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 Bibliothek des Grauens, Band 9: Historische Serienmörder, Band II

Menschliche Ungeheuer vom späten Mittelalter bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts


Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Serienmörder üben eine ungebrochene Faszination auf viele aus – das mag daran liegen, dass ihre Taten einen gewissen Grusel und Nervenkitzel bieten, eine morbide Anziehungskraft, eine verquere Gedankenwelt, die man als normaler Mensch nur mühsam nachvollziehen kann. Serienmörder hat es in der Geschichte der Menschheit schon immer gegeben, wenngleich sie in früheren Tagen weniger häufig als solche erkannt wurden und natürlich auch die extreme mediale Aufmerksamkeit, die sich heute um sie dreht, fehlte beziehungsweise nur regional vorhanden war.
Der Kirchschlager Verlag hat nun mit seinem zweiten Band von "Historische Serienmörder" erneut einen Blick auf einige interessante und bemerkenswerte Fälle geworfen und zeigt auch in dieser Fortsetzung "menschliche Ungeheuer vom späten Mittelalter bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts". Insgesamt neun Textbeiträge unterschiedlicher Autoren sind in diesem Band versammelt.

Den Auftakt macht Michael Horn mit einem ausführlichen Beitrag über die Familie Pämp, auch "Pappenheimer" genannt (die gleichlautende Redewendung hat übrigens einen anderen Ursprung). Mit Hilfe zahlreicher originaler Dokumente und illustriert mit Abbildungen beschreibt Horn die Ereignisse um diese mörderische Familie und deren grauenvolle Hinrichtung im Jahre 1600, mit der das gruselige Kapitel "Pappenheimer" geschlossen wurde. Im Mittelpunkt stehen hier weniger die Taten an sich, sondern vielmehr die ausführliche Aufarbeitung des Kriminal- und Hexenprozesses, der sich anschloss.

Es folgt "Die Beichte der Marquise de Brinvilliers", geschrieben von Michael Kirchschlager. Es handelt sich bei der Dame um eine der bekanntesten Giftmörderinnen der Kriminalgeschichte, insgesamt ermordete sie Ende des 17. Jahrhunderts mindestens drei Menschen – ihren Vater und ihre beiden Brüder -, es dürften aber weitaus mehr Opfer gewesen sein, nur konnten diese Verbrechen nie stichhaltig nachgewiesen werden.

Der dritte, recht kurze Beitrag wirft – übrigens ohne die Nennung eines Autors - einen Blick auf die "hölzernen Kreuze", eine bestimmte Stelle an einem katalanischen Gebirgspass, an dem sechs hölzerne Kreuze daran erinnern, dass sich hier im 19. Jahrhundert sechs Morde ereigneten, begangen von einem gewissen Venceslav Uriarte.

Der vierte Textbeitrag von Richard Wosnik berichtet von der "Engelmacherin" Elisabeth Wiese, einer deutschen Hebamme, welche wegen fünffachen Kindsmordes verurteilt und im Jahr 1905 hingerichtet wurde. Die Verbrechen zeichneten sich durch ihre große Kaltblütigkeit aus, denn Wiese beging die Morde aus reiner Gier – sie bot Frauen, welche gerade ein Kind bekommen hatten, ihre Dienste als Pflegemutter an und nahm dafür eine Geldsumme an. Dann gab sie vor, die Kinder an Pflegefamilien vermittelt zu haben, in Wahrheit aber tötete sie sie und verbrannte die Leichen.
Im nächsten Beitrag widmet sich Michael Kirchschlager dem deutschen Frauenmörder Friedrich Louis Koch, der fünf abscheuliche Morde beging und im Jahr 1909 hingerichtet wurde.

Es folgt ein Kriminalfall aus Großbritannien, der sich Anfang des 20. Jahrhunderts zutrug: Der Täter George Joseph Smith nutzte eine perfide Methode, um insgesamt drei seiner Ehefrauen zu töten. Interessant ist an dieser Geschichte vor allem die Schilderung der kriminalistischen Technik, mit der der ermittelnde Detective letztendlich auf die Spur des Mörders kam – er stellte in einem Experiment nach, wie sich die Taten ereignet haben könnten, was beinahe zum Tode einer der teilnehmenden Frauen führte.

