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 Finderlohn

Autoren: Stephen King
Übersetzer: Bernhard Kleinschmidt
Verlag: Heyne

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Morris Bellamy hatte einmal ein Idol: den weltberühmten Autor John Rothstein, der die geniale "Läufer"-Romanreihe verfasst hat. Doch mit dem dritten und abschließenden Band ändern sich Bellamys Gefühle und schlagen in Hass um, der sich gegen Rothstein richtet. Morris fühlt sich verraten, weil der Autor für die Hauptfigur eine Entwicklung vorgesehen hat, die Bellamy verabscheut. Gemeinsam mit zwei Helfern überfällt Morris den allein lebenden Schriftsteller und tötet ihn; dabei erbeutet er neben einer größeren Geldsumme auch die Notizbücher des Autors. Morris versteckt das Geld und die Bücher, um sie in Ruhe lesen zu können. Doch dazu kommt es nicht, denn er landet aus einer Dummheit heraus erneut im Gefängnis, wo er eine langjährige Haftstraße verbüßen muss.

Währenddessen findet zufällig der Jugendliche Pete Saubers den sorgfältig versteckten "Schatz". Er nimmt das Geld an sich, ist vor allem aber von den Aufzeichnungen fasziniert; sie eröffnen ihm die Welt der amerikanischen Literatur und machen ihn zum glühenden Verehrer von Rothsteins Werk. Als Morris Bellamy aus dem Gefängnis entlassen wird und entdecken muss, dass jemand ihm zuvorgekommen ist, schwört er Rache. Ein tödliches Katz- und Mausspiel beginnt ...

"Finderlohn" (auf Englisch noch etwas treffender "Finders Keepers" betitelt - in etwa "Wer's findet, dem gehört's") ist der zweite Teil der Reihe um den Privatdetektiv Bill Hodges, der erstmals in "Mr. Mercedes" in Erscheinung trat. "Finderlohn" ist besser als "Mr. Mercedes", der Roman ist spannender, hat mehr Tempo und wesentlich mehr Leidenschaft. Vielleicht liegt es daran, dass es hier um das geht, was Leser wie Autoren gleichermaßen antreibt: die Liebe zu Büchern (gibt es etwas Besseres als Bücher über die Leidenschaft für Literatur?).

In "Finderlohn" konkurrieren zwei völlig gegensätzliche Charaktere um das unveröffentlichte Spätwerk des weltberühmten (fiktiven) Schriftstellers John Rothstein. Zum einen der soziopathische Morris Bellamy, der Rothstein mit der ganzen Wut und Enttäuschung des betrogenen Liebhabers ermordet hat - Misery lässt grüßen.


Er blickte kummervoll drein. "Sie haben eine der größten Gestalten der amerikanischen Literatur erschaffen und dann einfach drauf geschissen", sagte Morrie. "Ein Mensch, der so etwas tut, verdient es nicht, weiterzuleben."


Zum anderen ist da der junge, sympathische Pete Saubers, dem Jahre später Rothsteins Werk zufällig in die Hände gerät und der sich genauso wie Morris unsterblich darin verliebt. Pete ahnt nicht, dass der Mann, der die Notizbücher mit Rothsteins unveröffentlichten Notizen versteckt hat, ihm schon ganz nah auf den Fersen ist und dass er bereit ist, für die Bücher über Leichen zu gehen.

Stephen King lässt Bill Hodges, den betulichen Ex-Cop und Privatermittler, in der gesamten ersten Romanhälfte gar nicht in Erscheinung treten, was dem Buch keinesfalls schadet. Ganz im Gegenteil: Stattdessen lernt der Leser Morris Bellamy und Pete Saubers kennen, zwei Protagonisten, die, obwohl unterschiedlich wie Licht und Schatten, gleichermaßen faszinierend sind; tatsächlich sind sie sogar beide wesentlich spannender als der etwas klischeehafte Privatermittler. Neben der packenden Jagd um die Romane, die für Pete Saubers bald lebensgefährlich wird, geht es hier vor allem um die Macht der Literatur. Der Romanautor Rothstein scheidet zwar schon auf den ersten Seiten von "Finderlohn" aus dem Leben, er verändert und lenkt aber noch aus dem Grab heraus die Schicksale von Morris Bellamy und Pete Saubers. King gelingt es, beim Leser ein gewisses Verständnis zu wecken für Bellamys Besessenheit von John Rothsteins Werk. Psychopath hin oder her: Morris Bellamy geht es nicht um Geld oder Anerkennung, er will nur die Geschichten und die Figuren darin ganz für sich besitzen. Stephen Kings Andeutungen über Rothstein, ein Konglomerat von Literaturgrößen wie John Updike, J.D. Salinger und Philip Roth, wecken den dringenden Wunsch, die "Läufer"-Romane selbst lesen zu können. Wie schade, dass es sie nicht gibt!

Fazit: "Finderlohn" ist ein guter Thriller, ein nervenaufreibendes Katz- und Mausspiel, das den Leser, soweit er sich selbst für Literatur begeistern kann, bis zum atemberaubenden Finale nicht mehr loslässt. Ein sehr guter Nachfolger von "Mr. Mercedes", in dem die beiden literaturbesessenen Protagonisten sogar die eigentliche Hauptfigur der Reihe, nämlich Bill Hodges, locker in den Schatten stellen. Am Ende gibt es übrigens einen vielversprechenden Ausblick auf einen möglichen dritten Band mit Hodges, der dann wieder enger an die Geschehnisse aus Mr. Mercedes anknüpfen würde.

Zur Leseprobe: "Finderlohn"

Christina Liebeck



Hardcover | Erschienen: 8. September 2015 | ISBN: 9783453270091 | Originaltitel: Finders Keepers | Preis: 22,99 Euro | 544 Seiten | Sprache: Deutsch

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