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 Die Magier von Montparnasse


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
"Und täglich grüßt das Murmeltier"? Wohl nicht. In Oliver Plaschkas Roman "Die Magier von Montparnasse" könnte es höchstens "Und täglich grüßt der Magier" heißen. Der Autor hat eine sehr ungewöhnliche Geschichte erschaffen, die ohne Drachen, Einhörner und kleine Glitzerfeen auskommt und ihre Leser trotzdem von der ersten Seite an verzaubert und in eine absolut magische Welt entführt. Diese besteht zu einem großen Teil aus einem einzigen Ort: dem Jardin in Paris, einem kleinen Hotel mit angeschlossener Bar. Es gehört Alphonse und seiner Frau Esmée, außerdem arbeitet hier die Kellnerin Justine. Der Zauberkünstler Ravi und seine Assistentin Blanche haben im Jardin ein Zimmer bezogen und spielen jeden Abend im Bobino ihre Show. Doch als die Technik versagt, muss Ravi echte Magie wirken, um sich und Blanche zu retten. Am gleichen Abend kosten beide von einem Apfel, womit Blanche ein Versprechen einlösen will. Sie fällt in einem lange andauernden Schlaf.
Besonders merkwürdige Auswirkungen hat dies für Ravi, denn Blanche erwacht (noch) nicht am nächsten Tag wieder, wie sie es angekündigt hat, sondern er erlebt wieder den gleichen Tag, den er bereits hinter sich gelassen glaubte. Schnell merkt Ravi, dass etwas wirklich Großes vor sich geht und ahnt, dass es etwas mit der echten Magie zu tun hat, die gewirkt wurde. Die Société Silencieuse, die für die Magie in der Welt und ihre Anwendung zuständig ist, schaltet sich ein, wirkt aber im Verborgenen und gibt keine Informationen preis, wie so ziemlich jeder, der an diesem merkwürdigen Spiel beteiligt ist. Es tauchen immer mehr Spielfiguren auf, wie Mister Barneby, ebenfalls ein Zauberer, die schwarzhäutige Celeste oder der junge Schriftsteller Gaspard. Doch was für ein Spiel wird hier wirklich gespielt? Wer sind die Spieler, wer nur Figuren? Und was muss getan werden, um die Zeit wieder zurechtzurücken?

Der Roman ist nicht unbedingt einfach zu lesen, denn er wechselt immer wieder zwischen den einzelnen Personen, die jede aus der Ich-Perspektive schildern, wie sie die jeweilige Situation erleben. Es erfordert gerade zu Anfang durchaus einiges an Konzentration, sich in diese Art des Schreibens einzufinden. Insgesamt macht Oliver Plaschka es seinen Lesern nicht unbedingt leicht, sondern fordert sie mit jeder Eröffnung, die er macht und mit der immer wieder neue Rätsel entstehen. Nicht wenige werden erst spät oder gar nicht aufgelöst und man muss sich sehr intensiv mit der Geschichte beschäftigen, um wirklich zu ergründen, was passiert.

"Die Magier von Montparnasse" spielt im Jahr 1926 und lässt vor dem inneren Auge schnell eine sehr authentische Welt aus dieser Zeit entstehen. Obwohl sich der Autor kaum mit aufwändigen Beschreibungen der Umgebung aufhält, bekommt man doch einen guten Eindruck von ihr. Das Wissen darum, wie etwas aussieht, wird eher versteckt übermittelt und wie selbstverständlich weitergegeben.

Die besondere Stärke der Geschichte liegt in ihren Dialogen, denen eine ganz besondere Lyrik zu eigen ist und die nicht selten äußerst poetische Ansätze haben. Es macht Freunde, in den einzelnen Unterhaltungen zu versinken, vielleicht selbst Stellung zu beziehen und den kunstvollen Ausführungen zu folgen.

Erst ganz am Ende wird das größte Geheimnis offenbar und man sitzt staunend vor dem Buch und beginnt erst nach und nach alle Zusammenhänge zu begreifen - und das, obwohl der große "Showdown" schon recht früh stattfindet, was ebenso ungewöhnlich wie gelungen ist und den Figuren eine besondere Tiefe verleiht, da man sich eben auch noch ausführlich mit dem "Danach" beschäftigt.

Dieser Roman ist definitiv kein einfach zu lesender oder gar Literatur für zwischendurch. Wer sich auf Oliver Plaschkas magische Reise zu den Magiern von Montparnasse einlässt, wird aber mit einem ganz besonderen Juwel der deutschen Phantastik belohnt, das aus dem gewohnten Einheitsbrei aus Vampir- und Werwolfromanzen oder der gefühlt tausendsten Schlacht mit einem Drachen wie der Polarstern am Nachthimmel hervorsticht und hell leuchtet.

Bine Endruteit



Hardcover | Erschienen: 1. März 2010 | ISBN: 9783608938746 | Preis: 21,90 Euro | 428 Seiten | Sprache: Deutsch

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