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 Friedrich Seidenstücker

Von Nilpferden und anderen Menschen / of Hippos and other Humans


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Die atmosphärischen Bilder des Berliner Fotografen Friedrich Seidenstücker haben es zu Bekanntheit und Popularität gebracht und wer sich mit dem jungen Berlin der Weimarer Republik beschäftigt, stößt beinahe zwangsläufig auf Seidenstückers Aufnahmen des Berliner Alltagslebens zu dieser Zeit. Dennoch war der Fotograf lange Zeit in Vergessenheit geraten und wurde erst in den 1980er Jahren als wichtiger Dokumentarist wiederentdeckt.

Die Berlinische Galerie präsentiert von Oktober 2011 bis Februar 2012 eine umfassende Retrospektive zu Friedrich Seidenstücker, in welcher über zweihundert Originalfotografien ausgestellt sind. Für alle diejenigen, die nicht die Gelegenheit haben, zur Ausstellung nach Berlin zu kommen, oder die Aufnahmen gerne für das eigene Zuhause haben möchten, bietet sich der Hardcover-Katalog "Friedrich Seidenstücker – Von Nilpferden und anderen Menschen" an, der begleitend zur Ausstellung bei Hatje Cantz erschien. Das Buch präsentiert Fotografien aus den Jahren 1925 bis 1958, daneben aber auch sieben Textbeiträge, die auf Seidenstückers Werk im Hinblick auf die Fotografiegeschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Bezug nehmen, sowie einen wissenschaftlichen Anhang.

Die Essays wurden dabei thematisch mit den Fotografien verknüpft, so dass immer ein Essay in ein Thema Seidenstückers einführt, woran sich dann dazu passende Aufnahmen anschließen. Die behandelten Themen schließen unter anderem den Blick auf Seidenstückers fotografischen Humor, seine Akt- und Zoofotografien, Aufnahmen des Berliner Alltagslebens der kleinen Leute sowie die Ruinen- und Trümmerfotografie nach Ende des Zweiten Weltkriegs mit ein. Da es sich bei dem Buch um eine zweisprachige Ausgabe handelt, sind im Anhang alle Katalog- und Anhangtexte in englischer Übersetzung zu finden. Die Bildunterschriften sind immer direkt unter beziehungsweise neben der Aufnahme in Deutsch und Englisch angegeben.

Dem Berliner Fotograf nahm es sich als großes Anliegen, den Alltag der ganz normalen Bürger zu fotografieren. Dabei verließ er wohl nie ohne Kamera das Haus und suchte die Plätze und Orte auf, an welchen sich die Berliner Bürgerinnen und Bürger gerne aufhielten und Seidenstücker genügend Inspiration boten: die Straße und der Zoologische Garten. Seidenstückers Fotografien zeugen von großem Humor, der in seinen Aufnahmen immer wieder ganz deutlich zum Vorschein kommt, und von der Freude des Fotografen, kleine Absurditäten und komische Momentsituationen als Aufnahme festzuhalten.

Obwohl der Fotograf als eher schüchtern und zurückhaltend galt, interessierte er sich doch sehr für das neue Frauenbild, das sich in den 1920er Jahren erstmals in Deutschland entwickeln konnte. Dabei interessierte ihn besonders die "neue Frau" im Alltagsleben und es gelang ihm, die Aufnahmen ganz von dem Esprit und Selbstbewusstsein der Frauen durchdringen zu lassen. Auch die erotische Komponente ist in diesen Bildern immer wieder vertreten, noch deutlicher tritt diese allerdings bei seinen Aufnahmen von Amateursportlerinnen sowie den Aktstudien zutage. Dass Seidenstücker jedoch nicht nur humorvolle Aufnahmen von Menschen und Tieren machen konnte, die zum Schmunzeln verleiten, beweisen seine Bilder des zerstörten Berlin, die die Not und Entbehrung der Menschen eindrücklich zum Ausdruck bringen.

Das Buch "Von Nilpferden und anderen Menschen" präsentiert einen abwechslungsreichen Überblick über Seidenstückers Fotografien und gibt anhand der verschiedenen Essays gleichzeitig einen tieferen Einblick in Leben und Werk des Berliner Fotografen. Ein sehr gelungener Ausstellungskatalog, der auch in Layout und Herstellungsqualität zu überzeugen weiß.

Eine ausführliche Leseprobe gibt es auf der Verlagsseite.

Laura Wasiluk



Hardcover | Erschienen: 7. Oktober 2011 | ISBN: 978-3775731317 | Preis: 39,80 Euro | 328 Seiten | Sprache: Deutsch / Englisch

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