Ein düsteres Kapitel schlägt danach Armin Rütters mit seinem ausführlichen Bericht über die Taten von Karl Denke auf, einem sehr bekannten deutschen Serienmörder, der im Jahr 1924 verhaftet wurde, nachdem sein letztes Opfer in letzter Sekunde schwerverletzt entkommen konnte. Der schaurige Bericht geizt nicht mit Bildmaterial, das sich für Zartbesaitete nur bedingt eignet; hier sieht man unter anderem den toten Karl Denke nach seinem Selbstmord, aber auch eine Reihe von "Andenken", die der Mörder von seinen Opfern aufbewahrte, unter anderem gesammelte Zähne, aus Menschenhaut gefertigte Gebrauchsgegenstände und dergleichen.
Schließlich wirft Wolfgang Krüger einen Blick auf den Mörder Eugen Weidmann, einen Deutschen, der in Frankreich sechs Morde beging und schließlich im Jahr 1939 hingerichtet wurde; es handelte sich um die letzte öffentlich vollzogene Hinrichtung in Frankreich.

Der letzte Beitrag im Buch ist von Petra Klages. Unter dem Titel "Brieffreundschaft mit einem Serienmörder" entwirft sie das Profil eines Serienmörders unter Einbeziehung begleitender Umstände in der Kindheit. Der Beitrag ist ein Auszug aus dem gleichnamigen Buch, das 2010 bei Kirchschlager erscheint, und beruht anscheinend auf einer Veröffentlichung von Petra Klages aus dem Jahr 2008, die sich unter dem Titel "Vom Opfer zum Serienmörder. Die exemplarische Darstellung einer authentischen Geschichte der Opfer-Täter-Entwicklung" mit dem Mörder Axel F. auseinandersetzt.

"Historische Serienmörder, Band II" hinterlässt einen durchaus gemischten Eindruck. Zum einen sind hier außergewöhnliche und historisch sehr interessante Begebenheiten versammelt und durch eine Vielzahl von historischen Dokumenten, Bildmaterial und dergleichen illustriert worden. Das schließt nicht nur Fotos ein, sondern eben auch Holzstiche, Abbildungen zeitgenössischer Dokumente, etwa ein Flugblatt aus dem Jahr 1600, und künstlerische Verwertungen der beschriebenen Fälle, die natürlich schon vor vielen hundert Jahren die Fantasie anregten. Das Buch setzt dabei nicht nur auf spektakuläre Schockeffekte, auch wenn die vier auf dem Buchcover gezeigten Bilder – unter anderem der tote Karl Denke und ein teilweise gehäutetes menschliches Bein – das auf den ersten Blick vermuten lassen. Die beschriebenen Serienmörder dürften zumindest teilweise eher unbekannt sein und die ausführliche Aufarbeitung der Geschehnisse ist daher auf jeden Fall beeindruckend, gibt sie doch äußerst interessante Eindrücke von geschichtlichen Hintergründen, von der Lebens- und Denkweise der Menschen in den letzten Jahrhunderten sowie der Kriminalgeschichte und den Methoden, derer man sich bei der Aufklärung von Verbrechen bediente. Hinten im Buch finden sich Quellenangaben zu den einzelnen Beiträgen, mit denen man auf Wunsch das Gelesene vertiefen kann.

Weniger gut gelungen ist zumindest teilweise der Schreibstil der Autoren. Manche Beiträge hätten ganz dringend einer Überarbeitung und eines kritischen Lektorats bedurft, weil sie so unbeholfen und stilistisch umständlich geschrieben sind und dadurch schwer lesbar; andere sind hingegen gut geschrieben und konsequent aufgebaut. Anstrengend ist auch die großzügige Einflechtung originaler Textstellen, zum Beispiel aus Zeugenaussagen, vor allem in der ersten Geschichte um die "Pappenheimer", ohne eine entsprechende "Übersetzung" an gleicher Stelle, die den Lesefluss vereinfacht hätte. Insgesamt sind die Beiträge von sehr unterschiedlicher Qualität, Aufmachung und Struktur – manches ist durchdacht, anderes chaotisch aufgebaut, vor allem gibt es im Prinzip nichts, das die Beiträge als Ganzes zusammenhält mit Ausnahme der Tatsache, dass sie alle von Serienmördern handeln; eine etwas einheitlichere Linie hätte dem Buch sehr gut getan.
An der Qualität der Aufmachung hingegen gibt es nichts zu meckern – das Buch kommt als stabiles Hardcover mit Lesebändchen daher, die Qualität der Abbildungen, welche durchgängig schwarzweiß sind, ist gut.

Fazit: Interessante historische Fälle, mit viel Liebe zum Detail rekonstruiert, aufbereitet und durch zahlreiche Originaldokumente untermauert. Ärgerlich ist aber der teilweise laienhafte, umständliche Schreibstil, der sich durch manche Beiträge und der damit das Niveau nach unten zieht.

Christina Liebeck



Hardcover | Erschienen: 1. April 2009 | ISBN: 9783934277250 | Preis: 22,00 Euro | 280 Seiten | Sprache: Deutsch

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