Media-Mania.de

 Alltag in der DDR: So haben wir gelebt

Manfred Beier: Fotografien 1949 – 1971 – Aus dem größten Privatarchiv der DDR

Autoren: Manfred Beier
Herausgeber: Nils Beier
Verlag: Fackelträger-Verlag

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Der Bildband "Alltag in der DDR – So haben wir gelebt" aus dem Fackelträger Verlag, herausgegeben von Nils Beier, öffnet die Tür zum Fotoarchiv des Lehrers und Amateurfotografen Manfred Beier, der in über 60.000 Fotos das Leben in der ehemaligen DDR dokumentierte. Dieser Schatz bildet laut Herausgeber das größte Privatarchiv der DDR und wird inzwischen vom Bundesarchiv in Koblenz verwaltet. Der vorliegende Bildband enthält davon über 300 Fotografien aus der Zeit von 1949 bis 1971. Der Großteil der Bilder ist schwarz-weiß, allerdings sind auch etliche frühe Farbfotos enthalten. Das Buch ist in verschiedene Themengebiete gegliedert, wie beispielsweise Familienleben, Arbeit oder Freizeit. Der Hauptstadt Berlin ist dabei ein eigener Abschnitt gewidmet, Bilder aus Berlin finden sich aber auch in allen anderen Abschnitten wieder.

Der Bildband ist qualitativ sehr hochwertig, die Papier- und Druckqualität ist sehr gut. Jedes Bild hat eine eigene Seite, so dass die Fotos Platz zum Wirken haben. Zu jedem Bild stehen einige Informationen bereit, insbesondere der Ort und die Zeit der Aufnahme werden genannt, meistens werden auch die abgebildeten Personen benannt. Dazu kommen oft noch kurze Hintergrundinformationen, die zwischen allseits Bekanntem und netten Anekdoten variieren, sich mitunter aber auch in eher langweiligen technischen Details verlieren.

Den Anfang des Bildbandes bildet eine siebenseitige Einleitung des Herausgebers Nils Beier, dem Sohn des Fotografen Manfred Beier. In dieser schildert er, wie er und sein Bruder nach dem Tod ihres Vaters das Fotoarchiv im Keller entdeckten und wie ihnen klar wurde, mit was für einem Schatz sie es zu tun hatten. Hierbei stilisiert der Herausgeber die Entdeckung zu einem Jahrhundertfund empor, welcher einmalige Einblicke in das reale Leben der untergegangen DDR ermögliche. Diese Einschätzung erscheint allerdings etwas überambitioniert, da die ehemalige DDR bereits sehr gut dokumentiert und in allen erdenklichen Formen und Bereichen erschlossen ist. Somit fügt sich der Bildband mit den Fotografien Manfred Beiers zwar gut in die Reihe der DDR-Bildbände ein, etwas wirklich Neues hinzufügen kann er aber eher nicht.

Bedauerlicherweise deckt der Großteil der Bilder nur die Zeit bis 1960 ab und nicht, wie der Titel erwarten lässt, bis 1971. Das bedeutet, dass das Buch hauptsächlich die Aufbaujahre der ehemaligen jungen DDR wiederspiegelt, in denen die Gemeinsamkeiten zur BRD noch relativ stark vorhanden waren. Die nachfolgenden Jahre werden bedauerlicherweise ziemlich vernachlässigt, und von der 'typischen' DDR, die sich nach dieser Zeit langsam herauskristallisierte, ist nur wenig zu sehen. Bürgerinnen und Bürger der ehemaligen DDR, welche in der Nachkriegszeit geboren wurden und hoffen, in diesem Buch die Szenen ihrer Jugend wiederzufinden, werden daher von dem Bildband vermutlich eher enttäuscht werden.

Bei den ausgewählten Fotografien handelt es sich weniger um typische Straßenfotografie, die Menschen in ihren echten, alltäglichen Handlungen einfängt, ohne dass die Personen auf den Fotografen aufmerksam werden und sich auf ihn einstellen. Vielmehr entsprechen die Bilder den typischen Familien-, Freunden- und Bekanntenfotos, auf denen die Abgelichteten wissen, dass sie fotografiert werden und artig für den Fotografen posieren, demzufolge wirken viele der Bilder gestellt. Allerdings gibt es auch immer wieder ein paar überraschende Ausnahmen, bei denen es Manfred Baier geschafft hat, eine kleine 'echte' Szene einzufangen, in der die abgebildeten Personen ungeniert sie selbst sind und deren Aufnahme durch ihre Natürlichkeit besticht.

Insgesamt ist das Buch "Alltag in der DDR" ein netter Bildband mit technisch guten Fotos über das Privatleben in der ehemaligen DDR, welcher insbesondere die 50er Jahre abdeckt. Wer sich für die Nachkriegszeit in Ostdeutschland interessiert, wird sicher einige interessante Einblicke finden. Wer allerdings Bilder aus der späteren Zeit der DDR ab 1960 oder typische Straßenfotografie sucht, wird mit dem Buch wohl eher weniger anzufangen wissen.

Laura Wasiluk



Hardcover | Erschienen: 22. September 2010 | ISBN: 978-3-7716-4467-3 | Preis: 29,95 Euro | 288 Seiten | Sprache: Deutsch

Bei Amazon kaufen


Ähnliche Titel
Nachtrag zur S-BahnArno Fischer: Fotografie / PhotographyLeben in TrümmernStraßenbahnen in der DDRBerlin