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 Oh Du, geliebter Führer

Personenkult im 20. und 21. Jahrhundert


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Personenkult nimmt bisweilen groteske Züge an: ob Morgenandachten, umbenannte Straßen oder mehrtägige staatlich verordnete Kirchenmusik im Radio nach dem Ableben. All dies sind nur ein paar der markantesten Beispiele aus dem vorliegenden Sammelband "Oh Du, geliebter Führer", in welchem Autoren unterschiedlichster Provenienz verschiedene Herrscher und Kultfiguren vorstellen, um die sich ein Personenkult entsponnen hat. Hier finden sowohl die drei "großen Diktatoren" Hitler, Stalin und Mao Zedong ihren Platz als auch Populisten und Kultfiguren wie Kemal Atatürk, Evita Perón, Fidel Castro oder Nelson Mandela. Hinzu kommen Nationalisten, Militärkarrieristen und religiöse Führer sowie Monarchen und die im Buch als "kommunistische Nachahmer" bezeichneten Herrscherfiguren des Ostblocks und Nordkoreas.

In der Regel beschreibt jeder der 19 Aufsätze auf durchschnittlich 14 Seiten den Personenkult um eine konkrete Persönlichkeit. Hinzu kommen vier Aufsätze, welche das Phänomen "Personenkult" als solches in den Blick nehmen. Schwerpunkte sind hierbei die Rolle der Massenmedien, der Denkmal-Kult im Sozialismus, der "Kunst und Personenkult in Deutschland" sowie ein resümierender Aufsatz der beiden Herausgeber, in welchem sie die unterschiedlichen Funktionen des Personenkults herausarbeiten.

Ergänzt wird dies durch begleitende Schwarz-Weiß-Abbildungen. In der Buchmitte findet sich zudem ein farbiger Bildteil mit 19 Abbildungen, die typische Elemente des Führerkults darstellen.

Der Sammelband bietet einen aufschlussreichen und gut lesbaren Einblick in den Personenkult des 20. und 21. Jahrhunderts. Besonders gelungen ist hierbei, dass häufig anhand von konkreten Beispielen die Auswüchse des jeweiligen Personenkults aufgezeigt werden. Nicht selten gerät der Leser dabei aufgrund so mancher Absurdität ins Schmunzeln, welches freilich schnell wieder erstarrt, wenn ins Bewusstsein gerät, dass viele dieser Personen Diktatoren waren. Neben diesen Ausprägungen thematisieren die Verfasser zwar immer wieder auch die Mechanismen, wie ein solcher Personenkult gefördert und am Leben gehalten wird, doch lassen manche Aufsätze trotz vieler interessanter Einzelheiten eine tiefer gehende Analyse vermissen. So ist der Beitrag zu Nelson Mandela mehr eine Hommage als eine strukturierte Herausarbeitung des Personenkults um den Friedensnobelpreisträger von 1993. Ähnlich zeigen auch die Ausführungen zu Fidel Castro und Hugo Chávez keine durchgehende Argumentationslinie.

Wie im Untertitel angesprochen richtet sich die konzeptionelle Ausrichtung des Bandes ganz auf das 20. und 21. Jahrhundert. Hinzu kommt, dass lediglich der politisch motivierte Personenkult thematisiert wird, während der Starkult um Schauspieler oder Musiker keine Rolle spielt. Erfreulicherweise haben die beiden Herausgeber neben den weithin bekannten Herrscherpersönlichkeiten wie Hitler, Stalin oder Mao Zedong auch solche aufgenommen, die gerade im westlichen Kulturkreis kaum bekannt sind. Beispiele hierfür sind der albanische Diktator Enver Hodscha sowie Jean-Bédel Bokassa, der selbst ernannte Kaiser Zentralafrikas. Dadurch wird deutlich, dass Personenkult nicht nur ein interkulturelles Phänomen ist, sondern auch ein globales.

FAZIT: ein perspektivenreicher Blick auf ein breit gefächertes Phänomen, der trotz der fehlenden tiefer gehenden Analysen Lesern dennoch eine anregende Lektüre bietet, da durch zahlreiche Beispiele auf plastische Art und Weise die Auswüchse des Personenkults offenbar werden.

Weitere Informationen sowie eine Leseprobe finden sich auf der Webseite des Verlags

Matthias Jakob Schmid



Taschenbuch, | Erschienen: 6. November 2013 | ISBN: 978-3861537342 | Preis: 19,90 Euro | 336 Seiten | Sprache: Deutsch

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