Eine Liebesbeziehung zwischen zwei ausgesprochen kreativen Menschen, beide Künstler, beide selbstbewusst und auf der Jagd nach Erfolg, kann wohl nur explosiv sein. Ein extremes Beispiel hierfür ist die Ehe von F. Scott Fitzgerald, dem Schöpfer des "Großen Gatsby" und weiterer Werke, die Weltruhm erlangt haben, und seiner Frau Zelda, die ebenfalls eine Begabung als Schriftstellerin besaß, zudem malte und tanzte. Die Historikerin Michaela Karl hat sich gründlich mit dem schillernden Paar befasst und zeichnet in ihrer Doppelbiografie ein differenziertes Bild von diesen beiden Geschöpfen der "Roaring Twenties".

Als der Offizier, der unbedingt ein berühmter Schriftsteller werden möchte, in Alabama die kesse und unkonventionelle Südstaatenschönheit Zelda Sayre kennen lernt, "funkt" es zwar sofort, doch die beiden müssen noch warten, bevor sie heiraten können. Zeldas konservativen Eltern ist der Schwiegersohn in spe, der weder ein Vermögen noch eine sichere berufliche Laufbahn vorweisen kann, suspekt.
Es klappt jedoch mit der Eheschließung, und es auch Scotts Erfolg stellt sich ein. Die ersten größeren Honorare sorgen allerdings dafür, dass Zelda und Scott sich rasch daran gewöhnen, weit über ihre Verhältnisse zu leben. Ihre Partys sind legendär. Ihre, vor allem Scotts alkoholbedingte Abstürze auch. "Der große Gatsby" sorgt dafür, dass Scott als bedeutendster lebender amerikanischer Schriftsteller angesehen wird.

Doch die Exzesse aller Art, bei denen meist hohe Dosen Alkohol im Spiel sind, reiben die beiden auf. Scott kommt mit dem Schreiben nicht voran, Zelda fühlt sich an den Orten, an die er flieht, einsam. Es gibt schreckliche Szenen zwischen ihnen, Schulden drücken, Scotts Stern sinkt, und auch Zelda möchte den von Scott verwendeten Stoff, ihr gemeinsames Leben, für eigene literarische Versuche nutzen. Scott wehrt sich vehement dagegen.
Sie bleiben auf der Überholspur, können nicht mit- und nicht ohneeinander, und bald fordert das wilde, hemmungslose Leben einen grausamen Tribut.

Mit sehr viel Einfühlungsvermögen und unverhohlener Sympathie - die sie aber nicht an einem sachlichen Herangehen hindert - schildert die Autorin das Leben dieses außergewöhnlichen Paares. Beide werden von Kindheit an portraitiert. Michaela Karl versucht nachzuvollziehen, wie diese beiden Menschen sich zu den Persönlichkeiten entwickelten, als die sie aufeinandertrafen, wie sie einander beeinflussten und inspirierten, aber auch verletzten und behinderten, einander schließlich auch krank machten. Denn Scotts massiver Alkoholismus und Zeldas zerstörerische psychische Erkrankung resultierten mit Sicherheit zu einem nicht unerheblichen Teil aus ihrer Beziehung zueinander.

Der Leser lernt die Personen kennen, die für die beiden Protagonisten am wichtigsten waren: neben der Familie und einigen Schriftstellerfreunden nicht zuletzt auch zwei Lektoren, die bis zuletzt an F. Scott Fitzgerald glaubten. Zudem gelingt es der Autorin, dem heutigen Leser den durch die Prohibition nur angeheizten Lebenshunger der 20er-Jahre, ihren Rhythmus, ihre Leichtigkeit, die Scott und Zelda prägten, so zu vermitteln, dass er dieses "jazzige" Lebensgefühl nachempfinden kann. Das gilt ebenso für die ernüchternden Dreißiger, in denen die Fitzgeralds zu Fall kamen: Auch sie charakterisiert die Autorin vorzüglich. Ihr Augenmerk gilt zudem immer der Tochter des Paares, die dank kompetenter Nannys recht unbeschadet in diesem turbulenten Haushalt aufwuchs. All die Emotionen, die gewaltigen Höhen und die tiefen Abstürze erlebt der Leser fast hautnah mit und kann sich dem Charme der Portraitierten doch nicht entziehen.
Ein Seitenblock mit Fotos von Zelda und Scott - teils mit Tochter - gibt einen optischen Eindruck von diesen beiden Kindern ihrer Zeit und ihrem Umfeld.

Ein Buch, das man am liebsten am Stück lesen möchte, nach dessen Lektüre F. Scott Fitzgeralds Werke noch genialer wirken, das aber auch Zeldas nicht minder tragischen Charakter gleichberechtigt einfängt – eine gut erzählte, außergewöhnliche Biografie.

Eine Leseprobe befindet sich auf der Verlagsseite zum Buch.