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 Der Spion, der aus der Kälte kam

Autoren: John Le Carré
Übersetzer: Sabine Roth
Verlag: Ullstein

Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Es gibt Bücher, die gemeinhin als Klassiker bezeichnet werden. "Der Spion, der aus der Kälte kam" gehört zweifelsfrei zu dieser Gruppe, denn auch über 50 Jahre nach dem ersten Erscheinen wird das Buch immer wieder neu aufgelegt. In unzähligen Interviews hat John Le Carré seither dargelegt, unter welchen Umständen sein Erstlingswerk entstanden ist und wie es zu einem der berühmtesten Spionagethriller avancierte. Dass die Lektüre des Buches durchaus unbequem sein kann, macht der Autor auch in seinem kontroversen Vorwort noch einmal deutlich.

Alec Leamas, der leitende Mitarbeiter des Britischen Geheimdienstliches in Berlin, erwartet zur Zeit des Mauerbaus am Grenzübergang "Checkpoint Charlie" seinen letzten in Ostberlin eingesetzten Agenten. Kurz bevor dieser den westlichen Teil Berlins erreicht, treffen ihn jedoch mehrere tödliche Schüsse in den Rücken. Die Ermordung des Agenten wird dem brutalen Stasi-Offizier Mundt zugeschrieben, der in den zurückliegenden Monaten bereits einige Agenten aus Leamas' Netz enttarnt hat. Es scheint so, als wenn der Gegenspieler von Leamas nun endgültig die Oberhand gewonnen hätte.
Der glücklose Leamas wird zu einem Personalgespräch nach London beordert, in welchem seine Zukunft in und außerhalb des Geheimdienstes besprochen werden soll. Schnell wird Leamas klar, dass hier etwas Großes im Gange ist und seine Vorahnungen sollen sich bestätigen. Sein Auftrag für die nächsten Monate ist die gekonnte Inszenierung seines körperlichen und seelischen Verfalls, was zur Anwerbung durch den Geheimdienst der DDR führen soll. Das große Ziel dieser Doppelagenten-Posse ist die Diskreditierung von Mundt, wobei dessen Konkurrent innerhalb der Staatssicherheit, Fiedler, Hilfestellung geben soll.

In "Der Spion, der aus der Kälte kam" bedient sich der Autor einer stringenten und schnörkellosen Erzählweise, die den Leser zügig in die Handlung wirft. Die politischen Rahmenbedingungen und der Zustand Berlins im Jahr des Mauerbaus werden als bekannt vorausgesetzt, denn Le Carré verliert hierzu nicht viele Worte. Während im späteren Verlauf der Handlung Landschaften mit einem Hang zum Detail beschrieben werden, werden Szenen im urbanen Umfeld relativ lieblos abgehandelt.

Der Roman ist durchaus vielschichtig, wenngleich die Handlung schnell erzählt ist. Die Charaktere und deren Verwicklungen werden sehr plastisch dargestellt, doch neben dem intensiv beleuchteten Leamas verblassen die anderen Figuren ein wenig. Gerade dessen Gegenspieler hätte einen Tick mehr Aufmerksamkeit verdient, denn dessen prägende Charaktermerkmale, zum Beispiel sein Hass auf alles Jüdische, wird nur ansatzweise thematisiert. Auch Fiedler, der Nebenbuhler von Mundt, hätte mehr Raum verdient. Auf nicht einmal 300 Seiten wird das komplexe Geflecht zwischen den Personen erzählt, was sich spürbar in der Erzähltiefe bemerkbar macht.
Die Handlung schlägt einige Haken und am Ende des Romans steht ein kleiner Twist, der für viele nachfolgende Spionagethriller Vorbild gewesen sein dürfe.

Mit seinem stimmungsvollen Roman widmet sich der Autor dem Thema Spionage und Gegenspionage zur Zeit des Kalten Krieges und zeigt auf, was passiert, wenn Menschen zwischen die Fronten geraten. Carré zeigt mit seinem Erstling, wie Geheimdienste "ticken", wobei die Erzählung mitunter recht sperrig ist. Dennoch handelt es sich um einen zeitlosen Klassiker, der auch über zwanzig Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges immer noch lesenswert ist.

Eine Leseprobe liegt nicht vor. Alternativ bietet sich die Hörprobe des entsprechenden Hörbuchs an. (via Hörbuch Hamburg)

Ralf Strohbach



Hardcover | Erschienen: 12. April 2013 | ISBN: 978-3550080142 | Originaltitel: The Spy Who Came in from the Cold | Preis: 18,00 Euro | 280 Seiten | Sprache: Deutsch

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