch Zeugnis des ganz persönlichen Dramas des Hauptdarstellers wäre. Seit dem Tod seiner Frau litt Jeremy Brett unter schwersten Depressionen, gegen die er starke Medikamente nahm, was ihn wiederum körperlich sehr stark belastete. So wirkt Brett vor allem in den letzten Folgen sehr aufgeschwemmt, und ist nicht mehr in der Lage, seine Körpersprache in das Schauspiel miteinzubeziehen. In einer Folge war er derart geschwächt, dass das Drehbuch umgeschrieben werden musste und Sherlocks Bruder Mycroft Holmes den Fall löste. Aufgrund seiner Krankheit war es Brett nicht mehr vergönnt, alle Geschichten von Doyle zu verfilmen. Er verstarb 1995, ein Jahr nach Abschluss der Dreharbeiten. Sherlock Holmes, die Rolle, die er aus Angst vor Festlegung nur zögerlich annahm, wurde somit zu seinem Epitath.
Umso löblicher ist es, dass Kochmedia sich entschlossen hat, auch die letzten beiden Staffeln nachzusynchronisieren. Zwar wirken die neuen Stimmen von Holmes und Watson anfangs etwas ungewohnt, doch schon sehr bald kann diese Neubearbeitung durch ihre Qualität überzeugen. Wer der englischen Sprache einigermaßen mächtig ist, dem sei angeraten, die Folgen im Originalton zu sehen, gegebenenfalls mit deutschen Untertiteln. Aber keine deutsche Synchronisation kommt an die energiegeladene, schneidende Stimme eines Jeremy Brett heran.
Leider kann auf die Ausstattung des DVD-Sets nicht weiter eingegangen werden, da dem Rezensenten nur Presse-DVDs vorlagen.
Man kann Kochmedia nicht genug dafür danken, "Sherlock Holmes – Die dritte und vierte Staffel" nachträglich synchronisiert haben zu lassen. Der deutsche Zuschauer kommt somit in den Genuss von zwölf weiteren genialen Episoden aus dem Leben des berühmten Meisterdetektivs. Diese Serie zeigt deutlich, dass man auch in heutiger Zeit noch mit einer ruhigen, aber qualitativ hochwertigen Inszenierung große Popularität gewinnen kann. Es müssen eben nicht immer schnelle Schnitte und bunte Action sein. "Sherlock Holmes" ist in zweierlei Hinsicht ein epochengeprägtes Stück TV-Geschichte: Einerseits durch den viktorianischen Rahmen, in dem die Handlung stattfindet, aber andererseits auch als Zeugnis einer Zeit, in der die Produktionsfirmen noch Mut zum Risiko hatten. Eine Zeit übrigens, die noch gar nicht so lange zurückliegt.