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 Pandemie - Auf Messers Schneide (1. Erweiterung)


Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Glück
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Spielregel
Strategie
So manch einer mag sich im letzten Jahr sicherlich gewundert haben, dass gerade passend zum Medienrummel ein Spiel namens „Pandemie“ in den Läden steht – und dazu sogar noch eins mit einer „Spiel des Jahres 2009“-Nominierung. Vom Marketing-Standpunkt her war die Schweinegrippe also nicht das Schlechteste, was „Pandemie“ passieren konnte – aber natürlich war diese reale globale Entwicklung reiner Zufall, schließlich ist Matt Leacocks Spiel bereits zwei Jahre alt. Auch bei der ersten Erweiterung, „Auf Messers Schneide“, ist es wahrscheinlich keine große Absicht, dass sie mit gutem Timing auf den Markt gebracht wird. Doch während die Schweinegrippe im Auge der Öffentlichkeit langsam an bedrohlichem Potenzial verliert, wird in „Auf Messers Schneide“ natürlich alles nur noch schlimmer.

Drei neue Varianten kann man nun in das Spiel der globalen Seuchenbekämpfung einführen. Die erste ist der "Virulente Stamm". Hierfür werden neue Epidemie-Karten in den Stapel gemischt, die bei Auftreten eine der vier Seuchen mutieren lassen. Von nun an zeigt diese Seuchenfarbe einige unangenehme Zusatzeffekte. Beispielsweise braucht man eine Karte mehr, um die Heilung zu finden oder ist man gezwungen, diese Seuche zu behandeln, wenn man in einer entsprechenden Stadt steht.

Etwas anders funktioniert die Herausforderung „Mutation“, die eine fünfte, violette Seuche in das Spiel einführt. Das Auftreten dieser Seuche wird über spezielle Karten in den zwei Stapeln geregelt – grundsätzlich kann sie überall auf dem Erdball auftauchen, und gemeinerweise können von ihr nur zwölf Seuchenwürfel auf den Plan gebracht werden, sodass ihr Vorrat meist schnell aufgebraucht ist. So muss man entweder mit fünf beliebigen Handkarten (von denen eine eine infizierte Stadt zeigen muss) die violette Seuche heilen oder sie komplett vom Spielplan entfernen, um zum Schluss zu gewinnen.

Die dritte große Erweiterung führt einen menschlichen Gegenspieler ein – den Bioterroristen. Auf viele Arten hätte man sich diesen Gegner in „Pandemie“ vorstellen können, so überrascht es ein wenig, dass sich die Rolle des Terroristen ganz ähnlich wie die des Mr. X in „Scotland Yard“ spielt. Der Bioterrorist ist nach dem Zug jedes Spielers dran und zieht mit seiner Figur verdeckt über den Plan, indem er seine Bewegungen geheim auf einem vorgefertigten Bogen aufschreibt. Er verwendet die Infektionskarten als Handkarten und kann mit ihnen über den Plan reisen, Forschungsstationen sabotieren und – ganz ähnlich wie in der Herausforderung „Mutation“ – die violette Seuche auf den Plan bringen. Die anderen Spieler können den Terroristen jedoch gefangen nehmen, wenn sie mit ihm zusammen auf einem Feld stehen, und eine Aktion ausgeben.

Obendrein gibt es natürlich noch mehr vom Bekannten: Satte acht neue Rollen führt „Auf Messers Schneide“ ein, und mit Ausnahme der Epidemiologin sind sie alle sehr nützlich, um der weltweiten Krankheiten Herr zu werden. Ab sofort wird offiziell ein fünfter Spieler zugelassen. Außerdem gibt es praktische neue Ereignisse und eine siebte Epidemie-Karte, um das Grundspiel im Schwierigkeitsgrad „Legendär“ zocken zu können, der nur mit einer gehörigen Portion Glück und routinierter Koordination zu bewältigen ist – aber bei weitem nicht unmöglich zu schaffen. Die netteste Erweiterung ist vielleicht die Dreingabe von sechs Petrischalen, in denen man die Seuchenwürfel lagern kann – so versteht man es, eine Spieleschachtel angemessen zu füllen!

„Pandemie“-Fans können bei dieser Erweiterung getrost zugreifen, denn mit „Auf Messers Schneide“ wird ihr Spiel anspruchsvoller und abwechslungsreicher – das jedoch nur bis zu einem gewissen Grad, denn in keiner der Varianten ändert sich grundsätzlich etwas am immer gleichen Spielablauf. Es sei denn natürlich, man spielt den Bioterroristen. Bei dem stellt sich jedoch leider kein wirkliches Gefühl von Gegeneinander ein, die Spieler kämpfen in erster Linie immer noch gegen das Spiel und nicht gegen den Terroristen, der ihnen höchstens ein paar Nadelstiche versetzen kann und das Spiel meistens deswegen gewinnt, weil es für die Helden eh schlecht aussah – wie ein echter Gewinner fühlt man sich da nicht. Gerade die interessanteste Erweiterung setzt „Auf Messers Schneide“ also leider in den Sand. Nur kann man jetzt immerhin nicht mehr sagen, dass man „Pandemie“ zu leicht findet, lässt sich der Schwierigkeitsgrad doch schön hoch schrauben. Neue Herangehens- und Denkweisen fordert das jedoch nur selten, eigentlich braucht man als routinierter Spieler nur noch mehr Glück, um zu gewinnen …

Den ernsthaften Grafikstil des Vorgängers setzt „Auf Messers Schneide“ fort, wobei sich hier auch Grund für den einen oder anderen Schmunzler ergibt. Das Bild der Archivarin etwa sieht ein wenig zu sehr nach einer unartigen Krankenschwester aus, und der Bioterrorist schaut ein wenig aus, als würde er in Mamis Keller mit Mein-erster-Bio-Baukasten spielen und dazu die Band Biohazard hören. Aber eine düstere Darstellung mit Sturmhaube und Co. wäre dann vielleicht doch ein wenig zu nah dran an der Realität. Doch andererseits: Wenn man so etwas geschmacklos findet, würde man dann nach dem letzten Jahr wirklich noch ein Spiel namens „Pandemie“ spielen?

Julius Kündiger



Brettspiel | Erschienen: 21. Oktober 2009 | Originaltitel: Pandemic - On the Brink | Preis: 21 Euro | für 2 - 5 Spieler | Sprache: Deutsch

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