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 Zeichnen und entwerfen mit der Comicademy: Character Design


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Einen eingehenden Blick in die Gestaltung gelungener Charaktere können angehende oder bereits passionierte Comiczeichner mit "Zeichnen und Entwerfen mit der Comicademy – Character Design" werfen. Auf gut 140 Seiten teilen die Autoren und Zeichner ihr Wissen und geben eine Menge praxisnaher Tipps und nützlicher Ratschläge.

Nach einem Vorwort von Dennis Formann, Herausgeber des Buches und Gründer der "Comicademy", geht es direkt los mit einer Einführung, die nicht nur den Inhalt des Buches selbst thematisiert, sondern auch auf das Thema "Innere Haltung und Motivation" eingeht. Im Anschluss wird ein Blick auf die "Hardware" für das Character Design geworfen, namentlich Material und Equipment. Autor Alexander Raphelt gibt hier nicht nur kurze Tipps zu analogen Werkzeugen – also Papier, Bleistifte, Tusche, Pinsel, Radierer, Lichtquellen, Lineal und dergleichen -, sondern bespricht auch die Rolle von digitalen Werkzeugen wie PC, geeignete Software, Grafiktablett und so weiter.

Keinesfalls vernachlässigen sollten angehende und auch fortgeschrittene Zeichner das nächste Kapitel, auch wenn hier noch nicht gezeichnet wird, sondern es mit dem Thema "Die Seele des Charakters" zunächst um die reine Theorie geht. Raphelt empfiehlt, zuerst ein Character Sheet für eine geplante Figur zu erstellen, um diese mit einem glaubwürdigen Hintergrund und passenden Eigenschaften zu füttern. Es heißt also nicht, gleich wild drauflos zu zeichnen, sondern erst mal eine Seele für eine Comicfigur zu erschaffen, damit das Ganze auch stimmig und glaubhaft wird. Dieses Kapitel ist wirklich interessant und beschreibt plausibel, warum es sich lohnt, sich im Vorfeld einige Gedanken zu seinem Comic-Charakter zu machen – wen soll die Figur überhaupt ansprechen? Bewegt sie sich schnell oder langsam? Wie detailliert ist sie ausgearbeitet? Alles Fragen, die die Figur und den gesamten Arbeits- und Schöpfungsprozess ganz entscheidend beeinflussen.
Nach ein paar weiteren kleinen Theorieeinheiten geht es dann im nächsten Kapitel endlich los! Oder zumindest fast - ein paar Vorbereitungen sind noch nötig, um seinen Arbeitsplatz und sich selbst startklar zu machen. Ungewöhnlich, aber praktisch: Der Autor erläutert hier einige ganz praktische Übungen zur körperlichen Lockerung, die vor dem Zeichnen als Vorbereitung dienen sollen, zum Beispiel Handgelenke kreisen lassen, Schultern lockern, Dehnen und Durchatmen. Außerdem gibt es einige Tipps und Zeichenübungen, um das Hirn gleichermaßen in Schwung zu bringen.

Und dann geht's wirklich los mit dem Kapitel "Die Praxis", an dem vier Co-Autoren mitgewirkt haben und jeweils einen Character vorstellen. Auf den ersten Blick wirkt es etwas dünn, dass hier nur vier Design Cases, also vier konkrete Comic-Charaktere, vorgestellt werden, aber wirklich nur auf den ersten Blick, denn natürlich stehen diese vier stellvertretend für alle weiteren Figuren. Anhand einer "Pink Princess" im Mangastil (Rebecca Jeltsch), eines Fantasy-Zauberers (Nadia Enis), eines Superhelden ("Skalar – Wächter der Galaxis", von Kostja Schleger) und abschließend einer ganzen Figurengruppe, der "Monster Force" (Regina Haselhorst), lernt der Leser, wie man gelungene Figuren erschafft und auf dem Papier oder am PC zum Leben erweckt. Alle vier Beispiele zeigen dabei die unterschiedlichen Stationen des kreativen Prozesses und geben Tipps und Hinweise zur Ideenfindung, zum Konzept, zu ersten Scribbles und Outlines.
Danach wird es handfester mit der Ausarbeitung am PC oder auf dem Papier, mit der Koloration, dem Hinzufügen von Details, dem finalen Rendering bzw. der Fertigstellung per Hand. Sehr nützlich ist hier auch der kleine Exkurs zum Thema Costume Design. Positiv ist, dass die vier vorgestellten Charaktere vom Stil her sehr unterschiedlich sind. So ist für jeden Geschmack etwas dabei und man hat eine gute Vorstellung davon, wie so ein Charakter von der ersten Idee bis zur fertigen Figur entsteht. Die vier Beispiele sind nicht zum Nachzeichnen gedacht – das Buch ist keine Zeichenschule -, sondern zeigen vielmehr anhand praktischer Beispiele, wie ein gelungenes Character Design eigentlich funktioniert. Natürlich kann man sich trotzdem von den hier präsentierten Figuren für eigene Projekte inspirieren lassen.

Den Abschluss des Buches macht nach diesem ausführlichen Praxisteil noch ein Kapitel zum Thema "Gutes Character Design – Schlechtes Character Design", das auf humorvolle Art und Weise typische Fehler aufzeigt und wie man sie vermeidet. Augenzwinkernd werden dann noch "Verlegenheitstattoos", die misslungene Heldenfiguren "zieren", und viel zu große "Scheinwerfer-" oder "Ballonbrüste" bei weiblichen Figuren als No-Gos genannt. Nach einem Nachwort beenden ein Glossar und ein Register das Buch.

Fazit: "Zeichnen und Entwerfen mit der Comicademy – Character Design" erweckt bei ganz flüchtiger Betrachtung eventuell den Eindruck, hier ginge es um eine Art Zeichenschule für die vier Figuren, die im Buch vorgestellt werden. Tatsächlich ist dieses Buch aber eine sehr gelungene, professionelle Anleitung zur Konzeption und Umsetzung glaubwürdiger Comic-Charaktere, die mit vielen Praxistipps sowohl Anfängern als auch Profis nützliche Denkanstöße gibt. Die vier vorgestellten Beispiele dienen nur dazu, eigene Ideen zu entwickeln und aufzuzeigen, dass einfach Drauflos-Scribbeln leider nicht ausreicht – ein stimmiges Konzept und einige Gedanken im Vorfeld müssen her, damit ein Character auch wirklich gut funktioniert und eine richtige Seele bekommt. Ein vielseitiges und dabei humorvoll geschriebenes Buch, das Comiczeichner als sehr hilfreich empfinden werden!

Zur Leseprobe auf der Verlagswebsite

Mehr Infos zur "Comicademy", die Ausbildungen zum Comiczeichner anbietet, gibt es auch unter www.comicacademy.de

Christina Liebeck



Softcover | Erschienen: 2. Mai 2011 | ISBN: 978-3426647141 | Preis: 16,99 Euro | 144 Seiten | Sprache: Deutsch

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