Mehr als ein Jahr ist vergangen, seit die damals zwölfjährige September vom Grünen Wind abgeholt wurde und ins Feenland gelangte, um dort aufregende und gefährliche Abenteuer zu bestehen und die Bewohner vor der Marquess zu retten.
Nun, nach seiner Rückkehr nach Hause, sehnt das Mädchen sich wieder heftig nach der phantastischen Welt fernab von Nebraska, wo es sich mehr langweilt denn je.
Und tatsächlich gelangt September eines Tages wieder unverhofft ins Feenland, diesmal auf einem ganz anderen Weg als beim ersten Mal. Als ihre erste wilde Freude sich gelegt hat, wird sie stutzig. Alles ist anders als beim letzten Mal, nirgendwo gibt es ein Lebenszeichen von ihren Freunden Ell, Schimmer oder Samstag und auch die Hauptstadt Pandämonium scheint weit entfernt. Als September bemerkt, dass nichts und niemand mehr einen Schatten besitzt, wächst in ihr eine ungute Vorahnung – schließlich hat sie selbst seit ihrer ersten Reise keinen Schatten mehr. So kommt es, dass das Mädchen weit unter das Feenland reist, in eine verdrehte Welt, wo die Schatten ohne ihre Besitzer tanzen und wo Halloween, Septembers Schatten-Ich, als Hohle Königin herrscht ...

Zum zweiten Mal lässt Autorin Catherynne M. Valente junge und junggebliebene Leser an der Seite von September ins Feenland reisen - und weit darüber hinaus, denn diesmal führt die wunderbar versponnene Reise in die Unterwelt, das "Unterfeenland", wo die verschwundenen Schatten der Feenland-Bewohner ihr eigenes Reich haben und gar nicht daran denken, zurückzukehren. Wir erinnern uns: Im ersten Band "Die wundersame Geschichte von September, die sich ein Schiff baute und das Feenland umsegelte" opferte September ihren Schatten für das Leben eines Púca-Mädchens. Nun führt der abgeschnittene Schatten als Königin ein schillerndes Eigenleben und September wird mit einem Teil ihrer selbst konfrontiert, der ganz anders ist als sie: listiger, vergnügungssüchtiger und dunkler.

Erneut ist Valente eine mitreißende, bunte Erzählung gelungen voller fantastischer und anarchisch-fröhlicher bis düster-beunruhigender Einfälle, eine sprachlich wunderschön erdachte Mischung aus Fantasiewelten wie Wunderland und Oz. Vor beiden Vorbildern verbeugt sich die Autorin, etwa wenn sie Septembers Leben auf dem Land in Nebraska schildert - mitsamt kleinem Hündchen - oder wenn das Mädchen im Unterfeenland eine seltsame Teeparty besucht. Es gibt neben einem Wiedersehen mit alten Freunden von September (oder besser gesagt mit deren Schatten) erneut zahllose wundersame Zusammentreffen, einige davon zum Nachdenken, andere zum Staunen und Lachen: ein gigantischer elektrischer Aal, der als Fortbewegungsmittel genutzt wird; eine Herde von Rentieren in Menschengestalt, die vor ihren Jägern Zuflucht unter einem Hügel gefunden haben; ein Nachtdodo mit Faible für Physik; ein durchtriebener Kobold mit Börsenkenntnissen; ein riesiger Samowar, in dem der Herzog von Teestunde und die Vizekönigin von Kaffee eine Party feiern. All das zaubert Catherynne M. Valente scheinbar mühelos hervor und beschreibt es in bezaubernden, oft sehr originellen sprachlichen Bildern, die gut zur schrägen Atmosphäre des Feenlands passen.
Obwohl einiges zum Schmunzeln ist und ausgelassen gefeiert wird, gibt es durchgängig auch dunkle Untertöne in Valentes Version des Feenlandes, kaum dass September erneut dorthin gelangt ist. So ist die Geschichte nicht nur eine Aneinanderreihung von skurrilen Ideen und fantasievollen Begebenheiten, sondern auch ein wirklich packendes Abenteuer, das hin und wieder einen kleinen angenehmen Schauer verursacht und ernste Bilder heraufbeschwört. Insgesamt also ein sehr fantasievolles Kinderbuch, das sich gut zum Selbstlesen und auch zum gemeinsamen Lesen beziehungsweise Vorlesen eignet!

Das schön gestaltete und mit einem Lesebändchen versehene Hardcover leitet jedes Kapitel mit einer sehr hübschen kleinen Illustration von Ana Juan ein. Auf der Website der Illustratorin gibt es einen Trailer zum Buch:



Eine Leseprobe aus dem Roman gibt es hier auf der Verlags-Website.